Gesundheitspolitik

Sahne für die anderen

Peter Ditzel

Die Zeit ist reif. Die Öffentlichkeit muss wissen, dass es Deutschlands Apotheken nicht mehr gut geht. Die betriebswirtschaftlichen Zahlen des ersten Quartals zeigen, dass Deutschlands Apotheken unter dem Druck von AMNOG (vor allem Großhandelsabzüge, Apothekenabschlag für Kassen), Rabattverträgen, steigenden Kosten und Bürokratie leiden. Ein verschärfter Wettbewerb bei OTC-Preisen, getrieben durch Versandapotheken und Pick-up-Stellen, die ihre Strategie zur "Apotheke im Drogeriemarkt" ausbauen, setzen der Apotheke vor Ort nicht nur wirtschaftlich zu, sondern untergraben in der Bevölkerung auch den Respekt vor dem Arzneimittel als besondere Ware. Das kann letztlich sogar der Volksgesundheit schaden.

Wo man hinhört und hinsieht: Apotheken im Stimmungstief. Umfragen unter Apothekerinnen und Apothekern in Baden-Württemberg und Hessen lassen erkennen, dass eine große Mehrheit mit schlechtem Umsatz und noch schlechterem Ertrag für dieses Jahr rechnet. Wir müssen der Politik und der Öffentlichkeit nun deutliche Signale senden, dass es nicht gut aussieht für die öffentliche Apotheke, die Apotheke vor Ort. Wenn in dieser Woche die Verbandsfunktionäre auf dem Wirtschaftsforum des Deutschen Apothekerverbands (DAV) in Potsdam tagen, dann sollten von dort aus klare Botschaften ausgesandt werden: "Es geht an unsere Existenzgrundlage", wie es unlängst DAV-Chef Fritz Becker formulierte. Wichtig ist es jetzt, dass die Politik versteht: Das ist kein Gejammere oder Zweckpessimismus, sondern bitterer Ernst.

Einen öffentlichkeitswirksamen Anfang haben die Apothekerverbände in Hessen und Rheinland-Pfalz gemacht. Am Beispiel des Aufbaus eines Sahneyoghurt-Obsttörtchens werden die Anteile am Arzneimittelpreis aufgeschlüsselt: die leckeren Früchte für den Staat, der dicke Sahneyoghurt für die Industrie, den dünnen trockenen Boden für Apotheken und Großhandel. Es soll mit dem Märchen aufgeräumt werden, dass Apotheken an den hohen Arzneimittelpreisen schuld seien. Ein guter Ansatz. Vielleicht hätte man noch eine süße Geleezwischenschicht einziehen sollen, nämlich den Anteil der Krankenkassen, den diese durch Rabattverträge und den Apothekenzwangsabschlag erhalten. Auch wenn die ABDA die Aktion ihrer Verbände kritisch sieht – sie machen wenigstens was. Denn die Zeit ist reif: Die Öffentlichkeit muss wissen, dass Sahne und Früchte andere bekommen, nicht die Apotheken.


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 18, S. 1

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