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Arzneimittelsicherheit
Echtheitsprüfung von Arzneimitteln
Ohne Standards keine wirksame Kontrolle
Ulrike Kreysa von der Firma GS1 plädierte für die Einführung globaler Standards für alle Waren, Standorte, Teilnehmer und Prozesse im Gesundheitswesen, um die Patientensicherheit und die Effizienz der Logistikkette vom Hersteller bis zum Patienten zu erhöhen.
InternetTagungsprogramm unter: www.movilitas-consulting.com → Events → Movilitas Track & Trace |
Als praktisches Beispiel für die jetzige Situation zeigte Kreysa eine multinationale Klinikpackung eines Fertigarzneimittels, auf die insgesamt ein 2D- und fünf 1D-Barcodes aufgedruckt sind. Hier ist die Krankenhausapotheke mit der elektronischen Datenerfassung überfordert. Wünschenswert wäre die Kennzeichnung mit einer global nur einmal vorhandenen Produkt-Identifikationsnummer (z. B. GTIN), dem Verfalldatum, der Chargennummer und einer Seriennummer, verpackt in einem DataMatrix-Code als Datenträger. Der einheitliche Standard wäre für die ganze Logistikkette verbindlich.
Zurzeit existieren zahlreiche behördliche Initiativen zur Erhöhung der Sicherheit im Gesundheitswesen, welche in der Regel die GS1-Standards nutzen, z. B. das Konzept zur Unique Device Identification (UDI) der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) und das "Pharmapaket" der Europäischen Union. Die EU hat das EDQM beauftragt, einen Track & Trace Service aufzubauen (s. u.). Weitere Initiativen gibt es in Australien, Brasilien, Chile, China, Großbritannien, Indien, Japan, Kanada, Korea und der Schweiz.
In Frankreich müssen alle Fertigarzneimittel ab dem 1. Januar 2011 mittels GS1 DataMatrix-Code identifizierbar sein, der allerdings nur eine GTIN sowie die Chargennummer und das Verfalldatum enthalten muss. Eine Serialisierung der Produkte wird ab diesem Zeitpunkt noch nicht verlangt.
Um Abrechnungsbetrug zu verhindern, hat die Türkei bereits in diesem Jahr ein Track & Trace, basierend auf dem GS1 DataMatrix-Code, eingeführt, der neben den Angaben in Frankreich auch eine packungsindividuelle Seriennummer enthalten muss. Zudem müssen die Hersteller ihre Daten in die nationale Datenbank überspielen.
Projekte in Richtung einer pan-europäischen Lösung
Über die Ergebnisse des Pilotprojekts der EFPIA berichtete Dr. Stefan Artlich von Bayer Technology Services (BTS). BTS unterstützte das EFPIA Pilotprojekt (siehe Kasten) bei der Randomisierung mittels der BayCoder-Technologie und anderen technischen Problemstellungen. Neben dem Hauptziel des Echtheitsnachweises beim Dispensieren verfolgt die EFPIA eine pragmatische Lösung, basierend auf derzeit möglichen technischen Standards und Technologien.
Prinzipiell konnte die Verifizierung der Fertigarzneimittel in den standardmäßigen Arbeitsablauf der Apotheken eingepasst werden. Hierbei musste der DataMatrix-Code gescannt, online anhand der Datenbank verifiziert und der Darstellung einer Warnung im Falle eines nicht verkehrsfähigen Produktes erfolgen. Insgesamt wurden ca. 99.000 Packungen verkauft (86% der entsprechend gekennzeichneten Packungen). Die Zeit bis zur Online-Verifizierung war sehr kurz, innerhalb zwei Sekunden nach dem Scanvorgang konnten 99,9% aller Transaktionen abgeschlossen werden. Alle 180 nicht verkehrsfähigen Packungen konnten einwandfrei identifiziert werden. 283 Packungen die verkauft werden sollten, galten als bereits dispensiert, was auf einen zuvor erfolgten Scanvorgang der DataMatrix-Codes zurückzuführen war. Ursache hierfür war die Rückgabe von Packungen durch Patienten, die mehrere Packungen erhalten hatten; denn die zurückgegebenen Packungen waren bereits von den Apothekern gescannt und damit dispensiert.
