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Aus Kammern und Verbänden
Neue Berufsordnung – Kennzeichnungspflicht für Personal
Unklarheit über das AMNOG
Das AMNOG hat für Kammerpräsident Gerd Ehmen zwei Seiten. Es sei nötig, über die Kosten-Nutzen-Bewertung für innovative Arzneimittel zu sprechen. Doch wegen der geplanten Kürzungen beim Großhandel und bei Apotheken sehe er "große Probleme für die flächendeckende Versorgung". "Ich kann mir vorstellen, dass viele Apotheken dann nicht mehr in der Lage sind zu leisten, was gesetzlich verpflichtend ist", so Ehmen. Damit würden Apothekenschließungen drohen.
Angesichts solcher Folgen fragte der Delegierte Ulrich Ströh nach den geplanten politischen Maßnahmen der ABDA. Keiner wisse, was das Ziel sei. Dies führe zu Verunsicherung, meinte Ströh. Doch hieß es in der Versammlung auch, die Eckpunkte des AMNOG stünden noch nicht fest. Gerhard Wandel, Mitglied im Vorstand des Apothekerverbandes Schleswig-Holstein, beschrieb dies als klassische Zwickmühle für mögliche Proteste: "Was wir im Verband vorbereitet haben, liegt auf Eis." Wandel fürchtet: "Wir würden gegen Dinge protestieren, die vielleicht schon Makulatur sind."
Der Verbandsvorsitzende Dr. Peter Froese erwartet, dass beim Deutschen Apothekertag in München "sehr deutliche Worte fallen". Auch Sanacorp-Aufsichtsratsmitglied Holger Iven erwartet noch Korrekturen beim AMNOG. Doch wenn es bei den bestehenden Plänen bliebe, könnten auch Großhändler auf der Strecke bleiben. Dann sei die Einführung von Dekadenzahlungen zu erwarten, weil der Großhandel die Ware nicht so lange finanzieren könne und nicht wisse, ob die Apotheke am Monatsende noch zahlungsfähig sei.
Arbeit auf Landesebene
In seinem Bericht über die Arbeit auf Landesebene zog Ehmen ein sehr positives Fazit zum ersten Schleswig-Holsteinischen Apothekertag in Damp. Als weitere Verbesserung für den nächsten Apothekertag auf Landesebene am 12. und 13. März 2011 solle auch der Apothekerverband eingebunden werden. "Es steht uns gut an, mit beiden Organisationen dort aufzutreten", erklärte Ehmen. Auch den politischen Sommerabend der Kammer am 8. September wertete Ehmen sehr positiv. Dabei habe sich erneut die freundliche Einstellung des Landesgesundheitsministers Dr. Heiner Garg (FDP) gegenüber den Apothekern gezeigt. Zugleich verwahrte sich Ehmen gegenüber der in Publikumsmedien geäußerten Kritik an der Lobbyarbeit der Apotheker. "Wenn wir als Berufsgruppe nicht mehr auf Parteien zugehen dürfen, weiß ich nicht, wo die Demokratie ihren Anfang und ihr Ende haben soll", so Ehmen.
Kammergeschäftsführer Frank Jaschkowski berichtete über die im Frühsommer durchgeführten Testkäufe in 250 Apotheken. Bei Fragen zu einem Symptomenkomplex sei überwiegend komplett und unaufgefordert beraten worden. Jaschkowski schlug vor, bei künftigen Tests Symptompräsentationen und komplexe Fragestellungen in den Vordergrund zu stellen.
Diskussion über Berufsordnung
Einen großen Teil der Versammlungszeit nahm die Diskussion über die neue Berufsordnung der Kammer ein. Die bisherige Berufsordnung reicht in das Jahr 1968 zurück und habe alle Peinlichkeitsgrenzen überschritten, erklärte Justiziar Dr. Stefan Zerres. Nach intensiven Vorarbeiten der Gremien und Einarbeitung von Vorschlägen der Delegierten konzentrierten sich die Diskussionen und Abstimmungen auf die letzten noch offenen Fragen. Mit Blick auf unabsehbare künftige Fragestellungen wurde eine eher allgemein gehaltene Formulierung der zentralen Berufspflichten gewählt, die keinen ausdrücklichen Hinweis auf ein begrenztes Gewinnstreben enthält. Zur Beratung wird ausdrücklich geregelt, dass der Apotheker einen Beratungsbedarf durch geeignete Nachfrage festzustellen hat. Falls ein Arzneimittel aus sachlichen Gründen nicht unverzüglich geliefert werden kann, hat der Apotheker dem Patienten eine geeignete Hilfestellung zur Erlangung des Arzneimittels zu gewähren. Dazu wurde beschlossen, dass sich diese Hilfestellung ausdrücklich im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften zu bewegen hat.
