Gesundheitspolitik

Was ist meine Apotheke wert – von der Sinnhaftigkeit von Unternehmensbewertungen

Andreas Kaapke

In den letzten Jahren waberte ein Zauberwort durch die Betriebswirtschaftslehre: Due Dilligence, also die Bewertung von Unternehmen. Due Dilligence bedeutet wörtlich übersetzt "mit gebotener Sorgfalt". Auch die Anforderungen der Banken an Unternehmen durch Basel 2 und vermutlich demnächst nun Basel 3 haben dazu geführt, dass Unternehmensbewertungen immer wichtiger und häufiger wurden. Eine Reihe von Anlässen kann eine Unternehmensbewertung notwendig machen. Erbschaft, Scheidung, Unternehmensnachfolge, Beteiligung, also generell die Änderung der Gesellschafterverhältnisse oder auch die Notwendigkeit Fremdkapital zu beschaffen verbunden mit der Pflicht, den Wert des Unternehmens hinreichend deutlich zu machen. Wenn sich die Eigentumsverhältnisse ändern, muss eine Bewertung erfolgen, schon aus steuerlichen Gründen, denn ansonsten vermutet der Fiskus, dass auf Käufer- oder Verkäuferseite bewusst ein steuermindernder Kaufpreis verhandelt wurde. Aber auch bei Erbschaft, Fusionen und ähnlichen Gesellschafterwechseln bedarf es einer seriösen Bewertung.

Unternehmensbewertungen können auch Sinn machen, um den richtigen Zeitpunkt für einen Verkauf der Apotheke zu erahnen. Denn Werte ändern sich – warum auch immer. Allein die Kostendämpfungsgesetze in den letzten zehn Jahren haben das Geschäftsmodell Apotheke nachhaltig verändert. So sind bei einer Bewertung sowohl die Substanz eines Unternehmens (gemessen an den Aktivposten einer Bilanz, insbesondere des Anlagevermögens) von Bedeutung, dazu kommt der zu bewertende Warenbestand aus dem Umlaufvermögen. Gefragt wird hier in erster Linie danach, was vom bestehenden Anlagevermögen bestehen bleiben muss, damit das Unternehmen fortgeführt werden kann. Dass die Vorräte im Sinne des Warenbestandes entweder bewertet werden müssen oder aber der Warenbestand neu aufgefüllt werden muss, liegt auf der Hand. Auf der anderen Seite ist es aber genauso wichtig, sich anzuschauen, welchen künftigen Ertragswert die Apotheke aufweisen kann, also welche Umsätze bei welchen Kosten in Zukunft mit der Apotheke an diesem Standort mit einer mehr oder minder einschätzbaren Situation zu erwarten stehen. Dies ist nicht ohne Weiteres ermittelbar, da erhöhte prognostische Fähigkeiten erforderlich sind. Zudem sind bestimmte Dinge nicht ohne Weiteres antizipierbar, die unter Umständen von der Apotheke selbst nicht oder nur eingeschränkt beeinflusst werden können. Gleichwohl sind derlei Bewertungen für vielerlei Fragen unabdingbar, da dadurch auch der Investitionsbedarf bzw. die Sinnhaftigkeit von Investitionen in den Fokus einer Apotheke gerückt werden. Gerade im Apothekenbereich konnte man allzu oft beobachten, wie schon lange vor einer geplanten Veräußerung bewusst auf Investitionen verzichtet wurde, da man nicht noch Geld in eine Apotheke stecken wollte, die man selbst abzugeben gedenkt. Dass dadurch aber die Verkäuflichkeit drastisch geschmälert wird (was sich in der Anzahl der Interessenten niederschlagen dürfte), die Geschäfte am Standort zu einem frühen Zeitpunkt schlechter wurden als notwendig und damit der Verkaufspreis ggf. weit unter den Wert gedrückt wird, der nach Abzug der Investitionskosten übrig geblieben wäre, wird nicht selten übersehen.

Allein deshalb macht es Sinn, sich der Frage des eigenen Unternehmenswertes in zweifacher Hinsicht zu stellen. Die Bilanz mag manches kundtun, aber nicht den Zukunftserwartungswert. Der Zukunftserwartungswert mag manches klarstellen, aber nicht Auskunft über die notwendige Substanz geben, um das Geschäftsmodell Apotheke betreiben zu können. Von daher sind Bewertungen idealtypisch in professionelle Hände zu legen und deren Interpretation am besten auch. Apotheken sind Heilberufler und Gott sei es gedankt mittlerweile in der Mehrheit leidliche Kaufleute. Das macht sie aber nicht zu Vollblutökonomen und schon gar nicht zu objektiven Betrachtern ihrer eigenen Sache. Egal, welches Motiv bzw. welcher Anlass für eine Bewertung vorliegt, Apothekenleiter sind gut beraten, externe Hilfe einzuholen, dies objektiviert, ist auch nach außen für Dritte als neutrale Meinung vermarktbar und schärft das eigene Urteilsvermögen. Auch wenn kein konkreter Anlass ansteht, ist eine Bewertung von Zeit zu Zeit ratsam, um sicherzustellen, dass man noch auf Spur ist. Die dafür anfallenden Kosten sind im Zweifel gut investiert und die Bewertung zeigt auch in einer Notsituation auf, dass der Apothekenleiter unternehmerisch denkt und betriebswirtschaftlich gerüstet ist. Der einzige Wermutstropfen soll aber nicht verschwiegen werden. Nicht selten liegen eigene Vorstellung und tatsächlich ermittelter Wert signifikant auseinander und leider verträgt nicht jeder Apotheker die Wahrheit – trotz gebotener Sorgfalt.


Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Bera-tungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2011, Nr. 12, S. 2

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