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Management
Synchronschwimmen oder Kontrastprogramm?
Gleich im ersten Jahr, als die Filialbildung von Apotheken in Deutschland erstmals möglich gemacht wurde, wurden über 600 Apothekenfilialen eröffnet. Bis 2008 kamen jährlich rund 500 bis 600 Filialen im deutschen Apothekenmarkt dazu. Zum Teil waren es Neugründungen, zum Teil wurden bestehende Apotheken in Filialen umfirmiert. Die Filialbildung schwächte sich in den letzten Jahren ab. 2010 wurde nur noch rund 230-mal von einer Filialisierung Gebrauch gemacht. Mittlerweile gibt es in Deutschland etwa 3500 Filialapotheken.
Der überwiegende Teil der Apotheken (etwa 15.400) hat derzeit keine Filiale. Eine leichte Zunahme ist bei Apotheken festzustellen, die eine Filiale (derzeit etwa 2020) gründen. Eine Hauptapotheke und zwei Filialen finden sich knapp 500-mal und Apotheken, denen gleich drei Filialen angeschlossen sind, sind mit rund 160 in der Minderzahl.
Betrachtet man Filialapotheken nach Umsatzklassen, so dominieren hier die Apotheken mit einem Umsatz zwischen 1 und 1,5 Mio. Euro, gefolgt von den Apotheken zwischen 0,5 und 1 Mio. Euro.
Ein Blick auf die steuerlichen Betriebsergebnisse von Filialapotheken zeigt, dass rund 21% der Filialen nicht rentabel arbeiten und Verlust machen, 29% allerdings erwirtschaften ein Betriebsergebnis zwischen 50.000 und 99.000 Euro.
Bei der Betrachtung der Personalsituation in Filialapotheken stellt man fest, dass Filialapotheken meist geringfügig knapper gefahren werden. So haben Filialapotheken im Westen 5 (im Osten 4,7) Vollzeitarbeitsplätze, Hauptapotheken dagegen im Westen wie im Osten 5,4 Vollzeitarbeitsplätze.
Was bei der Filialisierung passiert
Wenn eine bestehende Apotheke übernommen und filialisiert wird, fallen statt des kalkulatorischen Unternehmerlohns für einen Inhaber Arbeitgeberkosten für einen angestellten Filialleiter an. Statt mit kalkulatorischen Zinsen für eingesetztes Kapital ist bei der Filiale mit Fremdkapitalzinsen für geliehenes Kapital zu rechnen und statt kalkulatorischer Miete für die eigenen Betriebsräume schlägt bei einer in eine Filiale umgewandelten Apotheke die Miete für Apothekenbetriebsräume zu Buche. Tabelle 1 vergleicht die Kostenstruktur einer Einzelapotheke mit der einer Filiale. Sie zeigt, dass der Verfügungsbetrag bei einer Einzelapotheke in der Regel höher ausfällt. Warum also filialisieren – oder lieber doch nicht?
Einzelapotheke |
Filialapotheke |
|||
Tsd. Euro |
% |
Tsd. Euro |
% |
|
Gesamtumsatz |
1.420,0 |
100,0 |
1.451,0 |
100,0 |
Rohgewinn |
376,0 |
26,5 |
393,0 |
27,1 |
Personalkosten |
162,0 |
11,4 |
203,0 |
14,0 |
Sonstige Kosten |
126,0 |
8,9 |
139,0 |
9,6 |
Betriebsergebnis v. St. |
88,0 |
6,2 |
51,0 |
3,5 |
./. ESt |
29,0 |
Grundtabelle |
19,4 |
Höchstsatz |
+ GewSt. (§ 35EStG) |
8,9 |
3,7 |
||
./.Apo-Versorgung, KV |
21,0 |
0,0 |
Höchstsatz |
|
= Verfügungsbetrag p.a. |
46,9 |
35,3 |
Annahme: abzuziehende Tilgung = hinzuzurechnende Abschreibung Quelle: Treuhand Hannover GmbH
Motivation für Filialisierung
Die Gründe und die Motivation, warum Apothekeninhaber zu ihrer Hauptapotheke eine oder bis zu drei Filialapotheken hinzunehmen, sind vielfältig. Wohl alle streben einen größeren Unternehmenserfolg, einen höheren Ertrag an, was sich aber nicht immer realisieren lässt. Andere Motive sind Existenzangst, Zukunftssicherung, die Standortsicherung und die Konkurrenzabwehr. Aber auch mehr Einfluss und ein Versorgungsauftrag werden als Motive zur Gründung einer Filialapotheke genannt.
Die 10 "Musts"
Was unbedingt vor einer möglichen Filialisierung beachtet oder durchdacht werden sollte, fasst Diener in den "10 Musts" zusammen (siehe Tab. 2).
