Gesundheitspolitik

OTC sollen Satzungsleistung werden

Versorgungsgesetz: Wettbewerb unter gesetzlichen Kassen soll gefördert werden

Berlin (ks). Gesetzliche Krankenkassen sollen ihren Versicherten künftig mehr Satzungsleistungen anbieten können – beispielsweise die Kostenübernahme für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel. Dies sieht der nunmehr vorliegende offizielle Referentenentwurf des "Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung" (GKV-VSG) vor. Die Kassen sollen sich hierdurch im Wettbewerb besser profilieren können. Ob sie die neuen Möglichkeiten allerdings tatsächlich wahrnehmen werden, steht in den Sternen.

Die in § 11 SGB V normierten Leistungsarten sollen nach dem Gesetzentwurf um einen Absatz erweitert werden. Danach kann die Krankenkasse in ihrer Satzung "zusätzliche vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität" in verschiedenen Versorgungsbereichen vorsehen. Genannt sind etwa der Bereich der medizinischen Vorsorge- und Rehabilitation, der künstlichen Befruchtung, der zahnärztlichen Behandlung – wenn auch ohne die Versorgung mit Zahnersatz – , die Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln sowie Leistungen von nicht zugelassenen Leistungserbringern. Da die Leistungen vom G-BA nicht ausgeschlossen sein dürfen, können allerdings auch die gemäß § 34 SGB V ausgeschlossenen Arznei- und Hilfsmittel nicht Gegenstand von Satzungsleistungen sein – eine Ausnahme bilden die nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel nach § 34 Absatz 1 Satz 1 SGB V. Sie dürfen künftig ganz offiziell von den Kassen angeboten werden.

Finanziert werden sollen die Leistungen aus Zusatzbeiträgen – jedenfalls sofern die Mehrausgaben nicht aus den Zuweisungen des Gesundheitsfonds oder vorhandenen Finanzreserven abgedeckt werden können. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die erweiterten Satzungsleistungen auch helfen können, aufwendigere Behandlungen zu verkürzen oder zu vermeiden, heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs. Somit ließen sich Einsparungen erzielen. Weiterhin wird ausgeführt, dass der neue § 11 Absatz 6 SGB V die wettbewerblichen Handlungsmöglichkeiten der Kassen stärke. Der erste Schritt in Richtung eines transparenten Preiswettbewerbs sei bereits mit dem GKV-Finanzierungsgesetz und der schrittweisen Einführung einkommensunabhängiger Zusatzbeiträge geschehen.

Der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) begrüßt die geplante Möglichkeit für Krankenkassen, rezeptfreie Arzneimittel als Satzungsleistung anbieten zu können: Dies entspreche einer grundsätzlichen Position des BAH, die der Verband gegenüber dem Gesetzgeber stets kommuniziert habe. Dass die Kassen nun umfänglich von dieser neuen Option Gebrauch machen werden, ist allerdings kaum zu erwarten. Rolf-Ulrich Schlenker, Vorstandsvize der größten deutschen Krankenkasse Barmer GEK, stellte jedenfalls unmissverständlich klar: "Das machen wir nicht und andere Kassen sicher auch nicht." Es sei nicht ersichtlich, welche Vorteile sich für die Kasse aus einer solchen Satzungsleistung ergeben sollten. Eine Wettbewerbsregelung sei dies sicher nicht – vielmehr ein "Rohrkrepierer", so Schlenker.

Auch bei der privaten Krankenversicherung (PKV) regt sich Widerstand. Die Regelung würde dazu führen, dass die gesetzlichen Kassen Leistungen anbieten, für die Versicherte bereits heute in maßgeschneiderten PKV-Ergänzungstarifen abgesichert sind, sagte der PKV-Vorsitzende Reinhold Schulte. Das betreffe vor allem das große Feld der Zahnbehandlung. Dies sei ein "schwerwiegender Eingriff in einen funktionierenden Markt". PKV-Direktor Volker Leienbach sprach von einem "ordnungspolitischen Sündenfall".



AZ 2011, Nr. 25, S. 1

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