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Arzneimittel und Therapie
Aflibercept bei feuchter Makuladegeneration
Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist eine der häufigsten Ursachen von Erblindung. Man unterscheidet die trockene (nicht exsudative) und die feuchte (exsudative) Form der AMD. Bei der feuchten AMD kann es durch Einblutung und Vernarbung des Makulagewebes, zur irreversiblen Verminderung der Sehkraft kommen. Blinde Flecken im zentralen Netzhautbereich sind die Folge, unbehandelt kann das bis zur Erblindung führen. In den USA und Europa ist die feuchte AMD die häufigste Ursache einer Erblindung von Menschen über 65.
Fusionsprotein bindet VEGF
Therapiestandard ist derzeit eine monatliche intraokuläre Injektion des monoklonalen Antikörpers Ranibizumab oder aus Kostengründen auch des preisgünstigeren Bevacizumab. Beide Wirkstoffe binden den Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), der im Auge die Proliferation von pathologischen Blutgefäßen stimuliert.
Auf dieselbe Weise wirkt Aflibercept, ein komplett humanes, lösliches Rezeptorbindungsprotein des Wachstumsfaktors VEGF, das in Form einer Lösung zur Anwendung am Auge unter der Bezeichnung VEGF Trap-Eye auf den Markt kommen soll.
Aflibercept ist ein Fusionsprotein, bei dem Teile des VEGF-Rezeptors mit einem Immunglobulin verbunden sind. Während Ranibizumab monatlich injiziert wird, scheint für Aflibercept ein Intervall von zwei Monaten ausreichend zu sein, was die Therapie für die Patienten angenehmer machen dürfte und die Zahl der Untersuchungen verringern würde.
Zwei Phase-III-Studien
Die neue Substanz wurde in zwei randomisierten, doppelblind durchgeführten klinischen Studien der Phase III , VIEW 1 + 2 (VEGF Trap-Eye: Investigation of Efficacy and Safety in Wet AMD) zur Behandlung der neovaskulären Form der altersbedingten Makula-Degeneration (feuchte AMD) erprobt. Die VIEW-2-Studie wird in Europa, dem asiatisch-pazifischen Raum, Japan und Lateinamerika durchgeführt, die VIEW-1-Studie in den USA und Kanada. Das VIEW 1-Studienprogramm umfasste 1217 Patienten, das der VIEW 2-Studie 1240. Die Studiendesigns sind identisch angelegt.
In beiden Studien wurde der Effekt einer Injektion in den Glaskörper des Auges (intravitreale Behandlung) auf den Erhalt und die Verbesserung der Sehkraft untersucht, und zwar bei folgenden Dosierungen: 0,5 mg einmal monatlich, 2,0 mg monatlich oder 2,0 mg alle zwei Monate (nach einer ersten Phase von drei Injektionen im monatlichen Abstand). Zum Vergleich wurde die intravitreale Behandlung mit Ranibizumab in einer monatlichen Dosierung von 0,5 mg während des ersten Anwendungsjahres untersucht. Im zweiten Studienjahr erfolgte die Anwendung beider Substanzen nach Bedarf, mindestens alle drei Monate jedoch nicht öfter als einmal monatlich.
Der primäre Endpunkt war der Anteil der Patienten, die nach 52 Wochen Behandlung ihre Sehkraft erhalten oder verbessert hatten. Statistisch wurde auf Nicht-Unterlegenheit (Non-Inferiority) getestet.
Erhalt der Sehkraft
Die Sehschärfe wurde an der Gesamtzahl der korrekt erkannten Buchstaben auf der ETDRS-Tafel (ETDRS = Early Treatment Diabetic Retinopathy), die in der Forschung als Standard für die Messung der Sehschärfe verwendet wird, gemessen. Als "Erhalt der Sehkraft" ist in diesem Test ein Verlust von weniger als 15 Buchstaben definiert. Für die VIEW-1- und VIEW-2-Studie war das Ergebnis nach 52 Wochen Behandlung entscheidend.
In der VIEW-1-Studie betrug der Anteil der Patienten mit Erhalt der Sehkraft bei Aflibercept 0,5 mg monatlich 96%, unter 2 mg 95% und bei einer Gabe von 2 mg alle zwei Monate ebenfalls 95%. Im Vergleich dazu betrug der Anteil der Patienten, die Ranibizumab in einer Dosierung von 0,5 mg monatlich erhielten, 94%.
