Management

So führen Kunde und Apotheker ein Gespräch auf Augenhöhe

Partnerschaftliche Kommunikation funktioniert am besten mit Vertrauen

Voraussetzung für ein Gespräch auf Augenhöhe ist Vertrauen. Und Vertrauen entsteht, wenn der Kunde spürt und weiß, dass der Apotheker nicht auf die Unwissenheit des Kunden spekuliert, sondern auf seine Urteilsfähigkeit und Entscheidungskompetenz.

Vertrauensbasis schaffen Dazu gehört, Fachbegriffe im Kundengespräch nur wenig zu verwenden und wo notwendig, sie zu erläutern. Zwischenfragen zeigen, ob man mit dem Kunden noch auf einer Linie ist.
Foto: ABDA

Der Vertrauensaufbau ist vor allem dann möglich, wenn der Apotheker – und natürlich auch seine Mitarbeiter – Transparenz ins Gespräch bringt, Informationsunterschiede benennt und ausräumt und auch schwierige pharmazeutische Sachverhalte verständlich und nachvollziehbar darstellt, um auf Kundenseite Unsicherheitsgefühle zu vermeiden. Es gilt: Auch das Komplizierte lässt sich einfach sagen. So sorgt der Apotheker für positive Emotionen – und damit für eine positive Kaufentscheidung.

Ergebnisoffen ins Gespräch gehen

Entscheidend ist, den Kunden als gleichberechtigten Partner anzusehen und zu akzeptieren. Es geht nicht um Produktorientierung, sondern um Kundenorientierung – und um Vertrauensorientierung. Primäres Ziel des Gesprächs ist es, Vertrauen aufzubauen, nicht ein Produkt anzupreisen. Darum geht der Apotheker ergebnisoffen ins Gespräch – so kann er flexibel auf die Kundenwünsche eingehen. Zudem vermeidet er jedes Wort und jede körpersprachliche Gestik und Mimik, die vom Kunden als Ausdruck eines Machtgefälles oder als Überlegenheitssignal interpretiert werden könnte – nach dem Motto: "Ich bin der pharmazeutische Experte hier oben – du der Kunde da unten".

Der Apotheker rückt seinen Gesprächspartner auch sprachlich in den Mittelpunkt, nimmt konsequent den Sie-Standpunkt ein und verdeutlicht so: "Lieber Kunde, es geht um Sie, um Ihre Wünsche und Erwartungen, um Ihren Nutzen." Der Kunde merkt, dass der Apotheker ihn nicht zu etwas überreden will, also nicht einfach nur die vorgefertigten Ziele erreichen möchte, sondern ihn überzeugen möchte. Dies gelingt, indem der Apotheker zum Beispiel

  • den Satz: "Frau Kundin, Sie müssen Folgendes tun …" ersetzt durch: "Frau Kundin, bitte beachten Sie …"
  • statt "Ich verspreche Ihnen, dass …" sagt: "Sie können sich darauf verlassen, dass …"

Runter vom hohen Experten-Ross

Zuweilen liegt es gar nicht in der Absicht des Apothekers: Aber aufgrund seines Expertenstatus und seines größeren Fachwissens droht die Gefahr, vom Kunden als hochnäsig oder gar arrogant wahrgenommen zu werden. Entscheidend dabei ist nie, wie der Apotheker wirklich ist, sondern wie er auf den Kunden wirkt.

Allerdings kann der Apotheker der negativen Wahrnehmung durch den Kunden entgegenwirken, indem er seine (Fach)Sprache dezent und wohldosiert einsetzt und auf ein Minimum reduziert. Zudem sollte er notwendige Fachbegriffe und allzu produkt- und branchenspezifisches Vokabular erläutern und den Kundennutzen stets in verständlichen Worten darstellen. Hilfreich sind zudem Zwischenfragen: Die Kundenantworten signalisieren dem Apotheker, ob der Kunde und er sich – immer noch – auf derselben kommunikativen Ebene befinden und nicht aneinander vorbeireden.

Kundenpersönlichkeit berücksichtigen

Der Apotheker sollte Erklärungen mit Bildern und Informationen untermauern, die der Lebenswirklichkeit des Kunden entsprechen und möglichst dessen Lebensumfeld entnommen sind. Ein Professor benötigt Erklärungen und Erläuterungen auf einer anderen Ebene als der Handwerksmeister. Und der junge Mensch sollte anders informiert werden als der ältere Kunde, der Geschäftsführer der mittelständischen Firma anders als der Privatkunde.

