Management

"Sich einmischen" oder gemeinsam im Team beraten?

Wie man beim Einmischen in Gespräche das rechte Maß findet

"Sich einmischen" – dieser Begriff hat einen negativen Beiklang. Beim Einmischen einer Mitarbeiterin in das Kundengespräch einer Kollegin oder beim Eingreifen des Chefs in das Gespräch einer seiner Mitarbeiterinnen entstehen oft unangenehme Gefühle, sowohl bei demjenigen, der sich einmischt, als auch und meist noch viel mehr bei demjenigen, der im Gespräch unterbrochen wird.
Gemeinsam das Beste für den Kunden Es gibt durchaus Anlässe, sich aus sachlich berechtigten Gründen in ein Beratungsgespräch einzumischen. Dabei ist jedoch der richtige Zeitpunkt und vor allem das "Wie" entscheidend, damit es für alle positiv endet.
Foto: Noweda eG, Essen

"Mischen Sie sich nicht in Dinge ein, die Sie nichts angehen!" oder "Steck Deine Nase nicht in fremde Angelegenheiten!" möchte man dem anderen sagen. Aber ist das realistisch? Ist das machbar? Wäre das gut?

Einmischungen gehören in den mitmenschlichen Alltag. Sie verdienen es, von allen Seiten betrachtet zu werden, damit wir verstehen, was dabei abläuft. Vielleicht erreichen wir unser Ziel, Einmischungen als ein positives Miteinander wahrzunehmen, von dem alle profitieren. Das Motto heißt: "Gemeinsam beraten für den Kunden!"

Wenn ich es doch aber besser weiß …

Die PTA Anna verkauft gerade einer unbekannten Kundin Omeprazol akut Kapseln. "Muss ich dabei irgendetwas beachten?", fragt die Kundin. "Nein", antwortet Anna, "ich glaube nicht, aber ich schaue zur Sicherheit mal eben in der Datenbank nach." Apothekerin Frau C. steht in Hörweite und wüsste ohne Nachzuschlagen eine Reihe von wichtigen Informationen, die sie der Kundin zur Anwendung von Omeprazol mit auf den Weg geben könnte. Sie überlegt, ob sie sich ins Gespräch einklinken soll.

Muss Frau C. sich ins Gespräch einbringen? Sie muss es nicht: Anna weiß hier zwar nicht so gut Bescheid, aber sie ist sich dessen bewusst und nimmt deshalb die Datenbank zu Hilfe. Sie wird die richtigen Informationen finden und der Kundin die notwendigen Informationen geben können. Dafür braucht sie nur etwas Zeit.

Darf sich Frau C. ins Gespräch hineinmischen? Sie darf es, wenn die anderen beiden ihr die Erlaubnis geben. Also eine kurze Frage: "Kann ich vielleicht helfen?" oder "Darf ich helfen?" und das Hilfsangebot wird wahrscheinlich dankbar von Anna und der Kundin angenommen. Vielleicht fragt Anna auch von selbst nach, während sie die Datenbank durchsucht: "Frau C., können Sie uns dabei helfen?"

Sich gegenseitig helfen, kann so einfach sein. Umgekehrt gibt es auch genug Fragen, die die PTA besser beantworten kann als Frau C. Wo liegen jetzt die Vortex® Masken? Wie heißt das neue Fingerkuppenpflaster? Wo ist der Vorrat an Kundenzeitschriften? Im besten Fall entsteht eine Situation, in der zwei Apothekenmitarbeiter eine Kundin gemeinsam beraten. Diese Situation wird von den meisten Kunden als sehr positiv empfunden: hier kümmern sich alle um mich, hier stehe ich ganz im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Beide Mitarbeiterinnen akzeptieren die Situation: beide kennen ihre Schwächen und Stärken und ergänzen sich im Gespräch perfekt.

Tu doch nicht immer so, als wüsstest Du besser Bescheid …

Nun wird Hilfe durch die Chefin oft akzeptiert, wenn und weil die Beziehung zwischen Chefin und Mitarbeiterin geklärt ist. Die PTA akzeptiert den Wissensvorsprung der Chefin. Das ist unter gleichgestellten PTA nicht immer der Fall.

