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Management
Begleitung auf dem Weg zum "Chefsessel"
Eines sollte dem Apotheker klar sein: Die neue Chefin benötigt auf jeden Fall seine tatkräftige Unterstützung. Denn die Herausforderungen, vor denen die verdiente Mitarbeiterin auf dem Weg zum Chefsessel steht, sind beträchtlich. Die fachlichen Anforderungen sind zumeist das kleinere Problem – Schwierigkeiten bereitet eher die Übernahme der Führungsverantwortung. Denn dass die früheren Kollegen neidisch sind, Beziehungskonflikte aufbrechen und die junge Führungskraft mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen hat und nicht so recht weiß, welche Führungsinstrumente sie einsetzen soll – darauf sind die neuen und zumeist jungen Chefs selten vorbereitet.
Das Gespräch anbieten
Es ist natürlich die Verpflichtung und die Verantwortung des Apothekers, dem Jungspund Hilfestellung zu geben. Durch die Übernahme ungewohnter Führungsaufgaben droht die Überforderung. So manche PTA, die eine Teamleiterposition übernehmen soll, steht dann vor Problemen wie diesem: "Was mache ich mit der Duz-Kollegin, an die ich nun Forderungen stellen und der ich Ergebnisse abverlangen muss?"
In dieser Situation sollte der Apotheker mit der zukünftigen Teamleiterin zunächst einmal ein privat-berufliches Gespräch führen. Wenn die PTA dann erfährt, dass solche Probleme so gut wie jedem begegnen, der vom Kollegen zum Chef aufsteigt, und diese Schwierigkeiten vor allem durch eine offene Kommunikation mit den ehemaligen Kollegen bereinigt werden können, gewinnt sie oft an Selbstbewusstsein und Selbstsicherheit. Zum einen fühlt man sich nicht mehr so allein, wenn man weiß, dass solche Anfangsschwierigkeiten fast schon zum guten Ton gehören.
Noch wichtiger ist der Reflexionsprozess, der sich so in Gang setzt. Durch das Gespräch mit dem führungserfahrenen Apotheker beschäftigt sich die junge Teamleiterin – vielleicht zum ersten Mal – ernsthaft mit der Frage, was "Führung" und "Führungsverantwortung" denn überhaupt für sie bedeuten. Oft lautet die Antwort: Es bedeutet nicht Befehl und Gehorsam, sondern den Versuch, als Vorbild zu wirken und andere Menschen bei Entscheidungsprozessen zu begleiten und sie in diese Prozesse zu integrieren.
Führungsleitbild diskutieren
So kristallisiert sich ein Führungsleitbild heraus, das ihr nicht von außen aufgedrängt, sondern zu dem sie durch eigene Einsicht und Erkenntnis gelangt ist. Und wer über authentische Führungsprinzipien verfügt, hält Konflikte und Auseinandersetzungen, zu denen es bei der Mitarbeiterführung immer wieder kommt, besser aus.
Klug ist es daher, wenn die junge Chefin nicht nur das Gespräch mit dem Apotheker sucht, sondern auch mit Personen etwa aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis, die eine ähnliche Erfahrung durchlebt haben wie sie selbst.
Mit anderen Worten: Der Apotheker sollte in dem Gespräch die konkrete Frage stellen, über welche weiteren Gesprächsmöglichkeiten die Mitarbeiterin verfügt, und berichten, wie sehr es ihm selbst seinerzeit geholfen hat, sich mit Betroffenen auszutauschen.
Den eigenen Stil finden
Jungen Führungskräften unterläuft zuweilen der Fehler, den Führungsstil des Vorgesetzten zu kopieren – also des Apothekers. Das ist natürlich menschlich verständlich: Wer jahrelang vom "harten Knochen" hart aber fair geführt wurde, ist vielleicht eher geneigt, autoritär vorzugehen. Ist der Chef ein Beziehungsmanager, übernimmt man dessen Prioritäten und Führungsstil. Viel wichtiger und glaubwürdiger jedoch ist es, einen eigenen und individuellen Stil zu entwickeln.
