Management

Wie sich Apotheken erfolgreich positionieren

Apotheken im Wettbewerb mit Internet und Drogeriemärkten

Auch Apotheken müssen sich heute dem Verdrängungswettbewerb stellen. Nicht nur der klassische Einzelhandel und Drogeriemärkte, vor allem auch das Internet hat die Wettbewerbssituation drastisch verändert. Hier hilft eine klare Positionierung.
Kundenbindung durch Freundlichkeit ist nur eine Möglichkeit, die der Apotheker heute nutzen muss, um im Wettbewerb mit anderen Anbietern bestehen zu können. Eine Analyse des Marktumfelds und des eigenen Auftritts gehören ebenfalls dazu.
Foto: AZ/Schelbert

Warum sollten Kunden ihr Rezept in der Stadtapotheke einlösen und nicht beim Wettbewerber im Internet? Warum sollten sie Zahnseide und Mundspülung in der Apotheke drei Straßen weiter kaufen und nicht in der Billig-Drogerie um die Ecke? Und warum sollten sie für Handcreme und Bodylotion in die Apotheke mitten in der Shopping-Mall gehen und nicht in eine der dort ebenfalls niedergelassenen Parfümerien oder Marken-Shops? Wer auf all diese Fragen als Apotheker keine Antwort hat, wird über kurz oder lang ein Problem bekommen: Ihm laufen die Kunden davon. Schließt dann noch der Allgemeinarzt zwei Häuser weiter seine Praxis oder bezieht die nahe gelegene Gemeinschaftspraxis neue Geschäftsräume in einem anderen Stadtteil, ist das Problem existenziell.

Die Zielgruppe bestimmen

So weit sollte es natürlich erst gar nicht kommen. Doch selbst wenn eine Apotheke über eine gute Stammkundschaft verfügt und auch Gelegenheits- beziehungsweise Laufkunden dort kaufen, lohnt es sich, über die eigene Positionierung nachzudenken. Denn immer mehr müssen sich Apotheken wie der klassische Einzelhandel darüber klar werden, wo sie ihre Schwerpunkte setzen wollen, in welchen Bereichen sie sich als Experte positionieren wollen, welche Kundengruppe sie bevorzugt ansprechen wollen und wie sie sich künftig ausrichten wollen.

Dies beginnt schon damit, dass sich Apothekenleiter darüber klar sein sollten, welche Hauptzielgruppe sie derzeit überhaupt bedienen – und wer möglicherweise noch nie zu ihnen gekommen ist. Des Weiteren sollten sich Apothekenleiter überlegen, auf welche Kundengruppe sie sich künftig fokussieren wollen, ob sie sich eventuell neu positionieren wollen und müssen und ob es sich lohnt, beispielsweise in die Erweiterung der Apotheke zu investieren.

Auch kann sich die Frage stellen, ob neue Geschäftsräume nötig sind, um etwa aus der traditionellen Dorfapotheke ein modernes "Gesundheitscenter" zu machen, das nicht nur Patienten anspricht, die ihr Rezept einlösen, sondern auch Zielgruppen, die sich nicht als Patienten sehen, sondern als mündige, informierte Verbraucher, die gerne in ihre Gesundheit und Fitness investieren.

All das muss gut überlegt sein. Denn wer an einem Standort tätig ist, bei dem eine klar eingegrenzte Zielgruppe kauft, der muss sich zwangsläufig an ihr orientieren. Oder er erweitert gezielt sein Einzugsgebiet beziehungsweise stellt sich ganz neu auf. Hier ist eine genaue Standort- und Wettbewerbsanalyse sinnvoll.

Den Blick erweitern

Grundsätzlich haben Apotheken heute ganz andere Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen, als vor zehn oder zwanzig Jahren. Zeitungsbeilagen mit Sonderangeboten aus dem Ergänzungssortiment, Anzeigen, Aktionen, Werbegemeinschaften, Stadtmarketing, Kooperationen mit Sport- und Gesundheitseinrichtungen – all das bietet die Möglichkeit, neue Kunden auf sich aufmerksam zu machen und das Einzugsgebiet auszudehnen. Von daher sollten Apotheken auch die Möglichkeiten prüfen, sich neu beziehungsweise stärker zu profilieren und sowohl ihr Sortiment, als auch ihren Auftritt und ihr Marketing speziell auf die neue Wunschzielgruppe abzustimmen.

Ein typisches Beispiel ist die traditionelle Dorfapotheke, deren Bestehen im Wesentlichen von den dort ansässigen Ärzten gesichert wird: So besteht die Hauptzielgruppe aus Kassenpatienten, die dort lediglich ihre verordneten Medikamente beziehen. Die Apotheke hat sich darauf eingestellt und die gängigen und häufig verordneten Arzneimittel stets vorrätig. Das Ergänzungssortiment besteht im Wesentlichen aus Arzneitees, Hustenbonbons sowie wenigen Zahnpflegeprodukten. Für einen großen Freiwahlbereich oder sogar ein gut sortiertes Kosmetiksortiment fehlen sowohl die Präsentationsfläche als auch die Käufer. Bislang jedenfalls. Und da der Platz ohnehin so beengt ist, macht sich auch kein Mitarbeiter die Mühe, Ergänzungsprodukte so attraktiv zu platzieren, dass sie zu Spontankäufen einladen. Man orientiert sich an der Regel: "Wer etwas sucht und benötigt, der fragt schon danach. Und notfalls muss man es eben bestellen."