Tab. 2: Filialisierung – die 10 "musts"
1. Check des Kaufobjekts
2. Standortanalyse
3. Risikofaktoren
4. Kaufpreis & Finanzierung
5. nachhaltige Rentabilität der Betriebe
6. langfristig interessierte Berater
7. Filialleiter: Rolle, Rechte, Pflichten
8. Teams für jeden Betrieb
9. Apothekentyp und Authentizität
10. Marktauftritt Hauptapotheke und Filiale
|
Pflicht sind der Check des Kaufobjekts und eine Standortanalyse: Welche Lage hat die Apotheke, wo sind die Frequenzbringer, wie ist das Arztumfeld, das Einwohner- und das Apothekenumfeld? Wie sieht das Erscheinungsbild der Apotheke aus, in welchem Zustand sind die Betriebsräume, die EDV, wie groß ist der Kundenstamm, gibt es ein Qualitätsmanagementsystem, wie ist das Team aufgestellt?
Die Risikofaktoren des Objekts und seiner Lage sollte man kennen. Sie sind heute relativ höher als früher. Zu den Risikofaktoren gehören generell die aktuelle Pharmapolitik, die örtliche Raumplanung, die Konkurrenten und deren Verhalten sowie das Arztumfeld. Ein Risiko können auch die aktuelle Kundenzufriedenheit bergen, die Teamsituation, Vertragslaufzeiten von Mieträumen und EDV oder mehr oder weniger vorhandene Potenziale.
Kaufpreis und Finanzierung sind sauber durchzurechnen. Der Kaufpreis sollte mithilfe von Fachleuten nach betriebswirtschaftlichen Kriterien ermittelt werden. Zu berücksichtigen sind hier auch die Zahlungsfähigkeit und Verkaufspreiswünsche. Überprüft werden sollte die nachhaltige Rentabilität der Betriebe. Berechnungen dazu können vorab den nachhaltigen Verfügungsbetrag ermitteln. Diener empfahl, auf langfristig interessierte Berater zu setzen, die nicht nur den schnellen Verkauf im Auge haben.
Des Weiteren sollte man sich im klaren darüber sein, welche Rolle, Rechte und Pflichten ein Filialleiter hat. Besser ist es in der Regel, wenn der Filialleiter auch als Leiter der Apotheke angesehen und vom Arbeitgeber nicht nur als Mitarbeiter behandelt wird und der Inhaber als "Vor-Ort-Chef" in der Filiale nicht bei Allem mitreden will. Aufgaben und Kompetenzen des Filialleiters sind eindeutig zu definieren, ein Aufgaben- und Kompetenzkatalog hilft dabei. Empfehlenswert ist ein fest eingerichteter, turnusgemäßer Dialog zwischen Filialleiter und Inhaber (wöchentlich und Halbjahresgespräche). So können vereinbarte Ziele überprüft und Kriterien zur Erfolgsmessung festgelegt werden, nach denen sich beispielsweise auch variable Vergütungsanteile richten können.
Man sollte sich auch überlegen, welcher Apothekentyp die Filiale sein sollte, welche Authentizität sie haben sollte (z. B. eher eine Beratungsapotheke oder eine preisaktive Apotheke oder eine Apotheke, die sich auf eine bestimmte Kundengruppe ausrichtet). Hier spielt auch die Überlegung mit, welche Art von Apotheke man mit dem Team authentisch leben kann (beispielsweise Center-Apotheke, Landapotheke oder Dachmarkenkonzept-Apotheke).
Es müssen Teams für jeden Betrieb aufgestellt werden. Es ist in der Regel nicht ratsam, Mitarbeiter zwischen Haupt- und Filialapotheken wechseln zu lassen und nach Bedarf einzusetzen. Als Katastrophenstrategie bezeichnete es Diener, beispielsweise die besseren Mitarbeiter in der Hauptapotheke einzusetzen und die zweitbesten in der Filiale. Ratsam ist es zudem, klare Stellenbeschreibungen für alle Mitarbeiter inklusive festgelegter Berichtslinie an den Filialleiter festzulegen.
Und schließlich sollte man sich Gedanken zum Marktauftritt der Haupt- und der Filialapotheke machen.
Ausrichtung der Filialen
So steht am Anfang und am Ende aller Überlegungen die Frage, wie Hauptapotheke und Filiale ausgerichtet werden. Diener sieht hier im Wesentlichen zwei Strategien: Synchronschwimmen oder Kontrastprogramm.
Bei der gleichen Ausrichtung von Hauptapotheke und Filiale kann die Binnenorganisation von Synergien profitieren (EDV, Einkauf, Personal). Auch der Außenauftritt wie Logo, Front, Aktionen, Werbung oder Sortiment sind bei Hauptapotheke und Filiale gleich oder ähnlich aufgebaut. Hier ist das Leitbild ein Filialverbund.
Entscheidet man sich dagegen für ein Kontrastprogramm, kann man jeder Apotheke leichter eine eigene Authentizität verleihen. Die Betriebe arbeiten stärker separiert, die lokale Distanz ist meist größer. Dies setzt eine hohe Delegationsfähigkeit des Apothekeninhabers voraus.
Vortrag von Dr. Frank Diener, Treuhand Hannover GmbH-Steuerberatungsgesellschaft, auf dem Westfälisch-Lippischen Apothekertag, Münster, 12./13. März 2011.
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