Arzneimittel und Therapie

Kombinationstherapie senkt Viruslast

In die Entwicklung neuer Medikamente gegen eine Hepatitis-C-Infektion ist Bewegung gekommen und zahlreiche Wirkstoffe werden derzeit untersucht. In einer viel versprechenden Phase-I-Studie konnte durch eine Kombination aus zwei oral verfügbaren Wirkstoffen die Viruslast innerhalb von 14 Tagen deutlich reduziert oder bis unter die Nachweisgrenze gesenkt werden.

Weltweit sind rund 170 Millionen Menschen mit dem Hepatitis-C-Virus (HCV) infiziert. Ein Fünftel von ihnen wird eine Leberzirrhose entwickeln, bei einem weiteren Teil werden Leberversagen und hepatozelluläre Karzinome auftreten. Trotz dieses globalen medizinischen Problems, das vorwiegend in Entwicklungsländern auftritt, vergingen etwa zwanzig Jahre, bis neue Substanzen entwickelt und in Studien untersucht wurden. Derzeit befinden sich zahlreiche Vertreter unterschiedlicher Wirkstoffklassen in der klinischen Erprobung (siehe Kasten "Forschung"). Sollten sie erfolgreich sein, könnten sie die heutige, aus pegyliertem Interferon und Ribavirin bestehende Standardtherapie ergänzen oder ablösen. Eine Erweiterung der derzeitigen therapeutischen Optionen ist dringend notwendig, da Interferon-haltige Therapien mit vielen unerwünschten Wirkungen einhergehen und ein erheblicher Teil der Infizierten nicht auf die Standardtherapie anspricht (insbesondere bei Vorliegen eines Genotyp 1; siehe Kasten "Hepatitis-C-Genotypen"). Gesucht sind folglich Interferon-freie, möglichst orale einzunehmende Pharmaka, die sich in ihrer Wirkung ergänzen, in unterschiedliche Phasen der viralen Replikation eingreifen und Resistenzen vorbeugen. Zwei mögliche Kandidaten hierfür sind RG7128 und Danoprevir, die in einer aktuellen Dosis-Findungsstudie, der INFORM-1-Studie untersucht wurden.

  • RG7128 (Pharmasset und Roche) ist ein nukleosidischer Polymerase-Inhibitor. Es handelt sich um eine Prodrug, die in ihrer aktivierten Form die RNA-Polymerase (NS5B Protein) des Hepatitis-C-Virus hemmt.

  • Danoprevir (RG7227; InterMune; seit Oktober 2010 besitzt Roche die Rechte an Danoprevir) ist ein Protease-Hemmer der 2. Generation. Es handelt sich um einen makrozyklischen Inhibitor der HCV NS3/4A-Protease, einem Enzym, das das Virus zur Eigenreplikation benötigt.

Forschung


Neue Entwicklungen bei der Therapie der chronischen Hepatitis

  • lang wirksame Interferone

  • Protease-Inhibitoren (Telaprevir, Boceprevir; wahrscheinlich beide kurz vor der Zulassung)

  • Polymerase-Inhibitoren

  • NS5A-Inhibitoren

  • Cyclophilin-Inhibitoren

INFORM-1-Studie

In der INFORM-1-Studie (INFORM = Interferon-free regime for the management of HCV) wurden Sicherheit, Verträglichkeit und antivirale Aktivität einer oralen Kombinationstherapie, bestehend aus RG7128 und Danoprevir, untersucht. Es handelt sich um eine randomisierte, doppelblinde, placebo-kontrollierte Dosis-Eskalationsstudie, die an sechs Zentren in Australien und Neuseeland durchgeführt wurde. An der Studie nahmen 88 Patienten teil, die an einer chronischen Hepatitis vom Genotyp 1 erkrankt waren. Sie wurden sieben verschiedenen Behandlungsgruppen zugeteilt und erhielten bis zu 13 Tage lang entweder eine Placebo-Therapie (14 Probanden) oder eine Kombination aus Danoprevir und RG7128 in unterschiedlichen Stärken (74 Teilnehmer). Einige Patienten wurden zuvor noch niemals behandelt, bei anderen hatte die Interferon-basierte Standardtherapie versagt. Der primäre Studienendpunkt war die Veränderung der HCV-RNA-Konzentrationen (Virusbelastung im Blut), die zu Beginn der Studie und in regelmäßigen Intervallen während der Behandlung bis zum Tag 14 gemessen wurden.

Hepatitis-C-Genotypen


Mit Hilfe eines PCR-Tests können die Viruslast und die genetischen Varianten des Hepatitis-C-Virus bestimmt werden. Die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Typ entscheidet unter anderem über den Therapieerfolg bzw. die Dauer der Behandlung. Patienten, die mit dem Genotyp 1, 4, 5 oder 6 infiziert sind, benötigen nach dem heutigen Erkenntnisstand eine längere Behandlung als Patienten, bei denen der Genotyp 2 oder 3 vorliegt. Bei den Genotypen 2 und 3 bestehen zudem bessere Aussichten, das Virus gänzlich aus dem Körper zu eliminieren.

Als Viruslast bezeichnet man die Anzahl der Hepatitis-C-Viren, die in einem Milliliter Körperflüssigkeit nachweisbar sind. Die Viruslast wird in internationalen Einheiten pro Milliliter (IU/ml) angegeben.

Deutliche Abnahme der Viruslast

Bereits nach der vierzehntägigen Therapiedauer zeigte sich eine deutliche Abnahme der Viruslast in den Verum-Gruppen:

  • Bei nicht vorbehandelten Patienten konnte mit der hoch dosierten Kombinationstherapie (zweimal täglich 1000 mg RG7128 sowie 900 mg Danoprevir) die Viruslast um 5,1 log10 IU/ml gesenkt werden.

  • Auch Patienten, bei denen eine frühere Standard-Therapie versagt hatte, profitierten von der Kombinationstherapie, was sich in einer Reduktion der Viruslast um 4,9 log10 IU/ml zeigte.

  • Bei einigen Patienten sankt die Viruskonzentration unter die Nachweisgrenze.

  • Bei den Probanden der Placebo-Gruppe wurde ein Anstieg der Viruslast um 0,1 log10 IU/ml festgestellt.
  • Die kombinierte Behandlung mit RG7128 und Danoprevir wurde allgemein gut vertragen und es gab keine Hinweise auf Therapieresistenzen.

Im Abschluss an diese zweiwöchige Phase-I-Studie erhielten alle Patienten die aus pegyliertem Interferon und Ribavirin bestehende Standardtherapie, so dass die Frage nach einem Anhalten des Therapieerfolges in weiteren Studien untersucht werden muss.

Die Autoren ziehen folgende Schlüsse: Es konnte gezeigt werden, dass eine Interferon-freie Kombination zu einer Abnahme der Viruslast führen kann. Die Kombination aus RG7128 und Danoprevir sollte daher weiter in weiteren Studien eingesetzt werden.


Quelle

Gane E., et al.: Oral combination therapy with a nucleoside polymerase inhibitor (RG7128) and danoprevir for chronic hepatitis C genotype 1 infection (Inform-1): a randomised, double-blind, placebo-controlled, dose-escalation trial. Lancet (2010) 376, 1467-1475.

Thomas D.: Curing hepatitis C with pills: a step toward global control. Lancet (2010) 376, 1441-1442.

Forestier N., et al.: Aktuelle Entwicklungen bei der HCV-Therapie. Hepatitis & more (2008) 1, 16-23.


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr

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