EFPIA-PilotprojektRahmenbedingungen des EFPIA-Pilotprojekts in Schweden:
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Gemäß der abschließenden Befragung bei den teilnehmenden Apotheken kann das System insgesamt als sehr benutzerfreundlich angesehen werden. Aufgrund der einfachen technischen Lösung dürfte dies auch in den meisten EU-Ländern implementierbar sein, da lediglich Datenbankenanbindungen erforderlich sind und die Apotheken-POS-Systeme mit zusätzlichen Scannern und einer Datenbankschnittstelle aufgerüstet werden müssen. Vermieden werden sollten mehrere Barcodes auf einer Packung, da dies verwirrend ist und für die Scanner eine Fehlerquelle darstellt. Nachteilig ist sicherlich, dass der Teil der Großhändler in der Logistikkette nicht in der Datenbank erfasst wird und hier nur die Möglichkeit zur Echtheitsprüfung besteht. Allerdings ist das System auch wesentlich kostengünstiger als eine vollständige Track & Trace Lösung oder ein elektronischer Stammbaum.
Weitere Entwicklungen und Innovationen
Einen Überblick über den Stand der Innovationen im Bereich der Echtheitsprüfung gab Dr. Uwe Weidenauer von Evonik Pharma Polymers. Er zitierte zunächst eine Schätzung der Weltgesundheitsorganisation (WHO): Derzeit sind 8 bis 10% der weltweit gehandelten Arzneimittel gefälscht, und dieser Anteil könnte auf bis zu 25% ansteigen. Aus diesem Grund hat die WHO die Initiative IMPACT (International Medical Products Anti-Counterfeiting Taskforce) ins Leben gerufen.
Aufseiten der Datenträger sind zahlreiche Initiativen und teilweise Förderprogramme am Laufen. Der DataMatrix-Code kann bereits als Standarddatenträger bezeichnet werden; eine Weiterentwicklung könnte die Technologie ProteXXion von BTS darstellen, bei der nicht nur der Barcode einer Schachtel ausgelesen und in einer Datenbank abgelegt wird, sondern auch ein Teil der Packungsoberfläche, die so individuell wie ein Fingerabdruck ist. Diese Technologie wird beispielsweise in der Automobilindustrie bei der Serialisierung von Bauteilen eingesetzt und könnte in Zukunft ein Standard bei Arzneimitteln sein. Eine weitere Verbesserung der RFID-Chips könnte das EZ-Pharm Projekt darstellen, bei dem eine Antenne mit leitenden Silberpartikeln auf Arzneimittelverpackungen aufgedruckt wird. Oder auch das Tailor-Pharm Konzept, bei dem ein eindimensionaler Barcode mit Farbpartikeln und deren Linienspektrum kombiniert wird.
Aufseiten behördlicher bzw. institutioneller Initiativen wurden zwei Beispiele vorgetragen. Der US-Bundesstaat Kalifornien erließ bereits 2004 ein Gesetz zur Einführung eines elektronischen Stammbaums für Arzneimittel (California Pedigree Law), obwohl dies technisch bis heute noch nicht machbar ist. Aufgrund der fehlenden technischen Machbarkeit wurde die Einführung mittlerweile dreimal verschoben, und vor 2015 ist nicht damit zu rechnen.
