Selbstmedikation

Gut beraten ohne Verstopfung entspannt durch die Feiertage

Lebkuchenherzen, Dominosteine oder leckeres Marzipankonfekt verleiten in der Vorweihnachtszeit zum Naschen. Dieses kann zwar eine Verstopfung begünstigen, doch es gibt darüber hinaus zahlreiche weitere Gründe für Probleme mit dem Stuhlgang. Daher gehört die Obstipation zu den häufigsten Beratungsthemen in der Apotheke – nicht nur in der Vorweihnachtszeit.

Die Spannbreite ist groß: dreimal täglich "zu müssen" liegt genauso im Normalbereich wie einmal in drei Tagen. Viele Menschen sind jedoch in dieser Frage unsicher und glauben, dass nur ein einmal täglicher Stuhlgang der gesunde Normalfall ist. Daher sollte die Frage nach der Häufigkeit des Toilettenganges gleich zu Beginn des Beratungsgesprächs gestellt und die Kunden entsprechend beruhigt werden. Eine Obstipation liegt vor, wenn die Stuhlfrequenz unter drei Tagen liegt und dabei die Konsistenz des Stuhls deutlich fester und härter ist als gewöhnlich. Der Stuhl kann dann meist nur unter starkem Pressen und Schmerzen abgesetzt werden. Als zusätzliche Symptome können Bauchschmerzen und ein Gefühl der unvollständigen Entleerung auftreten.

Die Grenzen der Selbstmedikation ausloten

Um die Grenzen der Selbstmedikation einhalten zu können, ist es wichtig zu erfragen, wie lange die Beschwerden bereits bestehen. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen akuter bzw. passagerer und chronischer Obstipation. Die akute/passagere, sporadisch auftretende Obstipation ist gut für die Selbstmedikation zugänglich, es sei denn, sie ist von untypischen Symptomen wie starkem Druckgefühl, Blähungen, starken Bauch- oder Enddarmschmerzen, Übelkeit und/oder Erbrechen oder Blut im Stuhl begleitet. Dann kann eine schwerwiegende Erkrankung wie z. B. ein Tumor, eine Analrandthrombose oder eine Stenose die Ursache sein und ein Arztbesuch ist dringend anzuraten.

Von einer chronischen Obstipation spricht man, wenn die Beschwerden über einen Zeitraum von etwa drei Monaten auftreten. In diesen Fällen kann zwar eine akute Linderung durch ein der Selbstmedikationspräparat verschafft werden, der Gang zum Arzt ist jedoch unumgänglich.

Für jeden das richtige Mittel

Zur Selbstmedikation bei Verstopfung steht eine breite Palette von Präparaten auf pflanzlicher und synthetischer Basis zur Verfügung. Die Herausforderung besteht darin, für den konkreten Einzelfall ein geeignetes Präparat auszuwählen und dabei auch Kundenvorlieben zu berücksichtigen.

Säuglinge und Kleinkinder mit Verstopfung

Im frühen Lebensalter schwankt die Stuhlfrequenz individuell sehr stark. Sie reicht von ein- bis dreimal pro Tag bis zu einer Häufigkeit von einmal in sieben bis zehn Tagen bei gestillten Säuglingen. Eine akute Verstopfung kann bei Säuglingen und Kleinkindern vielfältige Ursachen haben, meist ist sie ernährungsbedingt. Typischerweise treten daher Verstopfungen in Phasen der Ernährungsumstellung (z. B. Übergang von Muttermilch oder künstlicher Säuglingsnahrung auf Beikost) auf.

Psychische Ursachen können z. B. bei zu strenger Sauberkeitserziehung eine Rolle spielen. Häufig reagieren Kinder in diesem Alter sehr empfindlich auf Veränderungen in den äußeren Bedingungen, z. B. auf Reisen. In diesen Fällen helfen Lokaltherapeutika (Suppositorien, Klistiere) mit Glycerol oder Sorbitol. Zu den schwerwiegenden Ursachen, die unbedingt einer ärztlichen Abklärung bedürfen, gehören mechanische Behinderungen (z. B. Dickdarmverschluss).