In der VIEW-2-Studie blieb bei 96% der Patienten, die Aflibercept 0,5 mg monatlich verabreicht bekamen, die Sehkraft erhalten. In der Dosierung von 2 mg monatlich und in der Dosierung von 2 mg alle zwei Monate lag der Anteil bei 96%. Unter einer Behandlung mit 0,5 mg Ranibizumab einmal im Monat wurde dieser Effekt bei 94% der Patienten erzielt.
Verbesserung der Sehkraft
Die mittlere Verbesserung der Sehkraft, gemessen an der durchschnittlichen Zahl der zusätzlich erkannten Buchstaben nach 52 Wochen im Vergleich zum Ausgangswert, lag bei den Patienten in der VIEW-1-Studie, die mit 2 mg Aflibercept einmal im Monat behandelt wurden, statistisch signifikant höher als unter Ranibizumab in einer Dosierung von monatlich 0,5 mg: Sie gewannen im Mittel 10,9 Buchstaben, verglichen mit 8,1 Buchstaben in der Ranibizumab-Gruppe (p < 0,01).
In allen anderen Aflibercept-Behandlungsgruppen der VIEW-1-Studie und allen Aflibercept-Behandlungsgruppen der VIEW-2-Studie unterschied sich die mittlere Verbesserung der Sehkraft statistisch nicht von Ranibizumab in einer Dosierung von 0,5 mg monatlich.
Gutes Sicherheitsprofil
Sowohl für Aflibercept als auch für Ranibizumab fiel das Sicherheitsprofil positiv aus. Für alle der vier Behandlungsgruppen in beiden Studien ergab sich eine vergleichbare Häufigkeit von Berichten zu unerwünschten Ereignissen am Auge. Davon waren die häufigsten typisch für Folgen der Injektionen in den Glaskörper oder der zugrundeliegenden Erkrankung oder für die untersuchte Altersklasse. Die häufigsten dieser unerwünschten Ereignisse am Auge waren Bindehautblutung, Makuladegeneration, Augenschmerzen, Netzhautblutung und Mouches volantes (das Sehen von schwarzen Punkten).
Die schwerwiegenden unerwünschten Ereignisse außerhalb des Auges waren typisch für Patienten, die in dieser höheren Altersklasse Injektionsbehandlungen der Makuladegeneration erhalten. Dazu zählten am häufigsten Stürze, Lungenentzündung, Herzinfarkt, Vorhofflimmern, Brustkrebs und akutes Koronarsyndrom. Es gab auch hier keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Behandlungsgruppen.
Im zweiten Studienjahr werden die Patienten in VIEW 1 und VIEW 2 weiterhin mit der bisher verwendeten Dosierung des jeweiligen Medikaments behandelt, allerdings nur noch alle drei Monate. Nur in den Fällen, in denen sich die Sehkraft verschlechtert, die Dicke der Netzhaut zunimmt oder Flüssigkeit aus den neu gebildeten Gefäßen sickert, erfolgt sie häufiger.
Weitere Anwendungen
Aflibercept befindet sich noch für eine weitere Indikation in der Phase III der klinischen Entwicklung: zur Behandlung des Zentralvenen-Verschlusses der Netzhaut, auch dies eine häufige Erblindungsursache. Die COPERNICUS-Studie (COntrolled Phase III Evaluation of Repeated iNtravitreal administration of VEGF Trap-Eye In Central retinal vein occlusion: Utility and Safety) wird von Regeneron durchgeführt, die GALILEO-Studie (General Assessment Limiting InfiLtration of Exudates in central retinal vein Occlusion with VEGF Trap-Eye) von Bayer HealthCare. Das primäre Wirksamkeitskriterium der Studien ist die Verbesserung der Sehschärfe nach sechs Monaten Behandlung im Vergleich zum Ausgangswert. Die ersten Daten aus dem CRVO-Programm werden Anfang 2011 erwartet.
Aflibercept befindet sich außerdem in der Phase II der klinischen Entwicklung zur Behandlung des diabetischen Makulaödems. Im Februar 2010 wurde bereits berichtet, dass die Behandlung mit Aflibercept eine statistisch signifikant überlegene Verbesserung der Sehschärfe im Vergleich zur fokalen Lasertherapie erreichen konnte. Damit war der primäre Endpunkt der Studie erreicht. Erste Studienergebnisse nach einem Jahr Behandlung aus dieser Studie werden noch in diesem Jahr zur Verfügung stehen.
QuellePositive Ergebnisse von zwei Phase-III-Studien mit VEGF Trap-Eye bei feuchter altersbedingter Makula-Degeneration. Pressemitteilung der Bayer Health Care, 22. November 2010.
hel
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