Das EDQM bekam von der Europäischen Union den Auftrag einen Pan-Europäischen Service zum Track & Tracing von Arzneimitteln aufzubauen. Die erste Phase des Projektes wurde im März 2010 abgeschlossen, und derzeit wird an einem Demosystem gearbeitet, das 2011 die Vorführreife erreichen soll. Das EDQM plant, auf der Basis bestehender GS1-Standards eine EU-weit gültige individuelle UMI-Kennzeichnung (Unique Medicine Identifier) einzuführen. Da es sich hier um einen Service handelt, können Hersteller bzw. Logistikkettenteilnehmer diesen nutzen oder auf eigene technische Lösungen zurückgreifen, wie Weidenauer ausführte.
Von einem spannenden Innovationsprojekt berichtete Weidenauer am Ende seines Vortrages: Evonik Pharma Polymers entwickelt derzeit für Kunden aus der Pharmaindustrie ein ganzheitliches Konzept, das die Verfolgung eines Klinikmusters vom Hersteller bis zum Studienindividuum ermöglicht. Denkbar ist sogar eine Funktion, den Anwender des jeweiligen Arzneimittels an die korrekte Einnahmezeit zu erinnern.
Konzepte zur Echtheitsverfolgung von ArzneimittelnVerification at Point-of-Dispense (PoD): Echtheitsprüfung beim Dispensieren Die Echtheitsprüfung beim Dispensieren ist das einfachste Konzept zur Echtheitsverfolgung eines Arzneimittels. Hierzu werden die einzelnen Fertigarzneimittelpackungen bei der Herstellung mit einer Seriennummer versehen. Diese Seriennummer wird in einer gesicherten Datenbank abgelegt und kann beim Dispensieren durch den Apotheker auf "Echtheit" geprüft werden. Bei dem Projekt der EFPIA wurde zur Codierung der Seriennummer ein DataMatrix-Code verwendet. Beim Scannen in den Apotheken konnte beim Dispensieren das Vorhandensein der Seriennummer und damit die Echtheit geprüft werden. Track & Trace bzw. Tracking & Tracing: Sendungsverfolgung entlang der Logistikkette Mittels Tracking & Tracing kann der Status einer Lieferung überwacht bzw. nachvollzogen werden. Das Prinzip kommt schon seit einigen Jahren bei der Verfolgung von Frachtgut und Postsendungen, wie zum Beispiel Paketen und Einschreibebriefen, zum Einsatz. Dabei bedeutet das Tracking eine Verfolgung des Status vom Sender zum Empfänger hin, während das Tracing eine Rückverfolgung vom Empfänger zum Sender hin bedeutet. Das heißt, das Tracking gibt Auskunft darüber, wo sich Waren zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Logistikkette befinden, wie beispielsweise im Lager eines Großhändlers oder einer Apotheke. Tracing zeigt auf, was mit den Rohstoffen, Halbfertigwaren und Fertigarzneimitteln bei ihrem Gang durch die Logistikkette geschehen ist, beispielsweise aus welcher Herstellungsfabrik und von welchem Großhändler eine Packung geliefert wurde. e-Pedigree: Elektronischer Stammbaum Der elektronische Stammbaum eines Produktes ist die mit Abstand aufwendigste und technisch anspruchsvollste Methode der Echtheitsprüfung. Der Stammbaum enthält neben den wichtigen Angaben zum Fertigarzneimittel (Handelsname, Packungsinhalt, Wirkstoffstärke, Chargennummer, Verfalldatum etc.) auch die Daten der logistischen Bewegungen, inklusive sämtlicher relevanter Daten der zertifizierten Teilnehmer in der Logistikkette mit detaillierten Informationen, wie deren Adresse, Akkreditierungsnummer, Lieferscheindetails usw. Somit besteht am Ende der Logistikkette, in der Apotheke, eine vollständige Transparenz, welchen Weg eine Fertigarzneimittelpackung, zu welchem Zeitpunkt genommen hat. Der elektronische Stammbaum erzeugt somit eine enorme Datenmenge für jede einzelne Fertigarzneimittelpackung. |
Echtheitsprüfung in anderen Industriesegmenten
Ein interessantes Beispiel für ein Track & Tracing wurde aus der Zigarettenindustrie vorgestellt. David Atkins von British American Tobaccos (BAT) berichtete von der Serialisierung und Codierung mittels DataMatrix-Code auf Zigarettenstangen, wie es von der Framework Convention on Tobacco Control (FCTC) der WHO gefordert wird. Hauptantrieb zur Implementierung des Track & Tracing ist der Schutz vor gefälschten und geschmuggelten Zigaretten, der den Volkswirtschaften jährlich einen geschätzten Schaden von 40 bis 50 Mrd. US-Dollar verursacht.