Das bedeutet: Der Apotheker muss über den Kunden gut informiert und die Kundenpersönlichkeit einschätzen können, mit der er es zu tun hat. Dann kann er seine Vorgehensweise und seine Argumente auf den Kunden abstimmen.

Apotheker, die Vertrauen aufbauen und ein Gespräch auf Augenhöhe führen wollen, sollten überdies versuchen, den Kundenkontakt zu emotionalisieren. Der Kunde ist keine rationale Entscheidungsmaschine und fällt Entscheidungen meistens unbewusst und intuitiv. Allerdings begründet er seine emotionale Entscheidung im Nachhinein oft rational.

Kunden im Wohlfühlbereich halten

Die Gehirnforschung geht von mehreren Motiv- und Erlebnisfeldern aus und unterscheidet entsprechende Kundentypen. Diese bewerten das Vorgehen des Apothekers jeweils durch die Brille ihres persönlichen Motiv- und Emotionsschwerpunktes. Ebenso wichtig wie die Kenntnis der Persönlichkeit des Kunden ist die Selbsteinschätzung des Apothekers. Denn wenn der impulsive Apotheker auf den zurückhaltenden Kunden trifft, droht der kommunikative Fauxpas: Der Apotheker preist in bunten Bildern die "enormen Vorteile" des Produktes an. Der Kunde jedoch fühlt sich durch die Begeisterung des Apothekers "überfahren" und macht "die Schotten dicht" und ist für die Argumente nicht mehr zugänglich. Er verlässt den – nach Mihaly Czikszentmihalyi – Flow-Kanal, also seinen Wohlfühlbereich.

Es ist mithin der Apotheker, der den Kunden aus diesem Wohlfühlbereich hinauskatapultiert. Und das darf nicht passieren. Um den Kunden im Flow-Kanal zu halten, sollte der Apotheker seine eigenen Wertevorstellungen in den Hintergrund schieben und sich darauf konzentrieren, die Persönlichkeit des Gesprächspartners in den Mittelpunkt seines Kundengesprächs zu rücken.

Visualisierungen einsetzen

Eine weitere Möglichkeit, das Kundengespräch zu emotionalisieren, Vertrauen aufzubauen und so eine Kommunikation auf Augenhöhe herzustellen, ist der Einsatz von Hilfen, mit denen der Apotheker Sachverhalte zum Beispiel bei einem im Vorfeld vereinbarten Gespräch visualisiert. Dazu kann er Abbildungen nutzen, die er vor dem Gespräch auf die Bedürfnisse des jeweiligen Kunden abstimmt.

Zudem sollte er verwirrende Details bei der Erläuterung komplexer Sachverhalte weglassen. Dabei darf er Aussagen und Informationen nicht unzulässig verkürzen – jedoch: Indem er sich auf die Kernbotschaft konzentriert und Komplexität reduziert, vermeidet er es, den Kunden durch überflüssige Nebenaspekte zu irritieren.


Ein emotionales Vertrauensverhältnis entsteht, wenn der Apotheker:
  • nicht mit Aussagen arbeitet, sondern Fragen stellt und konkret auf die Kundenantworten eingeht,

  • sich nicht an einem Gesprächsleitfaden festklammert, sondern kundenindividuell argumentiert,

  • herausfindet, was den Kunden interessiert und kundenindividuelle Argumente vorträgt, und

  • dem Kunden alle notwendigen Informationen an die Hand gibt, damit dieser eine eigenständige Entscheidung treffen kann.

Fazit

Ein Gespräch auf Augenhöhe zwischen gleichberechtigten Gesprächspartnern kann nur entstehen, wenn der Apotheker jede Aussage, jeden Satz, ja, jedes Wort auf die Goldwaage legt und sich selbstkritisch fragt: "Habe ich es so formuliert, dass der Kunde es nachvollziehen kann?" Glaubwürdig und authentisch kommt dies beim Gesprächspartner aber nur an, wenn die kundenorientierte Kommunikation nicht um ihrer selbst willen praktiziert wird, sondern der Einstellung des Apothekers entspricht, für ihn mithin das Wohl des Kunden im Fokus steht und es ihm ein Herzenswunsch ist, ihm auf Augenhöhe zu begegnen.


Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater



AZ 2011, Nr. 39, S. 7

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