Kennzeichnung des Apothekenpersonals
Die wohl bemerkenswerteste Regelung der neuen Berufsordnung ist die Verpflichtung, die Berufsbezeichnungen des Personals für die Kunden in geeigneter Weise "unmittelbar erkennbar" zu machen. Die Formulierung lässt offen, ob dies durch Kittelschilder, einen Aushang oder andere Informationsträger geschieht. Die Kammerversammlung hatte schon vielfach über eine solche Kennzeichnung diskutiert. Viele Delegierte befürworten dies als Signal der Transparenz und als Sensibilisierung, nur pharmazeutisches Personal im Handverkauf zuzulassen, weil ein Verstoß damit offensichtlich würde.
Die Gegner einer zwingenden Regelung argumentierten, dass einzelne Kundenkontakte vor oder nach dem Kleidungswechsel dann schon einen Verstoß darstellen würden und dass die Berufsbezeichnungen im Publikum unbekannt seien. Insbesondere die Bezeichnung als Pharmaziepraktikant werde vollkommen missverstanden (daher besser: Pharmazeut im Praktikum). Froese meinte zudem, eine solche Regelung habe vor Gericht wenig Chancen, weil Persönlichkeitsrechte berührt würden. Zerres meinte, diesen Aspekt würde er gerne vor Gericht "durchboxen". Er sei überzeugt, dass diese Regel vor Gericht Bestand habe. Die Delegierte Susanne Hahn erläuterte, dass nur die Berufsbezeichnung, aber nicht der Name angegeben werden müsse.
Anschließend stimmte die Kammerversammlung mit großer Mehrheit für die Kennzeichnungsregel und Zerres erklärte: "Ich freue mich auf die Auseinandersetzung vor Gericht."
Fortbildungszertifikat bleibt freiwillig
Ebenso intensiv diskutierten die Delegierten über den Vorschlag, den Erwerb des Fortbildungszertifikats für alle Apotheker verpflichtend vorzuschreiben. Dies wurde jedoch mehrheitlich abgelehnt. In der Diskussion erwies sich die Einbindung von Apothekern außerhalb der Apotheke als problematisch. Bisher sei das Zertifikat weitgehend auf die Apotheke zugeschnitten. Froese und Kammervorstandsmitglied Antje Haase argumentierten mit der Freiberuflichkeit. Froese meinte, die Apotheker sollten sich nicht freiwillig der Freiheit begeben, die Fortbildung im Rahmen der eigenen Qualitätssicherung selbst zu regeln. Iven verwies auf den Auftrag der Delegierten, die Interessen der Apotheker zu vertreten. Daher sollte die ohnehin bereits bestehende Fortbildungspflicht nicht strenger gefasst werden. Nach Klärung der Einzelaspekte wurde die neue Berufsordnung schließlich ohne Gegenstimmen verabschiedet. Ehmen würdigte die intensive Diskussion, die zu Ergebnissen geführt habe.
Versorgungswerk: Rück- und Ausblick
Als Geschäftsführer des Versorgungswerkes berichtete Zerres über den Jahresabschluss 2009 der Apothekerversorgung Schleswig-Holstein. Die Nettorendite sei mit 5,22% sehr gut gewesen. Die Rechnungslegung des Versorgungswerkes führe dazu, dass sich die gute Erholung des Kapitalmarktes direkt in den Ergebnissen niederschlage. Doch als Folge der Finanzkrise und der früheren Rückstellungen für die Längerlebigkeit besteht noch ein Fehlbetrag. Daher wurden weder Renten noch Anwartschaften erhöht. Zerres zeigte auf, dass in der Vergangenheit eher die Renten und kaum die Anwartschaften erhöht wurden. Für die Zukunft schlug er vor, beide Gruppen gleich zu behandeln. Der Delegierte Dr. Kai Christiansen forderte dagegen, zum Ausgleich der früheren Ungleichbehandlung künftig die Anwartschaften zu bevorzugen.
tmb
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