Ein weiteres Beispiel stellte Pramod Prasanth vom Agrochemiehersteller Syngenta vor. Im Bereich der Agrochemikalien kommt aus häufig zu Diebstählen von Produkten, die dann teilweise der legalen Handelskette zugeführt werden. Eine Serialisierung und entsprechende Codierung der Produkte kann diese Diebstähle größtenteils verhindern. Syngenta hat ein Projekt gestartet, was diesen Echtheitsnachweis erprobt.
Erfahrungsberichte aus der pharmazeutischen Industrie
Jens Schader, Projektmanager für Track & Tracing bei Boehringer Ingelheim, berichtete über die Probleme bei der Implementierung eines solchen Systems in der pharmazeutischen Industrie. Erwartet wird eine vollständige Implementierung von Track & Tracing in Spanien ab 2012 (s.u.) und für die Europäische Union im Jahr 2014, während mit dem vollständigen elektronischen Stammbaum im Sinne der kalifornischen Gesetzgebung ab 2015 zu rechnen ist, wie Schader ausführte.
Serialisierung und Aggregation
Die Herausforderung für die pharmazeutische Industrie liegt in erster Linie bei einer zuverlässigen Serialisierung der einzelnen Packungen und der anschließenden Aggregation der Seriennummern auf Karton- und Palettenebene. Über den aggregierten Code eines Kartons bzw. einer Palette können alle entsprechenden Seriennummern identifiziert werden. So muss beispielsweise ein Großhändler nicht alle Seriennummern bzw. Packungen scannen, sondern kann diese alle über den aggregierten Code in sein Warenlager vereinnahmen. Dies erleichtert den Prozess entlang der Logistikkette erheblich, erfordert aber auch größte Disziplin bei allen Logistikpartnern. Werden zum Beispiel Packungen beim Versand einer Palette beschädigt und anschließend vernichtet, so müssen diese auch von dem aggregierten Code ausgebucht werden. Passiert dies nicht, so vereinnahmt der Großhändler gemäß dem aggregierten Code Packungen, die physisch nicht mehr auf einer Palette enthalten und bereits vernichtet sind, wie Schader aus eigenen Erfahrungen zu berichten wusste. Boehringer Ingelheim hat bereits Verpackungslinien für das Aufdrucken entsprechender DataMatrix-Codes aufgerüstet und eine firmeneigene Datenbank zur Speicherung der entsprechenden Daten aufgebaut.
Etwas weiter in der Implementierung eines entsprechenden Systems ist Novartis. Michael Ritter, Globaler Projektmanager für Serialisierung und Product-Tracking, berichtete von der bereits angelaufenen Produktion serialisierter und vollständig codierter Packungen für die Türkei. Auch die technische Umsetzung der kalifornischen Gesetzgebung ist in absehbarer Zeit möglich. Einen wichtigen wirtschaftlichen Faktor für einen pharmazeutischen Hersteller stellt die sinkende Produktionsgeschwindigkeit der entsprechend aufgerüsteten Verpackungslinien dar. Mit großen Anstrengungen ist es Novartis gelungen, lediglich 4% der Verpackungslinien-Effizienz zu verlieren.
