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Arzneimittel und Therapie
Mängel in Packungsbeilagen verhindern korrekte Dosierung
Die amerikanische Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) hatte im Jahre 2009 Richtlinien für die Herstellung, das Marketing und den Vertrieb von rezeptfreien Flüssigarzneimitteln zur Anwendung bei Kindern verabschiedet. Anlass dafür waren verschiedene Berichte über unbeabsichtigte Überdosierungen bei diesen Medikamenten. Die wichtigsten Bestimmungen der – für die betroffenen Unternehmer allerdings nicht bindenden – Richtlinien sind folgende:
Allen flüssigen OTC-Präparaten sollten vom Hersteller Dosierhilfen beigefügt werden.
Die Abkürzungen und Maßeinheiten auf den Dosierhilfen und in den Packungsbeilagen sollten identisch sein.
Die Dosierhilfen sollten nur notwendige Markierungen enthalten, die jeweilige Maximaldosis sollte dabei nicht überschritten werden.
Es sollten definierte Standardabkürzungen verwendet werden.
Besondere Sorgfalt sollte auf die Angabe von Dosierungsempfehlungen mit Dezimalstellen und Bruchteilen verwendet werden.
Es wurde vorgeschlagen Studien zu initiieren die prüfen, ob die Anwender die Instruktionen korrekt befolgen können.
Fehlende Dosierhilfen und verwirrende Angaben
Ziel einer kürzlich im amerikanischen Fachblatt JAMA veröffentlichten Studie war es herauszufinden, inwieweit flüssige OTC-Produkte in den USA diesen Richtlinien entsprechen. 200 Präparate wurden jeweils von zwei unabhängigen Prüfern beurteilt. Die Auswahl repräsentierte 99 Prozent der auf dem US-Markt für Kinder unter zwölf Jahren zugelassenen Mittel zur Behandlung von Schmerzen, Allergien, Magen-Darm-Beschwerden und Husten bzw. grippalen Infekten. Die Studie prüfte, ob den Präparaten eine Dosierhilfe beigelegt war, ob die Angaben im Beipackzettel und auf den Dosierhilfen übereinstimmten, ob unübliche Dosierungsangaben und Abkürzungen verwendet wurden und ob Abkürzungen erklärt waren.
Nur bei knapp drei Vierteln der geprüften Produkte war eine Dosierhilfe, z. B. ein Messbecher oder -löffel bzw. eine Spritze, beigelegt (148 von 200, 74%). Bei fast allen diesen Präparaten stimmten die Dosierungshinweise in den Packungsbeilagen nicht mit den Markierungen auf den Dosierhilfen überein (146 von 148, 98,6%). Bei fast einem Viertel der untersuchten Produkte (24,3%) fehlten notwendige Markierungen, dagegen fand sich bei 81,1% der Präparate mit Dosierhilfen mindestens eine Markierung, die in der Packungsbeilage nicht beschrieben war.
Die am häufigsten verwendeten Maßeinheiten waren Milliliter (71,5%) und Teelöffel (77,5%), seltener kam die Maßeinheit Esslöffel vor (18,5%). Nur bei einem Drittel der Präparate gab der Hersteller nur eine Maßeinheit für die Dosierung an; nicht selten fanden die Prüfer zwei, drei oder sogar noch mehr verschiedene Einheiten. Bei elf Präparaten (5,5%) fand man unübliche Maßeinheiten wie z. B. Kubikzentimeter oder Schlucke.
Bei 20% der untersuchten Präparate war die Dosis kleiner als 1. Bei der Angabe im Dezimalformat fehlte bei 12,5% die Null vor dem Komma, was bei der Anwendung leicht zu Fehlern führen kann. Bei mehr als der Hälfte (62,2%) der Medikamente vermissten die Prüfer den Hinweis, dass die Dosierhilfe nur für das vorgesehene Produkt eingesetzt werden darf. Kein einziges Produkt enthielt einen Hinweis, was zu tun wäre, wenn die vom Arzt verordnete Dosis nicht mit den Angaben auf der Dosierhilfe übereinstimmt.
Sehr häufig wurden Maßangaben nicht in der üblichen, standardisierten Art und Weise geschrieben (z. B. in der amerikanischen Schreibweise für Milliliter: mL). Bei 163 Präparaten, die in ihren Dosierungsangaben Abkürzungen verwendeten, war mindestens eine Abkürzung nicht erklärt.
Noch viele Defizite vorhanden
Nach Ansicht der Autoren zeigen die Studienergebnisse enorme Defizite bei den Packungsbeilagen und Dosierhilfen auf. Dies ist ihrer Meinung nach auch deshalb so unbefriedigend, weil bereits 1999 von der FDA der "Drug Facts Panel" verabschiedet worden war, der für mehr Klarheit und Konsistenz bei OTC Produkten sorgen sollte. Zehn Jahre später stellt sich die Situation jedoch so dar, dass bei den Angaben in Packungsbeilagen und auf Dosierhilfen immer noch eine hohe Variabilität und Inkonsistenz herrscht.
Die Autoren erläutern anschaulich, wie hoch das Risiko für Dosierungsfehler bei den bemängelten Präparaten ist. Zum Beispiel, wenn der Patient für die empfohlene Dosis von 1,5 ml auf der Dosierhilfe keine entsprechende Markierung findet oder wenn eine beigefügte Spritze so klein ist, dass sie zweimal befüllt werden muss, um die Dosis verabreichen zu können.
Korrekte Anwendung sicherstellen
Darren A. DeWalt von der University of North Carolina verweist im begleitenden Editorial darauf, dass Pharmafirmen enorme finanzielle und personelle Mittel in die Durchführung von klinischen Studien investieren, unter anderem mit dem Ziel, die therapeutische Dosis für einen Wirkstoff zu finden. Ärztliche Fachgesellschaften geben Leitlinien heraus, um die Diagnostik und Therapie von Erkrankungen zu verbessern. Doch vergleichsweise geringe Mittel werden aufgewendet um sicherzustellen, dass ein Patient das verordnete oder im Rahmen der Selbstmedikation gekaufte Medikament auch richtig anwendet.
Sind die Angaben zur Dosierung für den Anwender nicht nachvollziehbar oder verwirrend, kann dies nicht nur zu unerwünschten Wirkungen, sondern, wie Fallberichte zeigen, auch zu Todesfällen führen. Andererseits müssen Kinder, bei denen ein Medikament unterdosiert wird, länger an den Symptomen ihrer Erkrankung leiden.
"Die eleganteste und effizienteste medizinische Behandlung wird versagen, wenn Patienten oder Pflegepersonen diese Therapie nicht adäquat und korrekt anwenden können", so DeWalt. Seine Forderung: mehr Zeit und Ressourcen darauf verwenden sicherzustellen, dass Patienten von ihrer Therapie auch tatsächlich profitieren können!
QuelleYin, H.S., et al.: Evaluation of consistency in dosing directions and measuring devises for pediatric nonprescription liquid medications. JAMA 304(23), published online 30. November 2010, doi:10.1001/jama.2010.1797Walt, D.A.E.: Ensuring safe and effective use of medication and health care. 304(23), published online 30. November 2010, doi:10.1001/jama.2010.1844
Apothekerin Dr. Claudia Bruhn
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