Arzneimittel und Therapie

Neuer Therapieansatz mit TRH-Rezeptor-Antagonisten

Morbus Basedow ist eine Autoimmunerkrankung der Schilddrüse. Charakteristisch sind Kropfbildung, erhöhte Herzschlagfrequenz und hervortretende Augen. Für einen Großteil der – zumeist weiblichen – Patienten ist eine operative oder radioaktive Therapie notwendig. Neben verschiedenen äußeren Faktoren, die die Erkrankung auslösen können, sind es Antikörper, die den TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon)-Rezeptor stimulieren. Mit der Entwicklung eines Rezeptor-Antagonisten haben US-Wissenschaftler jetzt einen neuen, vielversprechenden Therapieansatz gefunden.
Schilddrüsenerkrankung Bei den Betroffenen kommt es zur Strumabildung, den auffälligen hervortretenden Augen und einer erhöhten Herzschlagfrequenz. Die bislang für Morbus Basedow verfügbaren Therapieformen sind vielfach unbefriedigend. Eine vielversprechende Option stellt die Entwicklung eines TSH-Rezeptor-Antagonisten dar.
Foto: Cramer-Gesundheits-Consulting

Genaue Angaben zur Häufigkeit der Basedowschen Erkrankung fehlen in Deutschland; es wird davon ausgegangen, dass die Prävalenz mehr als 1% beträgt, wobei Frauen etwa fünf- bis zehnmal häufiger betroffen sind als Männer. Das Maximum der Erkrankung liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Äußere Auslöser können unter anderem Stress, Infektionen, Störungen des weiblichen Hormonstoffwechsels und Rauchen sein.

Bei den Betroffenen kommt es vielfach zur Strumabildung, den auffälligen hervortretenden Augen und einer erhöhten Herzschlagfrequenz. Diese drei Hauptsymptome werden auch als die Merseburg Trias bezeichnet. Zahlreiche weitere Symptome wie Nervosität und Zittern, Durchfälle und Darmkrämpfe, Gewichtsverlust, Depressionen und seltener Hautveränderungen im Bereich der Finger und Zehen können auf die Erkrankung hinweisen.

Stimulierung der Thyreozyten durch Antikörper

Es wird davon ausgegangen, dass Morbus Basedow zumindest großteils eine genetisch bedingte Erkrankung des Immunsystems ist. Spezifische Auslöser sind zwar nicht bekannt, letztlich können aber offensichtlich diverse Faktoren die Autoimmunkrankheit auslösen. Sie resultiert aus einem Zusammenbruch der Selbsttoleranz gegenüber Antigenen der Schilddrüse. Die vom Körper gegen das Schilddrüsengewebe gebildeten Autoantikörper binden an den TSH-Rezeptor für das Thyreotropin (Thyreoidea-stimulierendes Hormon, TSH). Die unkontrollierte und andauernde "Bombardierung" des TSH-Rezeptors mit diesen TSH-Rezeptor-Antikörpern (TRAK) führt dann zu dessen permanenter Aktivierung und damit schließlich zur Hyperthyreose.

US-amerikanische Forscher haben jetzt einen Wirkstoff entwickelt, der den TSH-Rezeptor antagonisiert. Diese als NCGC00229600 bezeichnete niedermolekulare Verbindung zeigte in Zellkulturen eine eindeutige Hemmung der Aktivierung des TSH-Rezeptors.

Tierexperimentelle und klinische Studien müssen jetzt die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des bislang nur in Modellversuchen erfolgreich getesteten Antagonisten belegen. Die Entwicklung eines derartigen spezifischen TSH-Rezeptor-Antagonisten wäre allerdings eine sehr interessante Alternative zu den bislang verfügbaren Therapieformen. Die Behandlung der Erkrankung erfolgt derzeit mit schwefelhaltigen Thyreostatika (Propylthiouracil, Carbimazol, Methimazol, Thiamazol und andere), die erhebliche potenzielle Nebenwirkungen aufweisen, zumeist aber mit einer Radiojodtherapie oder als definitiver Therapie einer subtotalen Strumaresektion.


Quelle

Neumann, S.; et al: A New Small-Molecule Antagonist Inhibits Graves‘ Disease Antibody Activation of the TSH Receptor. J. Clin. Endocrinol. Metab. 2010; doi: 10.1210/jc. 2010-1935, 1. 12. 2010.


Dr. Hans-Peter Hanssen

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