Gesundheitspolitik

Checken Sie's!?

Peter Ditzel

Die AOK Rheinland/Hamburg und die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Hamburg haben den "Arzneimittelbaustein" ihres Hausarztvertrages aktiviert, meldeten Kasse und KV Ende Juni. Was sich hinter dieser Meldung und hinter dem "Arzneimittelbaustein" verbirgt? Ganz einfach Folgendes: Kassen und Ärzte wollen multimorbiden Patienten, die mehrere Arzneimittel einnehmen müssen, die Möglichkeit geben, ihre Medikamentenliste von ihrem Hausarzt intensiv durchforsten zu lassen. Ziel ist es, unerwünschte Nebenwirkungen aufzudecken, abzustellen und wenn möglich auch die Arzneimittelliste zu entschlacken, d. h. die Zahl der einzunehmenden Arzneimittel zu reduzieren. Die Patienten müssen für diesen Service der Ärzte und der Kasse am Hausarztvertrag der AOK teilnehmen. Die Krankenkasse meldet dann die Patienten dem betreuenden Hausarzt, der nach der Einverständniserklärung des Patienten eine Liste sämtlicher für diesen Patienten verordneter Arzneimittel, also auch die von anderen Ärzten verordnet wurden, erhält. Der Arzt klärt diese Arzneimittelliste mit den anderen Ärzten ab, durchforstet sie und stimmt die Arzneitherapie besser aufeinander ab mit dem Ziel, auch auf das eine oder andere Arzneimittel verzichten zu können.

Damit kann vermieden werden, dass Patienten, die verschiedene Ärzte besuchen und Arzneiverordnungen erhalten, im Laufe ihrer Erkrankungen immer mehr Arzneimittel erhalten und nicht mehr hinterfragen, ob die Einnahme überhaupt noch nötig ist geschweige denn, ob diese Arzneimittel miteinander verträglich sind.

Vor dem Hintergrund steigender Zahlen älterer multimorbider Patienten und einer zunehmenden Polymedikation ist das sicher eine sinnvolle Initiative und Leistung.

Aber dieser "Arzneimittelbaustein" stimmte mich zugleich nachdenklich: Ist das nicht eine ureigene Aufgabe des Apothekers? Auf Nebenwirkungen von Arzneimitteln hinweisen, auf Interaktionen aufmerksam machen, Arzneimittellisten von Patienten checken, auf Verträglichkeit prüfen und gleichzeitig versuchen, das eine oder andere Arzneimittel einzusparen? Wenn der Patient eine Stammapotheke hat, sind dort alle Arzneimittel des Patienten gespeichert, sogar die im Rahmen der Selbstmedikation gekauften. Warum bieten Kassen nicht den Apotheken den Arzneimittelbaustein an? Warum treten wir Apotheker nicht stärker mit solchen Konzepten an die Kassen heran. Und warum sagen wir nicht deutlich: Wir checkens!


Peter Ditzel



AZ 2011, Nr. 28, S. 1

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.