Wachstumspotenzial identifizieren

Dass es hier in der bisherigen Form kein Wachstumspotenzial gibt, liegt auf der Hand. Es sei denn, es verändert sich etwas am Umfeld und Erscheinungsbild. So kann selbst die unscheinbare Apotheke, die bislang überwiegend von Anwohnern aufgesucht wird, den Wandel zur modernen, zukunftsorientierten Apotheke durchlaufen, wenn sich das Apothekenteam klar darüber ist, wie es sich künftig aufstellen und welche Zielgruppen es erreichen will.

Beispielsweise können Pendler, die tagtäglich an dem betreffenden Ort vorbeifahren – oder ihn sogar durchfahren – durchaus zu Kunden werden, wenn sie die Apotheke als attraktiv wahrnehmen. Vielleicht ist es ihnen sogar lieber, auf dem Hin- oder Nachhauseweg dort ohne Parkplatzprobleme zu halten, als die kostbare Mittagspause für hektische Einkäufe und Apothekenbesuche zu opfern.

Hinweisschilder am Ortseingang, Anzeigen in der Lokalpresse – oder ein kostenloser PR-Text für das Anzeigenblatt in der Nachbarregion: Erfolgsentscheidend ist, dass diese neue Wunschzielgruppe die Apotheke wahrnimmt und als echte Alternative für sich sieht. Mit Einmalaktionen erzielen Apotheker jedoch keinen nachhaltigen Erfolg. Entscheidend ist die langfristige Strategie und deren professionelle Umsetzung.

Attraktives Erscheinungsbild

Ein attraktives Erscheinungsbild ist einer der absoluten Muss-Faktoren. So sollten Fassade und Schaufenster modern und einladend wirken, die Dekoration aktuell und interessant. Graue, trostlose Fassaden ziehen keine Kunden an – schon ein neuer, frischer Anstrich des Gebäudes kann das gesamte Erscheinungsbild ändern.

Vielleicht ist es aber auch an der Zeit, einmal über einen Umzug in neue Räumlichkeiten nachzudenken. Selbst in kleineren Gemeinden entstehen immer mehr Zentren, die Einkaufsmöglichkeiten und medizinische Versorgung in unmittelbarer Nähe gewährleisten: Für Apotheken ein ideales Umfeld, wenn beispielsweise niedergelassene Ärzte und Physiotherapeuten neue Kunden zuführen.

Synergieeffekte prüfen

Dabei können selbst durch ursprüngliche Wettbewerber Synergieeffekte entstehen. Beispielsweise können eine benachbarte Drogerie, ein Supermarkt oder ein Kaufhaus Apotheken zusätzliche Kunden bescheren. Aber auch neu entstandene Sportcenter, Fitnessstudios, Massagepraxen etc. sind ein Umfeld, von dem Apotheken nur profitieren können. Und von dem sie gezielt erfahren können, wie sie ihr Ergänzungssortiment gewinnbringend erweitern, beispielsweise indem sie das Thema "Gesunde Ernährung" oder "Fitness und Wellness" zu Aktionen nutzen, um Neuprodukte vorzustellen. Zudem bieten solche Einrichtungen häufig Werbeflächen in Ausstellungsvitrinen oder am Schwarzen Brett an beziehungsweise stellen Ständer für Infobroschüren und Flyer zur Verfügung. Davon Gebrauch zu machen, lohnt sich allemal.

Gespräche führen

Zusätzlich empfiehlt es sich, Gespräche mit Therapeuten, Ärzten und anderen Geschäftsleuten zu führen: Wenn sie wissen, dass die nahegelegene Apotheke demnächst ihr Sortiment erweitert oder der Leiter erwägt, die Apotheke zu modernisieren, können diese Personen wichtige Impulsgeber sein. Zudem lässt sich auf diese Weise ein wechselseitiges Empfehlungsnetzwerk aufbauen: So können Apotheker den benachbarten Ärzten, Behandlern und Geschäftsleuten neue Kunden zuführen. Umgekehrt können diese ihre Kunden und Patienten darauf aufmerksam machen, dass sie die gewünschten Produkte auch gleich um die Ecke bekommen.

Sich positiv herausheben

Erfolgsentscheidend ist letztlich, sich so zu positionieren, dass die Apotheke positiv auffällt. Und dass sofort sichtbar und erlebbar wird, was das Besondere daran ist. Deshalb ist es sehr wichtig, die Mitarbeiter in den Veränderungsprozess mit einzubeziehen und aktiv daran zu beteiligen. Denn gerade sie müssen voll und ganz dahinterstehen, damit die Neuausrichtung erfolgreich gelingt.

Apothekenleiter sollten nicht nur in der Planungs- und Umsetzungsphase, sondern vor allem auch danach stets offen sein für Feedback, und zwar sowohl von den Kunden als auch von den Mitarbeitern. Denn nur eine offene Kommunikation ermöglicht es, bei Bedarf Korrekturen vorzunehmen – sei es in der Strategie oder in der Umsetzung. So muss sich das Team darauf einstellen, dass in der Anfangsphase noch nicht alles glatt läuft. Wenn jedoch alle ihren Teil dazu beitragen und ein gemeinsames Ziel haben, wird dies den Zusammenhalt im Team stärken. Und das spüren auch die Kunden und Patienten.


Regina Mittenhuber, Kevelaer



AZ 2011, Nr. 20, S. 6

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