Situation in Italien
Italien beschäftigte sich als einer der ersten Staaten Europas mit dem Aufbau eines Track & Trace Systems, wie Claudia Biffoli vom italienischen Gesundheitsministerium berichtete. Anfangs ging es vor allem darum, den Abrechnungsbetrug bei der Kostenerstattung im öffentlichen Gesundheitswesen zu bekämpfen. Zu diesem Zweck wurde bereits 2001 der sogenannte Bollino ("Aufkleber") eingeführt. Der Bollino besteht aus zwei 1D-Barcodes und enthält eine Zulassungsnummer, die Arzneimittelbezeichnung, den Zulassungsinhaber und eine fortlaufende Seriennummer.
Gesundheitsmarkt ItalienIn der zentralen Datenbank sind registriert: Pharmazeutische Hersteller: 395 Großhändler: 694 Apotheken: 18.057 Krankenhäuser: 3.300 Einwohner: ca. 60 Mio. Registrierte Arzneimittel: 15.800 Logistische Bewegungen* 703.022.564 * in vier Jahren (2006 – 2009) |
Ein Gesetz aus dem Jahre 2002 schrieb den Aufbau einer zentralen, behördeneigenen Datenbank vor, an die die Informationen entlang der Logistikkette zu übermitteln sind. Als primäre Ziele dieser Datenbank wurden definiert:
- Kontrolle der Ausgaben im Gesundheitswesen,
- Kontrolle des Arzneimittelverbrauchs (erstattet und nicht erstattet) sowie
- Transparenz der gesamten Logistikkette.
Des Weiteren soll die Datenbank dazu beitragen, die Sinnhaftigkeit von Verordnungen zu überprüfen, allen Bürgern den Zugang zu innovativen Arzneimitteln zu ermöglichen, die Qualität und Effektivität des Gesundheitssystems zu steigern und die Akzeptanz für die Limitierung gesundheitlicher Leistungen zu steigern. Im Juni 2005 nahm die Datenbank ihren Betrieb auf. Sie speichert Angaben zu den Teilnehmern der Logistikkette, alle Bewegungen von Arzneimitteln und die Bollini, die entlang der Logistikkette zerstört wurden. Unterlässt ein Teilnehmer der Logistikkette die Übermittlung der Daten, kann dies mit einer Strafe von über 1000 Euro pro nicht übermitteltem Code bestraft werden.
Biffoli wertete das System als vollen Erfolg, u. a. weil die Anzahl der gestohlenen Packungen auf ein Viertel gesunken ist (von 0,012% auf 0,0029% der gehandelten Packungen) und weil ein Vergleich zwischen den auf einem Rezept verordneten Packungen und den tatsächlich abgegebenen Packungen möglich ist. Seit Ende 2009 ist das System auch in den italienischen Krankenhäusern eingeführt.
Situation in Spanien
Fernando Castillo, Vorstandsvorsitzender des spanischen Pharmagroßhandels Aragofar, stellte zunächst die Lage des spanischen Gesundheitsmarktes dar und hob die relativ große Anzahl von Herstellern, Großhändlern, Apotheken und Krankenhäusern hervor (siehe Textkasten). Offiziell werden in Spanien acht verschiedene Codes auf Arzneimitteln verwendet. Allerdings ergab eine Untersuchung von Aragofar, dass 14% der untersuchten Fertigarzneimittelpackungen mit keinem dieser acht Codes versehen waren. Diese Packungen wurden zum Teil von global agierenden Pharmaunternehmen geliefert.
