Management

Aufmerksamkeit bis zum letzten Blick

Die Verabschiedung – wichtiges Instrument der Kundenbindung

Der Kunde ist (anscheinend) zufrieden und will die Apotheke verlassen. Jetzt ist der Moment gekommen, in dem der Apotheker die Kundenbindung verstärken kann – nicht einfach nur durch ein freundliches "Auf Wiedersehen", sondern indem er dem Kunden einen Vorteil verschafft, mit dem dieser nicht gerechnet hat.
Ein guter Schluss ziert alles – Nach ausführlicher Beratung kann durchaus ein wenig Small Talk angebracht sein – natürlich nur, wenn keine anderen Kunden warten.
Foto: Barmer

Eine Binsenweisheit: Meist ist es viel einfacher, einem Kunden, der schon einmal etwas gekauft hat, wieder etwas zu verkaufen, als einen neuen Kunden zu gewinnen. Die Voraussetzung: Der Kunde hat eine positiv-angenehme Erinnerung an den letzten Apothekenbesuch. Dabei spielt die Verabschiedung eine wichtige Rolle. Sie trägt entscheidend dazu bei, mit welchem "letzten Eindruck" der Kunde die Apotheke verlässt. Der letzte Eindruck – er wird im Vergleich zum berühmt-berüchtigten ersten Eindruck sträflich vernachlässigt. Wenn der Kunde die Apotheke mit dem Gedanken verlässt: "Die sind froh, dass sie mir etwas verkaufen konnten, und haben es jetzt noch nicht einmal nötig, mir anständig ein ‚Auf Wiedersehen‘ zu wünschen", hat das Apothekenteam den Kunden im schlimmsten Fall zum letzten Mal gesehen.

Interesse nicht verlieren

Besser ist es darum, ein wenig Gedankenschmalz auf diese letzte Phase des Kundenkontakts zu verwenden – das "Grundgesetz" lautet: Die ungeteilte Aufmerksamkeit und das Interesse des Apothekers und seiner Mitarbeiter gehören bis zuletzt dem jeweiligen Kunden. Übrigens auch dann, wenn er "nur" ein Rezept eingelöst oder nach der intensiven Beratung im Frei- und Sichtwahlbereich doch nichts gekauft hat.

Und wenn es dann einmal nicht anders geht und sich der Apotheker einem anderen Kunden zuwenden oder sich um eine Angelegenheit kümmern muss, sollte er es nicht versäumen, sich mit einer angemessenen Begründung vorzeitig zurückzuziehen: "Entschuldigen Sie bitte, haben Sie etwas dagegen, wenn ich mich um den nächsten Kunden kümmere? Wir sind heute personell etwas unterbesetzt."

Zusatznutzen ansprechen

Eine Möglichkeit, den Kundenkontakt zu stärken und sich als kundenorientierte Apotheke im Gedächtnis des Kunden zu verankern, besteht darin, diesem einen Nutzen zu erweisen, mit dem er nicht rechnet. Dem ortsunkundigen Kunden, der die Stadt ein wenig kennen lernen möchte, empfiehlt der Apotheker ein paar Sehenswürdigkeiten und erläutert ihm, wo sich – zum Beispiel – das nächstgelegene Café befindet. Hat er im Gespräch zuvor mitbekommen, dass der Kunde noch ein Geburtstagsgeschenk kaufen will, schlägt ihm der Apotheker vor, doch mal im Kaufhaus Müller vorbeizuschauen. Dort gibt es heute Sonderangebote.

Das Prinzip ist stets: Durch aufmerksames Zuhören spürt der Apotheker Möglichkeiten auf, dem Kunden zu einem Zusatznutzen zu verhelfen. Indem er die Aktion an das Gesprächsende legt, bleibt sie haften und hinterlässt einen Eindruck, der zur Kundenbindung beiträgt.

Kleine Gesten erhalten die Freundschaft

Kleinigkeiten tragen ebenfalls zur Kundenbindung bei. Die Mindestanforderung an das Apothekenteam ist, den Kunden zum guten Schluss mit seinem Namen anzusprechen. Das setzt gerade bei Neukunden oder Menschen, die die Apotheke nicht so häufig aufsuchen, voraus, den Namen dann auch präsent zu haben, ihn sich also richtig zu merken. Nichts wirkt peinlicher, wenn Frau Schmitt mit "Frau Schmitz" verabschiedet wird.

