Gesundheitspolitik

Kooperationen im Apothekenmarkt

Andreas Kaapke

Zum dritten Mal fand im Februar der Kooperationsgipfel für Apotheken statt, zum zweiten Mal in Folge war ich dort Gast. Nähme man die absolute Teilnehmerzahl als Referenz, wäre die deutliche Steigerung als Indikator für den Bedeutungszuwachs des Themas zu bewerten. Mit über 200 ausgewiesenen Teilnehmern ist dies eine Hausnummer, die weit über dem Vorjahr liegt. Was war beobachtbar? Kooperationen sind hoffähig. Ohne, dass dies stärker umschrieben wurde, scheinen Kooperationen eine Lösung zur Klärung von unterschiedlichsten Fragen zu sein, die alleine nicht oder schwer lösbar sind. Dies zeigt auch die Geschichte des Einzelhandels, aus der deutlich die einzelnen Kooperationswellen aufgezeigt werden können. Dies vor Augen sind Apotheken spät dran. Zu spät? Apothekenland ist Entwicklungsland, womit gemeint ist, dass aus den Stärken aus anderen Branchen gelernt werden kann und Fehler vermieden werden müssen. Auf der Tagung hat Prof. Zentes prognostiziert, dass das Füllhorn an Kooperationen, wie es anzutreffen ist, auf Dauer nicht überlebt. Als Beweisführung kann man Branchen des Einzelhandels heranziehen, in denen relativ viele unterschiedliche Kooperationen, die sich zu Beginn breit gemacht hatten, mehr und mehr konsolidiert wurden und nun in der Regel jeweils zwischen zwei und zehn Verbundgruppen, also Kooperationen zwischen unabhängigen inhabergeführten Geschäften bestehen. Dies blendet aber eines aus: dass in diesen Branchen – weil keine gesetzliche Regulierung – Großbetriebsformen erlaubt sind. In dem Ausmaß, in dem Filialsysteme und Franchiseorganisationen Einzug in diverse Märkte hielten, wurden kooperierende Verbundsysteme konsolidiert. Dies hört sich kritisch an, ist so aber nicht gemeint. Das ist Wettbewerb – auch oder gerade Wettbewerb der Systeme. Im Consumer Electronics Markt koexistieren auf in etwa gleichem Niveau die beiden starken Filialisten Media Markt und Saturn auf der einen Seite und die Verbundgruppen Expert, Electronic Partner und Euronics auf der anderen Seite. Nimmt man die Zahl der Betriebsstätten im Drogeriehandel, hat sich die Zahl der Verkaufsstellen ja nicht verringert, die einzelnen Geschäfte sind nur anderen Organisationseinheiten zugeordnet. Würde also nicht liberalisiert, gibt es zunächst noch keine Hinweise, warum nicht auch viele unterschiedliche Kooperationsformate eine Existenzberechtigung hätten. Es wäre lohnend der Frage nachzugehen, welche Geschäftsmodelle im Apothekenmarkt für Kooperationen Sinn machen würden, wie die Abgrenzung aussehen muss und welche Vorteile jeweils damit einhergehen. Auf dieser Grundlage könnten dann die Apotheken sondieren, welche Kooperation am besten passt und die Kooperationen Ausschau halten, welche Apotheken am besten passen. Wenn dann von jedem Geschäftsmodell zwei bis drei Anbieter vorhanden sind, hat man die Zahl der überlebensfähigen Apothekenkooperationen definiert.

In einem Punkt werden Kooperationen immer wieder unterschätzt. Ihr Geschäftsmodell aus Markt und Hierarchie, also bindenden Elementen und gesellschaftsrechtlich definierten Freiheitsgraden, kann bei geschickter Balance wunderbar funktionieren. Hier trotzt ein Verbundsystem jedem Wettbewerber – auch größeren Filialisten. Es war und bleibt betörend, die Mischung aus freiem Unternehmertum und der Eingebundenheit in ein Korsett zu beobachten.

Darin liegt aber auch die große Schwäche. Wenn das Ziel der Kooperation der kleinste gemeinsame Nenner wird und nicht das größte gemeinsame Vielfache, hat man schon verloren. Die gute alte Gleichung lautet 2 + 2 = 5. Schon bei einer gemeinsam erzielten Vier kommen Zweifel an der Notwendigkeit auf, erzielt man durch Konflikte und Reibungsverluste weniger als eine Vier, wird die Kooperation schnell beklemmend. Deshalb sind die Vergleiche zu partnerschaftlichen Beziehungen auch immer wieder richtig und humorvoll. Wenn der Partner mehr lähmt als animiert, wenn die gemeinsam verbrachte Zeit eher behindert als fördert und wenn die Kooperation mehr kostet als nutzt, dann ist das Scheitern vorprogrammiert. Deshalb muss immer wieder eingeklagt werden, dass Kooperationen einen hohen Verbindlichkeitsgrad brauchen und nur Mitglieder dazu gehören sollten, die bereit sind, diesen Verbindlichkeitsgrad einzuhalten. Drum prüfe, wer sich ewig bindet. Wenn es gut läuft, kommt man in den Genuss einer gut laufenden Großfamilie, wenn es schlecht läuft eines steuerfreien Hühnerhaufens. Auf dem Kongress war die Harmonie deutlich höher als das Gegacker, ob das als langfristiger Indikator herhalten kann, war nicht eindeutig zu klären, kurzfristig tat es gut.


Andreas Kaapke


Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Bera-tungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2011, Nr. 14, S. 2

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