Das Gesprächsangebot, das jene PTA vom Apotheker erhielt, gehört zu den klassischen Mitteln, die dabei helfen, in die Führungsrolle hineinzuwachsen. Es gibt jedoch zudem unkonventionellere Maßnahmen: Eine besteht darin, dass der Apotheker – am besten in enger Absprache mit der jungen Teamleiterin – dem gesamten Apothekenteam die neue Rolle der Jungchefin erläutert und die Folgen und Veränderungen darstellt, die diese Verschiebung für die Führungshierarchie hat.
Aber Achtung: Hier sind auf Seiten des Apothekers Fingerspitzengefühl und sensibles Vorgehen gefragt. Das Team darf nicht den Eindruck gewinnen, die junge Chefin würde es nicht allein schaffen, Akzeptanz für die neue Rolle aufzubauen. Darum ist es sinnvoll, wenn sich Apotheker und junge Führungskraft absprechen und das Team als Duo informieren.
Kompetenzlücken schließen
Natürlich ist es möglich, die Dinge auf sich zukommen und die neue Teamleiterin einfach loslaufen zu lassen. Aber der Wurf ins kalte Wasser des unbekannten Führungsgeschäfts und die Einstellung: "Hauptsache, das Fachliche stimmt, alles andere wird sich schon noch ergeben", erweisen sich zuweilen als fatale Fehleinschätzung. Denn gerade wenn unausgesprochene und unbewältigte Konflikte zwischen junger Führungskraft und Ex-Kollegen nicht gelöst werden, kann es zu einem Schwelbrand kommen, der das Betriebsklima in der Apotheke erheblich verdüstert.
Daher lohnt es sich, wenn der Apotheker mit der jungen Führungskraft bespricht, welche konkreten Führungsqualitäten sie überhaupt benötigt, um der Führungsverantwortung gerecht zu werden. So kommen die beiden wahrscheinlich Kompetenzlücken auf die Spur, die sich durch gezielte Weiterbildungsmaßnahmen schließen lassen. Wer nie gelernt hat, ein Gespräch mit Fragen zu führen und partnerorientiert zu kommunizieren, dem wird es schwer fallen, zum Beispiel demotivierte Mitarbeiter zu unterstützen.
Es ist wiederum der Apotheker, der den Jungspund aktiv auf dem Weg zum Chefsessel begleiten kann: Denn wer anders als der unmittelbare Vorgesetzte kann beurteilen, wo es hapert, welche Führungsqualitäten fehlen, welche Kompetenzen zusätzlich aufgebaut oder gefördert werden sollten, damit der Aufstieg nicht mit dem Sturz ins Bodenlose endet und der Chefsessel zum Schleudersitz gerät.
Übrigens: Kompetenzen wie aktives Zuhören und dialogorientierte Fragetechniken helfen der jungen Teamleiterin zugleich, das Kundengespräch zu verbessern und die Kundenorientierung zu erhöhen. Indem der Apotheker diese Kompetenzen bei der Mitarbeiterin aufbaut, schlägt er "zwei Fliegen mit einer Klappe": Er erhöht die kommunikative Kompetenz seiner Führungskraft – und seiner Mitarbeiterin, die im Kundenkontakt steht.
Persönlich glaubwürdig bleiben
Natürlich gibt es Führungsstrategien, die in so gut wie allen Fällen das Hineinwachsen in die neue Rolle erleichtern. Dazu zählt etwa ein Aspekt wie die "persönliche Glaubwürdigkeit". Wer darauf achtet, dass Denken und Handeln, Wort und Tat übereinstimmen oder es zumindest keinen eklatanten Widerspruch gibt zwischen dem, was man äußert, und dem, was man tut, wird vom Umfeld und den ehemaligen Kollegen als glaubwürdige Führungskraft wahrgenommen.
Das heißt: Der Apotheker sollte die junge Führungskraft dabei unterstützen, die Führungsrolle anzunehmen, ohne sich dabei zu verbiegen.
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
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