Deutscher Apothekertag 2010

Apothekerin im Nebenberuf?

Reinhild Berger

Es herrscht Apothekermangel in Deutschland – schon jetzt. Und die Lage wird sich weiter verschärfen. Nicht zuletzt deshalb hat die ABDA eine Kampagne angestoßen, mit der junge Leute Lust auf das Pharmaziestudium bekommen sollen. Auf dem Apothekertag machte man sich darüber hinaus Gedanken, wie kurz- und langfristig mehr Approbierte zu aktivieren seien. Zum Beispiel, indem Apotheker im Rentenalter weiterhin zur Verfügung stünden. Oder aber wie man das schlummernde Potenzial der familiär bedingten Berufsaussteigerinnen wecken könnte. Bekanntlich ist ja der Apothekermangel deshalb so groß, weil viele Frauen Pharmazie studieren. Frauen, die sich später zeitweise oder sogar für immer wegen Kindererziehung und Familienpflichten aus dem Berufsalltag verabschieden. Oder die gerne die Möglichkeit nutzen, nur stundenweise oder Teilzeit zu arbeiten – Angebote dafür gibt es zur Genüge.

Die Präsidentin der Bundesapothekerkammer, Erika Fink, warb auf dem Apothekertag für die Modelle "Weiterarbeiten im Seniorenalter" bzw. "Wiedereinstieg nach der Familienphase". Doch gleichzeitig warnte sie vor "Nebenberufsapothekern". Die Diskussion darüber wurde in München nicht vertieft. Aber sie sollte unbedingt geführt werden. Der Begriff "Nebenberuf" könnte einen negativen Beigeschmack haben – in Richtung mangelnder Professionalität. Und die können wir uns als Apothekerinnen und Apotheker keinesfalls leisten! Jede Tendenz, die in diese Richtung gehen könnte, müssen wir erkennen, stoppen und umkehren.

Es gibt viele Untersuchungen über die Effizienz und Qualität von Teilzeit- im Vergleich zur Vollzeitarbeit. Und meist schneiden Teilzeitbeschäftigte dabei nicht schlecht ab. Ob man als Angestellte gute oder weniger gute Arbeit abliefert, hängt in erster Linie von der persönlichen Motivation und der inneren Einstellung zum Beruf ab, weniger von der vereinbarten Stundenzahl. Bekanntlich gibt es viele Faktoren, die Mitarbeiter – egal ob männlich oder weiblich, jung oder alt – zur Leistung motivieren. Die Bezahlung spielt eine nicht unwesentliche Rolle – ebenso wichtig sind Anerkennung und Förderung durch den Vorgesetzten sowie ein gutes Betriebsklima. An all diesen Faktoren müsste man gleichermaßen ansetzen, um "ausgestiegene" Apothekerinnen wieder als Topkräfte für die Offizin zu gewinnen.

Stichwort Bezahlung: Kein Wunder, dass der Gedanke an einen "Nebenjob" aufkommt, wenn der Lohn einer akademischen Ausbildung mit Fortbildungsverpflichtung und hoher Verantwortung im Berufsalltag unwürdig ist. Dass Frauen die Tariflöhne der öffentlichen Apotheken seit Jahrzehnten klaglos hinnehmen, ist traurige Tatsache und im Grunde ein Skandal. Kein Politiker ist sich bewusst, dass die flächendeckende Arzneimittelversorgung in Deutschland nur dadurch möglich ist, dass zehntausende Frauen unterbezahlt arbeiten – zu Löhnen, für die Männer nicht bereit wären, sich entsprechend einzusetzen.

Stichworte Anerkennung, Förderung, Betriebsklima: Vielen Apothekenleitern mangelt es an Kenntnissen in Mitarbeiterführung, nur wenige Apotheken haben strukturierte Pläne zur Personalentwicklung. Häufig wird Fort- und Weiterbildung als Privatsache empfunden und nicht als Aufgabe der gesamten Apotheke. Auch hier gibt es viel zu tun, um die Apotheke zukunftsfähig zu machen. Und gute Mitarbeiter zu halten.

Ich meine: Es liegt zwar unbedingt an der eigenen Einstellung, aber genauso am jeweiligen Apothekenleiter, ob Teilzeitkräfte ihre Arbeit für einen "Nebenjob" halten oder berufliche Erfüllung finden, ihr Fachwissen leben und aktiv nach außen tragen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer sind gemeinsam gefordert, das Bewusstsein in Richtung Professionalität zu schärfen und zu lenken. Denn wir brauchen Apothekerinnen und Apotheker, die den Mehrwert der Apotheke erfahrbar machen. Jetzt und in Zukunft, zum Nutzen der Menschen, die uns vertrauen.


Reinhild Berger

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