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FDP gegen striktes Verbot
Merkel hatte sich am Wochenende beim Deutschlandtag der Jungen Union in Potsdam für ein Verbot ausgesprochen: In Abwägung aller Argumente sei es "nahezu unmöglich (…), eine Unterscheidung zu finden zwischen einer schwerwiegenden, genetischen Krankheit und vielleicht nicht ganz so schwerwiegenden". Deshalb sollte man aus ihrer Sicht die PID verbieten. Auch Julia Klöckner, rheinland-pfälzische CDU-Landeschefin und Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverbraucherschutzministerium, sprach sich gegen die Selektion von künstlich befruchteten Embryonen nach einer PID aus. "Wenn wir diese Tür aufmachen, werden wir sie nicht mehr zubekommen. Jemand, der beeinträchtigt ist, weil er mit einer Behinderung geboren wurde oder sie im Laufe des Lebens erwirbt ist genauso viel wert wie ein Mensch ohne Beeinträchtigung", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung".
In der FDP steht man der PID offener gegenüber. Bundestags-Fraktionschefin Birgit Homburger betonte, der Bundesgerichtshof habe jüngst in einem Urteil befunden, dass die PID nicht verboten sei. "Das ist auch gut so", sagte sie der "Passauer Neuen Presse". Wenn die Medizin heute in der Lage sei, im Vorfeld schwere Krankheiten zu erkennen und damit unnötiges Leid zu ersparen, dann sollte dieses Wissen auch genutzt werden.
Auch FDP-Generalsekretär Christian Lindner bekräftigte: "Für die FDP kann ich ein striktes Verbot der PID ausschließen." Er bedauerte, "dass die Bundeskanzlerin als Naturwissenschaftlerin die Chancen dieser Methode nicht stärker würdigt". In dieser ethischen Frage ende die Richtlinienkompetenz der Kanzlerin. Lindner: "Wenn durch die PID Kinderwünsche erfüllt und gleichzeitig schwerste Gen-Defekte vor der Einpflanzung in die Gebärmutter verhindert werden können, dann ist das ethisch sinnvoll." Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Ulrike Flach, plädierte dafür, "eine streng nach ethischen Kriterien definierte Rahmenbedingung" für die Präimplantationsdiagnostik zu schaffen.
Gewissensentscheidung ohne Fraktionszwang
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich ebenfalls dafür aus, die PID "in einem engem Rahmen" zu erlauben. Zugleich warb sie für eine Parlamentsentscheidung ohne Fraktionszwang. Es gehe hier um eine "klassische Gewissensfrage". Ähnlich äußerte sich Regierungssprecher Steffen Seibert: Für die Entscheidung werde es keine Regierungsvorlage geben, sondern sie solle "aus der Mitte des Parlaments" heraus getroffen werden – nach der eigenen Überzeugung und ohne Fraktionszwang.
Nach dem besagten Urteil des Bundesgerichtshofs vom vergangenen Juli ist die PID nach einer künstlichen Befruchtung gemäß der bestehenden Gesetzeslage nicht verboten. Das Embryonenschutzgesetz sieht dieses Verbot nicht vor, die PID war damals in Deutschland noch nicht verfügbar. Die Richter hatten aber betont, Gegenstand ihrer Entscheidung sei nur, über die Untersuchung von Zellen auf schwerwiegende genetische Schäden im Rahmen der PID zu befinden, die schwere gesundheitliche Folgen haben. Einer unbegrenzten Selektion von Embryonen anhand genetischer Merkmale sollte nicht der Weg geöffnet werden.
Die Frage der Präimplantationsdiagnostik ist eine der ganz schwierigen, tatsächlich an das Gewissen jedes einzelnen Abgeordneten heranreichende Entscheidung. Entsprechend wird es keine Regierungsvorlage geben, sondern die Entscheidung wird aus der Mitte des Parlaments heraus getroffen werden. Die Abgeordneten entscheiden also ohne Fraktionszwang nach Prüfung ihrer eigenen Überzeugung.
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