Verstopfung bei Kindern und Jugendlichen

Ab dem Schulalter nähert sich die Stuhlfrequenz der von Erwachsenen an. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die sich einseitig ernähren und zu wenig bewegen, steigt, was sich auch in der Zunahme von Übergewicht und Adipositas in dieser Altersgruppe zeigt. Diese Lebensweise kann auch Probleme mit dem Stuhlgang begünstigen. Für zahlreiche Wirkstoffe bestehen Kontraindikationen für bestimmte Altersgruppen (z. B. Natriumpicosulfat unter vier Jahren). Bei einer passageren Obstipation können zunächst Lokaltherapeutika mit Glycerol oder Quellstoffe wie Weizen- oder Haferkleie unter Beachtung der Kontraindikationen (z. B. Bauchschmerzen unklarer Ursache) empfohlen werden. Auch wenn im Beratungsgespräch deutlich wird, dass notwendige Allgemeinmaßnahmen wie Ernährungsumstellung und regelmäßige sportliche Betätigung nur schwerlich umgesetzt werden können, darf ein Hinweis darauf nicht fehlen!

Laxanzien sind Medikamente mit Missbrauchspotenzial. Figurbewusste Mädchen im Teenageralter wenden Laxanzien an, um abzunehmen, ohne sich der gesundheitlichen Folgen bewusst zu sein. Hier ist im Beratungsgespräch besondere Sensibilität gefragt, besonders wenn Verdacht auf eine psychiatrische Erkrankung (z. B. Bulimie) besteht.

Verstopfungstypen im Erwachsenenalter

Die Lebensweise bzw. die aktuelle Lebenssituation hat einen großen Einfluss auf die Darmtätigkeit. Bei Erwachsenen, die unter Verstopfung leiden, lassen sich unterschiedliche Typen voneinander abgrenzen. Die Abgabe eines Präparats sollte von Hinweisen auf speziell auf diese Typen zugeschnittenen Allgemeinmaßnahmen begleitet werden.

Der träge Verstopfungstyp bewegt sich im Alltag und in der Freizeit zu wenig und ernährt sich unausgewogen. Im akuten Verstopfungsfall kann ein Selbstmedikationspräparat Abhilfe schaffen, auf lange Sicht lassen sich die Stuhlgang-Probleme nur durch eine Lifestyle-Änderung lösen.

Der hektische Verstopfungstyp ist beruflich stark eingespannt und nimmt sich daher nicht nur zu wenig Zeit zum Essen, sondern auch für den Toilettengang. Ist er außerdem häufig auf Reisen, können Faktoren wie Klimawechsel oder Zeitverschiebung das Problem noch verschlimmern. Für diesen Typen eignen sich Präparate, die sich auch unterwegs gut einnehmen lassen (Kapseln, Tabletten, Dragees). Kunden dieses Typs sollte geraten werden, sich trotz aller Hektik ausreichend Zeit für den Toilettengang zu nehmen.

Beim belasteten Verstopfungstyp ist häufig vom Bauchgefühl oder vom "Bauchhirn" die Rede. Gemeint ist, dass der Magen-Darm-Trakt auf psychische Belastungen, z. B. durch einen Trauerfall im Familien- oder Freundeskreis, äußerst empfindlich reagiert, auch mit Verstopfung. Wenn sich die psychische Verfassung der Betroffenen stabilisiert hat, sind in der Regel auch die Darmbeschwerden verschwunden. Vorübergehend kann ein rezeptfreies Laxans Unterstützung geben. Für diese drei Typen sind oral anzuwendende Präparate aus folgenden Wirkstoffgruppen empfehlenswert:

  • Quellstoffe (indische Flohsamen/-schalen, Leinsamen, Weizen- oder Haferkleie)

  • Osmolaxanzien (z. B. Lactulose, Macrogole, salinische Abführmittel mit Natrium- bzw. Magnesiumsulfat)

  • antiresorptive und hydragoge Laxanzien pflanzlicher (z. B. Aloe, Sennesblätter/-früchte, Rizinusöl) und synthetischer (Bisacodyl, Natriumpicosulfat) Herkunft.

Dosiert werden sollten die Mittel stets so, dass der Stuhl weich ist und leicht abgesetzt werden kann, ohne dass es zu Durchfall und damit verbundenem Elektrolytverlust kommt. Eine Anwendung alle zwei bis drei Tage ist ausreichend, ein Dauergebrauch zu vermeiden. Bei der Abgabe ist ein Verweis auf die voraussichtliche Dauer bis zum Wirkungseintritt wichtig (z. B. Bisacodyl in Drageeform sechs bis zwölf Stunden, als Zäpfchen 15 bis 30 Minuten).

