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Kassen: Sparpaket ist noch ausbaufähig

BERLIN (ks). Die gesetzlichen Krankenkassen sollen durch das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) kräftig sparen. Dennoch sind auch die Kassen nicht rundweg zufrieden mit dem Gesetz.

Der GKV-Spitzenverband betonte anlässlich der Verabschiedung des AMNOG, dass mit dem Gesetz erstmals das Preismonopol der Pharmaindustrie ernsthaft angegangen werde. "Es ist zweifellos ein großes Verdienst des AMNOG, dass wir in Deutschland endlich für neue Arzneimittel, die nicht einer Festbetragsgruppe zuzuordnen sind, in Rabattverhandlungen zwischen pharmazeutischen Unternehmen und dem GKV-Spitzenverband eintreten können", heißt es in einer Stellungnahme des Verbandes. Auch das beschleunigte Festbetragsverfahren sei "ein echter Fortschritt". Das Festbetragssystem werde durch das AMNOG nicht nur bestätigt, sondern in seiner Wirkung gefestigt und gestärkt.

Problem Mehrkostenregelung

Problematisch sieht der GKV-Spitzenverband dagegen die Mehrkostenregelung. Sie werde die Möglichkeiten der Krankenkassen, durch eigene Rabattverhandlungen zusätzliche Einsparvolumina zu generieren, deutlich schwächen. Als "deutliche Verschlechterung des Status quo" sieht es der GKV-Spitzenverband zudem, dass die therapeutische Wirksamkeit nach dem Arzneimittelgesetz künftig mit dem therapierelevanten Nutzen nach dem Sozialgesetzbuch gleichgesetzt werden soll. Die Möglichkeiten der Verordnungseinschränkungen und der Verordnungsausschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses tendierten nunmehr gegen Null.


AOK freut sich auf Rabatte und Preisabschläge …

Die AOK begrüßte die Beteiligung von Pharmaunternehmen, Pharmagroßhändlern und Apotheken an den steigenden Kosten des Gesundheitswesens in Form von Rabatten und Preisabschlägen. Auch die schnelle Nutzenbewertung von neuen Medikamenten ist im Sinne der AOK: "Patienten und Beitragszahler werden davon profitieren, dass der Preis eines neuen Arzneimittels endlich an dessen tatsächlichen therapeutischen Nutzen gekoppelt wird", sagte der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Dr. Herbert Reichelt. Es sei "anerkennenswert", dass die Politik den Lobby-Versuchen der Pharmaindustrie zur Verwässerung des Verfahrens letztlich standgehalten habe.

… kritisiert aber kartellrechtliche Neuregelungen

Deutliche Kritik übt die AOK dagegen an den kartellrechtlichen Regelungen im AMNOG. Ab Januar 2011 gilt für einzelne Verträge zwischen Krankenkassen und Leistungserbringern zusätzlich das Kartellrecht. Statt der Sozialgerichte sind dann die Zivilgerichte für Ausschreibungen im Gesundheitswesen zuständig. Die AOK befürchtet, dass die Pharmaindustrie jetzt nochmals massiv versuchen wird, bestehende und neue Arzneimittelrabattverträge zu blockieren. "Die Koalition ändert und verkompliziert ohne jede Not ein vorbildlich funktionierendes Verfahren", sagte der Verhandlungsführer für die bundesweiten AOK-Arzneimittelrabattverträge Baden-Württembergs, AOK-Vorstandsvize Dr. Christopher Hermann. Die Sozialgerichte hätten die juristischen Auseinandersetzungen nach Ansicht aller Beteiligten umsichtig, sachgerecht und zügig geklärt. Hermann kritisiert, dass insbesondere die FDP offenbar die Industrieinteressen vor die Patienteninteressen gesetzt habe: "Es drängt sich der Eindruck auf, dass unter dem Deckmantel des Kartellrechts wettbewerbsfeindliche Altstrukturen mit wenigen Platzhirschen und hohen Generikapreisen eine neue Chance erhalten sollen."


KKH-Allianz: Zu viele Hintertürchen

Der Vorstandsvorsitzende der KKH-Allianz, Ingo Kailuweit, sprach von einem längst überfälligen Schritt. Seit Jahren seien die Medikamentenpreise einer der größten Kostentreiber im Gesundheitswesen. Endlich habe ein Gesundheitsminister in diesem Bereich für Änderungen und mögliches Einsparpotenzial gesorgt, so der Kassenchef. Zufrieden gibt er sich mit der aktuellen Reform dennoch nicht. Den Pharmafirmen seien nachträglich noch "zahlreiche Hintertürchen offen gehalten" worden. Wie sich das Arzneimittel-Sparpaket auf die Finanzen der Kassen tatsächlich auswirke, bleibe deshalb abzuwarten. Angesichts der weiterhin steigenden Arzneimittelausgaben ist laut Kailuweit an ein Aufatmen nicht zu denken. "Es gilt, den Kostendruck weiter zu minimieren. Das Arznei-Sparpaket ist in jedem Fall noch ausbaufähig", so der KKH-Allianz-Chef.

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