Gesundheitspolitik

Packungsgrößen: Umstellung auf Reichdauerorientierung fällt aus

2013 soll es kein erneutes Chaos in den Apotheken geben

Berlin (lk). Um neuen Ärger in den Apotheken zu vermeiden, fällt die für Mitte 2013 geplante Umstellung der Packungsgrößen auf Reichdauerorientierung aus. Nach AZ-Informationen sollen die mit der zum 1. Mai 2011 in Kraft getretenen Regelungen der Packungsgrößenverordnung für im Markt befindliche Arzneimittel nicht mehr geändert werden und über2013 hinaus Gültigkeit besitzen.

Arzneimittelhersteller und Apotheken hatten gegen die erneute Umstellung der Packungsgrößen seit Monaten heftig protestiert. Jetzt hat sich das Bundesgesundheitsministerium mit den Verbänden der Arzneimittelhersteller auf ein Verfahren im Verwaltungsweg verständigt, das eine erneute Umstellung überflüssig macht. Damit ist die Sorge der Apotheker weitgehend obsolet, dass mit der eigentlich für Mitte 2013 geplanten Umstellung die Zahl der Großpackungen weiter steigt. Dies hätte für die Apotheker zu weiteren Honorareinbußen geführt.

Auch die Arzneimittelhersteller hatten vor erheblichen Umstellungskosten gewarnt und in der Anhörung des Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages demonstrativ riesige Verpackungsschachteln auf ihre Tische gelegt. Zudem kritisierten die Hersteller, dass für Deutschland dann andere Größen als für andere Länder produziert werden müssten.

Jetzt sollen nur noch für neu auf den Markt kommende Arzneimittel die Packungsgrößen an der Reichdauer orientiert werden. Dafür sollen bis November 2011 Details erarbeitet werden, die die Bestimmungen in anderen EU-Ländern berücksichtigen. Damit will man ein neues Chaos in den Apotheken wie zu Jahresbeginn ausschließen. Ursprünglich war geplant, dass die Umstellung der Normpackungsgrößen für alle Packungen auf eine Reichdauerorientierung zum 1. Juli 2013 erfolgen sollte.

Nach AZ-Informationen verständigten sich auf einem Treffen der Arbeitsgruppe ATC/DDD am 16. Mai Vertreter des Deutschen Instituts für Medizinische Information und Dokumentation (DIMDI) und des Bundesgesundheitsministeriums informell auf dieses Vorgehen. Im Rahmen einer Sondersitzung hatte man sich dort mit der geplanten Verwaltungsvorschrift zur Packungsgrößenverordnung befasst. Insbesondere wurde die Systematik der neuen Vorschrift sowie Fragen der Einbeziehung des Bestandsmarkts und die Packungsgrößenkennzeichnung neuer Arzneimittel diskutiert. Vor allem vor dem Hintergrund der AMNOG-Gesetzesbegründung, nach der die Verwaltungsvorschrift so auszugestalten ist, dass die Packungsgrößen im Bestandsmarkt weitestmöglich unverändert bleiben sollen, ist nun geplant, die aktuellen Anlagen der Packungsgrößenverordnung in die Verwaltungsvorschrift zu übernehmen. Damit wäre die im AMNOG vorgesehene Reichdauerorientierung (10, 30 bzw. 100 Tage) in der Praxis ausgehebelt. Das DIMDI will einen Entwurf für die Verwaltungsvorschrift bei der nächsten Arbeitsgruppensitzung im November vorlegen.

Ein BMG-Sprecher bestätigte dies und erklärte auf Anfrage: "Mit der zum 1. Mai in Kraft getretenen Packungsgrößenverordnung wurde die Umstellung auf Reichdauerorientierung für den Bestandsmarkt im Wesentlichen vorgenommen."

Zuspruch von Apotheker- und Herstellerverbänden

Arzneimittelhersteller wie Apothekerverbände begrüßten die Kehrtwende: "Wir freuen uns, dass der Gesetzgeber die Hinweise der Apotheker ernst genommen und jetzt ein Einsehen hat", kommentierte DAV-Sprecher Thomas Bellartz das Vorgehen gegenüber der AZ.

"Pro Generika begrüßt, dass das Bundesgesundheitsministerium mit der nun vorliegenden Systematik das reale Verordnungsgeschehen zur Grundlage der Packungsgrößenverordnung gemacht hat. Damit konnte einerseits das politische Ziel der erhöhten Markttransparenz erreicht werden und andererseits der bürokratische Aufwand für die Generikaunternehmen, die ja überproportional betroffen sind, reduziert werden. Letztendlich liegen der Packungsgrößenverordnung jetzt auch relevante Therapiezyklen zugrunde. Eine nochmalige Umstellung ist zumindest für den Bestandsmarkt aus unserer Sicht daher entbehrlich. Es ist gut, dass das BMG und das DIMDI in dieser Frage mit den Marktakteuren auch in den kommenden Monaten im engen Dialog bleiben", erklärte Bork Bretthauer, Geschäftsführer des Branchenverbandes Pro Generika.

Auch der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) sieht positive Ansätze: "Zum 1. Mai 2011 wurden die Anlagen der Packungsgrößenverordnung vom BMG umfangreich überarbeitet. Dabei wurde der Markt- und der ärztlichen Verordnungsrealität Rechnung getragen. Das Ergebnis stellt ein solides Konzept für den Arzneimittelmarkt dar. Es ist auch für die Zukunft tragfähig. Es ist daher begründet, diese Systematik im Hinblick auf den Termin Juli 2013 beizubehalten. Das Vorgehen berücksichtigt die AMNOG-Gesetzesbegründung, nach der die Verwaltungsvorschrift des DIMDI so auszugestalten ist, dass die Packungsgrößen im Bestandsmarkt weitestmöglich unverändert bleiben sollen. Jetzt kommt es insbesondere darauf an, ein Verfahren zu etablieren, mit dem für Arzneimittel, die in der bestehenden Systematik der Packungsgrößenverordnung nicht sinnvoll abzubilden sind, kurzfristig geeignete Packungsgrößen abgestimmt werden können", so BPI-Sprecher Joachim Odenbach zur AZ.



AZ 2011, Nr. 21, S. 1

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