Gesundheitsmarkt SpanienPharmazeutische Hersteller: 600 Großhändler: 50* Apotheken: 21.000 Krankenhäuser: 800 Einwohner: ca. 47 Mio. Acht verschiedene Codes auf Arzneimitteln: lineare Barcodes DUN 14, EAN 8, EAN 13, EAN 13 SF, EAN 128; zweidimensionale Barcodes PDF 417, DataMatrix ECC200; siebenstellige Nationalnummer. * 150 Warenlager und Verteilzentren |
Der lange Weg vom Gesetz zur praktischen Umsetzung
Bereits seit zehn Jahren bemüht sich Spanien um die Sendungsrückverfolgung (Tracing) von Arzneimitteln: 1990 wurde ein Gesetz erlassen, welches die korrekte Identifikation eines Arzneimittels forderte – mit einem nationalen Code, Verfalldatum und einer Chargennummer. Dieses Gesetz wurde 2003 durch ein Dekret verschärft, das Aufzeichnungen von allen logistischen Transaktionen auf Chargenebene forderte. 2006 wurde ein Gesetz zum rationalen Einsatz von Arzneimitteln erlassen, das eine vollständige Implementierung von Track & Trace für Hersteller, Großhändler und Apotheken forderte: Jede Packung sollte einen Code mit Daten zum Wareneingang und -ausgang, Chargennummer, Verfalldatum sowie einer individuellen Seriennummer erhalten. Hierbei stand die Verhinderung von Abrechnungsbetrug im Mittelpunkt und nicht die Verhinderung von Fälschungen, wie Castillo explizit sagte. Doch ein System auf dem geforderten Niveau war technisch nicht machbar, weshalb das Gesetz auch nicht umgesetzt wurde.
Nach dreijähriger Diskussion entschied die spanische Regierung, ein Pilotprojekt mit den Codes DataMatrix-Code und RFID durchzuführen. Dabei ging es neben der Fälschungssicherheit auch um die Verbesserung von Rückrufen, die Verhinderung von Lieferdefekten und die bessere Überwachung der Lieferkette. Insgesamt beteiligten sich drei Hersteller, vier Großhändler und sechs Apotheken an dem Pilotprojekt, bei dem 47 verschiedene Referenzpräparate (Packungen unterschiedlicher Größen und Formen, verschiedene Arzneiformen und Packmittel) mit den Codes versehen wurden. Die Packungen und damit deren Datenträger wurden außerdem unterschiedlichen Umgebungsbedingungen (Hitze, Kälte, Feuchte) und simulierten Abnutzungsbedingungen (Entfernung von Teilen des Datenträgers, Abrieb mit Schmirgelpapier, bis zu 100-mal Herunterfallen der Verpackung) ausgesetzt. Obwohl das Pilotprojekt bereits im April 2010 zuende ging, liegt derzeit noch kein Abschlussbericht vor. Als erstes wichtiges Ergebnis teilte Castillo mit, dass die Lesbarkeit der Datenträger insgesamt von allen Teilnehmern als zuverlässig angesehen wurde.
Bericht
Dr. Uwe Weidenauer
Evonik Pharma Polymers, Director Strategic Projects
Kirschenallee, 64293 Darmstadt
uwe.weidenauer@evonik.com
GlossarBarcode Als Barcode (von engl. bar = Balken) wird eine optoelektronisch lesbare Schrift bezeichnet, die aus verschieden breiten, parallelen Strichen und Lücken besteht. Der Barcode wird auch als eindimensionaler (1D) Strichcode bezeichnet. Die Daten in einem Barcode werden mit optischen Lesegeräten (Barcodelesegeräten) oder Kameras maschinell eingelesen und elektronisch weiterverarbeitet. Der Barcode ist international genormt und kann verschiedene Längen haben, wie zum Beispiel der EAN 8 mit acht Stellen (davon eine Prüfziffer) oder auch der EAN 13 mit 13 Stellen (davon eine Prüfziffer). DataMatrix-Code Der DataMatrix-Code ist einer der bekanntesten zweidimensionalen (2D) Barcodes. Er kann eine wesentlich höhere Datenmenge auf vergleichbarer Fläche speichern als der eindimensionale Barcode (Abb. 1). Außerdem verfügt der DataMatrix-Code über einen hohen Anteil an redundanten Daten (30 – 60%) und erlaubt somit eine Fehlerkorrektur beim