Verstopfung in Schwangerschaft und Stillzeit

In Schwangerschaft und Stillzeit sind Hormonschwankungen die Hauptursache für Verstopfung. Zusätzlich können Eisenpräparate, Ernährungsumstellungen oder der Druck durch die wachsende Gebärmutter – gegebenfalls verbunden mit Bewegungsarmut – in Betracht gezogen werden. Arzneimittel, bei deren Anwendung in der Schwangerschaft nach heutigem Erkenntnisstand nicht mit embryo- oder fetotoxischen Auswirkungen zu rechnen ist, sind Bisacodyl, Quellstoffe (Flohsamen/-schalen, Leinsamen, Weizen- oder Haferkleie) und Lactulose. Unter der Einnahme von Bisacodyl in der Stillzeit sind keine unerwünschten Wirkungen bei den Kindern beobachtet worden, jedoch findet sich in der Literatur der Hinweis, dass anderen Arzneimitteln (z. B. Lactulose, Macrogole, Quellstoffe, Lokaltherapeutika mit Glycerol) der Vorzug gegeben werden sollte.

Unerwünschte Arzneimittelwirkung Verstopfung

Eine Obstipation kann auch als Folge einer (bislang unbekannten) Erkrankung auftreten. Dazu zählen z. B. neurologische und psychiatrische Erkrankungen wie Demenz, multiple Sklerose, Depression oder hormonelle Störungen wie Hypothyreose. Hier ist zunächst eine ärztliche Abklärung – falls noch nicht erfolgt – notwendig. Im Rahmen der Selbstmedikation kann dann eine Unterstützung mit Macrogolen, Quellstoffen wie Flohsamen/-schalen oder Natriumpicosulfat bzw. Bisacodyl erfolgen. Ein ähnliches Vorgehen empfiehlt sich nach geklärtem Zusammenhang bei Verstopfung aufgrund einer Arzneimittelnebenwirkung. Zu den Medikamenten, die häufig Verstopfung verursachen, zählen:

  • Analgetika und Antitussiva vom Opioid-Typ

  • Neuroleptika (z. B. Olanzapin, Risperidon)

  • Antiparkinsonmittel

  • Mineralstoffpräparate (z. B. Eisenverbindungen)

  • Antihypertonika (Diuretika, Calciumantagonisten)

Bei chronischer Obstipation empfiehlt sich ein stufenweises Vorgehen mit einschleichender Dosierung, um Nebenwirkungen, vor allem Blähungen, vorzubeugen. So kann beispielsweise mit einem Laxans mit geringem bis mittleren Quellvermögen (Leinsamen, Hafer- oder Weizenkleie) begonnen werden. Wird damit kein regelmäßiger Stuhlgang (das heißt mindestens alle drei Tage) empfiehlt sich nach etwa zwei Wochen der Umstieg auf ein Quellmittel bzw. Osmolaxans mit höherem Quellvermögen (Plantago-ovata-Präparate, Makrogole). Als nächsthöhere Stufe kann Lactulose eingesetzt werden.

Verstopfung bei Senioren

Einige Besonderheiten des höheren Lebensalters führen dazu, dass Menschen etwa ab 65. Jahren häufig von Obstipation betroffen sind. Appetit und Geschmacksempfinden nehmen ab, was nicht selten zu einseitiger, häufig ballaststoffarmer Ernährungsweise führt. Wenn Probleme mit den "Dritten" vorhanden sind, werden oft weiche Speisen bevorzugt. Das Durstgefühl lässt nach, weshalb Senioren häufig viel zu wenig trinken. Bettlägerigkeit, die Einnahme von Medikamenten mit Obstipation als Nebenwirkung sowie die altersbedingt nachlassende Sekretion und Motilität des Verdauungstraktes verschlimmern die Beschwerden. Daher sind ältere Menschen, insbesondere Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, oft auf eine Dauermedikation mit Laxanzien angewiesen. Nach Rücksprache mit dem Arzt sind in der Selbstmedikation Lactulose und Macrogole empfehlenswert, wobei mögliche Wechselwirkungen mit Dauermedikamenten (z. B. Herzglykosiden) beachtet werden sollten.


Quelle

Rote Liste online, www.rote-liste.de

Friese, K. et al.: Arzneimittel in der Schwangerschaft und Stillzeit, 7. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart (2009).

Lennecke, K. et al.: Selbstmedikation. Leitlinien zur pharmazeutischen Beratung, 3. Auflage, Deutscher Apotheker Verlag, Stuttgart (2007).

www.medizinfo.de/gastro/verstopfung/verstopfung.shtml


Apothekerin Dr. Claudia Bruhn

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