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DAZ aktuell
Zu früh gefreut
Die Krankenkassen machen geltend, dass ihre Klage gemäß § 86a Absatz 1 Sozialgerichtsgesetz aufschiebende Wirkung für die Umsetzung des Schiedsspruches hat. Daher kann die Entscheidung der Schiedsstelle zumindest vorläufig nicht umgesetzt werden. Die Rechenzentren werden für 2010 vorläufig doch weiter mit einem Kassenabschlag von 2,30 Euro abrechnen, obwohl bereits der Abschlag von 1,75 Euro eingeplant worden war. Auch die geplante Rückzahlung für 2009 wird damit auf Eis gelegt. Der Deutsche Apothekerverband informierte die Rechenzentren am 25. Januar über diese erneute Änderung der Abrechnung.
Eilantrag angekündigt
ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz kündigte gegenüber der DAZ an, dass der Deutsche Apothekerverband kurzfristig einen Antrag auf sofortige Vollziehung des Schiedsspruchs beim Berliner Sozialgericht stellen werde. Ziel dieses Antrages ist, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs aufzuheben, damit der Schiedsspruch doch umgesetzt werden kann. Erfahrungsgemäß ergehen solche Eilentscheidungen innerhalb von Wochen oder Monaten. Allerdings hieß aus dem Deutschen Apothekerverband auch, dass eine solche Eilentscheidung möglicherweise erst in der zweiten Instanz fällt. Im Falle einer für die Apotheker günstigen Entscheidung könnten die Rechenzentren dann doch vorläufig mit einem Abschlag von 1,75 Euro abrechnen. Dies würde aber noch keine Entscheidung in der Hauptsache bedeuten. Diese könnte sich über mehrere Instanzen und damit über Jahre hinziehen, wird im Deutschen Apothekerverband befürchtet. Allerdings können die Sozialgerichte einen Schiedsspruch nur formal, aber nicht inhaltlich prüfen.
Dies ist wohl auch der Grund, weshalb viele Beobachter vom Widerspruch der Kassen überrascht sind. Denn beide Verhandlungsseiten hatten sich auf die Anwendung des Schiedsverfahrens geeinigt. Nun gegen das Ergebnis dieses gemeinsam eingeleiteten Verfahrens vorzugehen, ist für Bellartz "schlechter Stil". Das Verhalten der Krankenkassen sei "ein Schlag ins Gesicht der Selbstverwaltung". Dies schaffe auch eine schwierige Basis für die nun anstehenden Verhandlungen über den Kassenabschlag für 2010. Dennoch gab sich Bellartz zuversichtlich, dass der Deutsche Apothekerverband ein für die Apotheker günstiges Ergebnis erzielen werde.
Nach Einschätzung von Dr. Jörn Graue, Vorsitzender des Hamburger Apothekervereins, zeigt die Klage des GKV-Spitzenverbandes, dass "die Kassen offensichtlich dem öffentlichen Druck nicht mehr standhalten". Angesichts der breiten öffentlichen Diskussion um die Zusatzbeiträge wollten die Krankenkassen deutliches Engagement gegen steigende Kosten zeigen, folgert Graue.
Wirtschaftliche Folgen
Für die Apotheker bedeutet die neue Entwicklung, dass sie voraussichtlich noch lange auf eine solide betriebswirtschaftliche Kalkulationsgrundlage für die Zukunft warten müssen. Die wirtschaftlichen Ergebnisse des Apothekenbetriebs dürften damit kaum noch planbar sein. Angesichts des drohenden langwierigen juristischen Verfahrens bleibt zudem offen, ob über den Kassenabschlag letztlich doch politisch entschieden werden muss.
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