Kleine Gesten wie ein Lächeln und ein letzter Blickkontakt tragen zur Verbesserung der Kundenbeziehung bei. Eine weitere Alternative ist, dem Kunden ein kleines Präsent zu überreichen – das bietet sich insbesondere etwa zur Weihnachtszeit oder anderen Festtagen an.

Wie sieht es mit dem Versuch aus, einen Zusatzverkauf zu tätigen und dem Kunden etwa ein Produkt aus dem Handverkaufsaufsteller zu präsentieren? Das ist ein zweischneidiges Schwert. Denn für den Kunden ist das eigentliche "Geschäft" abgeschlossen – wenn der Apotheker in diesem Moment den Versuch eines Zusatzverkaufes startet, kommt sich so mancher Kunde ausgenutzt vor. Erfolgversprechender ist es, wenn der Apotheker ihn auf das Angebot hinweist, ihm regelmäßig nutzenorientiertes Informationsmaterial zuzusenden – der Allergiker etwa erhält eine Broschüre mit den entsprechenden Inhalten.

Kundentypus beachten

Wie die Verabschiedungsphase konkret ausfällt, ist auch vom Kundentypus abhängig. Wenn der Apotheker weiß, dass er es mit einem eiligen Menschen zu tun hat, sollte er davon absehen, die "Abschiedsszene" unnötig in die Länge zu ziehen. Für den Eiligen ist es zuweilen sogar störend, wenn ihm der Apotheker "etwas Gutes" tun, also einen Zusatznutzen stiften will.

Beim geltungssüchtig veranlagten Kunden hingegen sollte der Apotheker auf jeden Fall die Weiterempfehlungsfrage stellen. Und das nicht einmal, um tatsächlich eine Empfehlung zugesagt zu bekommen. Es geht vielmehr darum, dem jetzigen Kunden zu zeigen: "Sie sind ein wichtiger Kunde für mich, den ich bitten möchte, mich weiterzuempfehlen!"

Der kommunikativ-gesprächige Kunde freut sich gewiss über einen Small Talk zum Abschluss. Allerdings darf der Apotheker nicht übertreiben: Wenn drei oder vier Kunden sehnsuchtsvoll darauf warten, endlich bedient zu werden, ist es für diese ärgerlich, wenn man sich dort vorne an der Verkaufsfläche noch einmal über das Wetter unterhält. In dieser Situation muss der Apotheker den goldenen Mittelweg finden zwischen der Aufmerksamkeit, die der aktuelle Kunde verdient, und dem Interesse, das er der wartenden Kundschaft schuldet.

Vernachlässigen darf der Apotheker überdies nicht die Tatsache, dass wartende Kunden sehr sensibel registrieren, wie dem "Vorgänger" begegnet wird. Ein Extrembeispiel: Wenn der wartende Kunde hautnah mitbekommt, wie unhöflich und unfreundlich der Kunde vor ihm behandelt wird, zieht er die entsprechenden Rückschlüsse. Seine Beziehung zu dem Apotheker steht von Beginn an unter einem schlechten Stern.

Passende Worte zum Abschied

Oft ist es sinnvoll, zur Verabschiedung dem jeweiligen Kundentypus ein paar passende Worte mit auf den Weg zu geben, etwa:

  • Beim Fragensteller bietet es sich an, zu sagen: "Vielen Dank und auf Wiedersehen. Ich hoffe, ich konnte alle Ihre Fragen zu Ihrer Zufriedenheit beantworten."

  • Den geltungssüchtigen Besserwisser bittet der Apotheker, ihm beim nächsten Apothekenbesuch auf jeden Fall von seinen Erfahrungen mit der Hautcreme zu berichten.

  • Dem unentschlossenen Kunden, der nach langem Hin und Her doch noch etwas gekauft hat, gibt er mit auf den Weg: "Ich bin sicher, dass Sie die richtige Entscheidung getroffen haben."

Fazit

Es ist schade, wenn ein Kundenkontakt, der bis dahin zur Zufriedenheit des Kunden und des Apothekers verlaufen ist, durch eine unzureichende Verabschiedung zerstört wird. Denn der Kunde wird dies nicht so schnell vergessen. Darum ist es wichtig, dass der Apotheker im und mit dem Team, also gemeinsam mit den Mitarbeitern, Strategien überlegt, wie diese letzte Phase des Kundengesprächs optimal ausgestaltet werden kann.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2011, Nr. 23, S. 6

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