Auslesen. Zurzeit gewinnt die 2D-Codeart zunehmend an Bedeutung und findet z. B. Anwendungen bei der elektronischen Briefmarke, der Teilekennzeichnung in der Luft- und Raumfahrtindustrie, in der Medizintechnik und auch bei der Kennzeichnung von Arzneimitteln. EDQM – European Directorate for the Quality of Medicines & HealthCare Das EDQM ist die Europäische Arzneibuch-Kommission mit Sitz beim Europarat in Straßburg. Das EDQM gibt das Europäische Arzneibuch heraus, vertreibt analytische Arbeitsstandards und stellt Konformitätsbescheinigungen für Wirkstoffe und pharmazeutische Hilfsstoffe aus. EFPIA – European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations Die EFPIA ist der europäische Dachverband der nationalen Verbände forschender Pharmaunternehmen (in Deutschland: Die forschenden Pharma-Unternehmen e.V. – vfa) sowie einzelner Pharmaunternehmen. Sie vertritt direkt oder indirekt die Interessen von ca. 2100 Unternehmen. GS1 – Global Standards One GTIN – Global Trade Item Number GS1 ist eine Non-profit-Organisation, die globale Standards zur Verbesserung von Wertschöpfungsketten gestaltet und umsetzt; sie vergibt die GTIN, mit der Produkte und Packstücke weltweit eindeutig identifiziert werden können. Insgesamt sind 108 Mitgliedsorganisationen aus 150 Ländern an GS1 beteiligt. GS1 Healthcare beschäftigt sich mit der Optimierung sämtlicher logistischer und administrativer Beziehungen zwischen allen Beteiligten im Gesundheitswesen. Wesentlich ist hierbei eine einheitliche Sprache auf der Basis gemeinsamer Identifikations-, Kommunikations- und Prozessstandards. Dies verbessert die Rückverfolgbarkeit, die Chargendokumentation und die Fälschungssicherheit von Arzneimitteln. PZN - Pharmazentralnummer Die Pharmazentralnummer ist ein in Deutschland bundeseinheitlicher Identifikationsschlüssel für Arzneimittel und apothekenübliche Waren. Sie ist eine siebenstellige Nummer (sechs Ziffern plus Prüfziffer), die Arzneimittel nach Bezeichnung, Darreichungsform, Wirkstoffstärke und Packungsgröße eindeutig kennzeichnet. Sie wird in Klarschrift mit vorangestelltem "PZN - " und als Strichcode auf jede Arzneimittelpackung aufgedruckt. Die PZN wurde für die rasche und fehlerfreie Übertragung von Bestellungen der Apotheken bei den Großhandlungen entwickelt und wird heute auch bei der Abrechnung der Apotheken mit den Krankenkassen genutzt. – Auch Österreich benutzt die PZN, allerdings als sechsstellige Nummer. RFID – Radio Frequency Identification RFID ermöglicht die automatische Identifizierung und Lokalisierung von Gegenständen und erleichtert damit erheblich die Erfassung und Speicherung von Daten. Ein RFID-System besteht aus einem Transponder (häufig auch als RFID-Chips bezeichnet), der sich am oder im Gegenstand befindet und einen kennzeichnenden Code enthält, sowie einem Lesegerät zum Lesen dieses Codes. Die Kopplung geschieht durch vom Lesegerät erzeugte magnetische Wechselfelder geringer Reichweite oder durch hochfrequente Radiowellen. Damit werden nicht nur Daten übertragen, sondern es wird auch der RFID-Transponder mit Energie versorgt. RFID-Transponder verdrängen zunehmend den Barcode. Serialisierung Die Serialisierung ist die Zuordnung einer individuellen Kennzeichnung zu einem Artikel. Um eine hohe Fälschungssicherheit zu erzielen, sollte keine fortlaufende Nummerierung erfolgen und ein möglichst zuverlässiger Algorithmus verwendet werden. Die Seriennummern von entsprechend serialisierten Arzneimittelpackungen können auch aggregiert werden, d. h. einer übergeordneten Nummer zugeordnet werden. |
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