Ein Kunde steht vor PTA Anna: "Ich hätte gerne Nisita Nasensalbe!" Anna nickt freundlich, geht zu den Schubladen und kommt mit leeren Händen zurück. "Darf ich Ihnen die Nasensalbe bestellen? An Lager haben wir sie nicht, aber ich kann sie heute Mittag für Sie in der Apotheke haben." PTA Beate läuft gerade mit einem Kundenrezept an Anna und ihrem Kunden vorbei: "Nimm doch Emser Nasensalbe, die ist ähnlich und die haben wir da." Anna sieht Beate verärgert an und braust auf: "Das weiß ich selbst! Der Kunde möchte aber Nisita!"

Hier schwingt Konkurrenz zwischen den Kolleginnen mit: "Tu doch nicht so, als wüsstest nur du Bescheid! Tu nicht so, als wärst du etwas Besseres!"

Wenn es also ein Problem beim "Einmischen" geht, dann ist das kein sachliches Problem, sondern ein Beziehungsproblem zwischen zwei Mitarbeiterinnen. Die Voraussetzung dafür, Hilfe von anderen anzunehmen, ist, sich seiner eigenen Stärken und Schwächen bewusst zu sein, d. h. auf der einen Seite selbstbewusst und selbstsicher im HV zu stehen, auf der anderen Seite seine eigenen Grenzen zu kennen und zu wissen, wo man Hilfe gebrauchen kann. Etwas besser oder schlechter zu können, heißt wiederum nicht, ein besserer oder schlechterer Angestellter zu sein. Denn üblicherweise sind die Stärken und Schwächen mehrerer Mitarbeiter im HV nie gleich verteilt, sondern so, dass jeder ein bisschen vom anderen lernen kann.

Anna hat tatsächlich nicht daran gedacht, eine Alternative vorzuschlagen. Sie ärgert sich über sich selbst, dass sie das Hilfsangebot von Beate nicht annehmen kann. Wenn sie sich jetzt schlecht fühlt, liegt das auch daran, dass sie einen hohen Anspruch an sich selbst hat, den sie offenbar nicht erfüllen kann. Als Teilzeitkraft kennt sie trotz derselben Arbeitsjahre das Warenlager der Apotheke nicht so gut wie z. B. Beate, eine Vollzeit-PTA.

Kein "Einmischen" ist auch keine Lösung

Solche Situationen sind häufig im Apothekenalltag. Wie soll man damit umgehen? Soll jeder für sich alleine arbeiten? Soll sich niemand mehr in die Gespräche von anderen einmischen? Anna empfindet es hier als unangenehm, sich von Beate belehren zu lassen. Umgekehrt wäre es aber auch sehr unangenehm, wenn die Kolleginnen gar keine Informationen gäben.

Anna findet das Gegenstück des Abholzettels nicht, das ihr ein Kunde in die Hand gedrückt hat. PTA Doris unterbricht kurz ihr Kundengespräch, entschuldigt sich beim Kunden für die kurze Unterbrechung und sagt zu Anna: "Der Kunde bekommt einen Impfstoff, der im Kühlschrank liegt."

Ein guter Informationsfluss ist die Voraussetzung für ein gutes Arbeiten im Team. Miteinander sprechen, sich gegenseitig informieren und helfen ist Pflicht.

Aktivierende Fragen statt besserwisserische Bemerkungen

Beate meint es nicht böse, sie möchte nur helfen. "Misch Dich nicht in Dinge ein, die Dich nichts angehen!" ist der verärgerte Ausspruch von Anna. Aber ob der Kunde gut bedient wird, ob er das bekommt, was er braucht, und ob er sofort etwas bekommt, was er möchte, das sind Dinge, die sehr wohl auch Beate etwas angehen, wenn sie ihren Beruf gerne ausübt. Motivierte Mitarbeiter fühlen sich für jeden Kundenkontakt verantwortlich.

Hier gilt es das rechte Maß zu finden, wie und wann Anna informiert wird. Ein schnelles Eingreifen ist in dieser Situation nicht nötig. Der Kunde ist nicht verärgert, weil sein Wunsch nicht sofort erfüllt werden kann. Der Kunde ist auch nicht in Gefahr, wenn er seine Nasensalbe jetzt nicht sofort bekommt. Vielleicht wird er die Salbe einfach bestellen und sie am Nachmittag abholen. Vielleicht will er sie sich bringen lassen. Im schlechtesten Fall verlässt er die Apotheke und kauft seine Nasensalbe in einer anderen Apotheke. Jetzt ist es hilfreich, Anna Hilfe anzubieten.

Beate könnte fragen: "Hast Du schon an Alternativen gedacht bzw. Alternativen gesucht?" oder konkret "Hast du an Emser Nasensalbe als Alternative gedacht?" Statt eines Befehls "Nimm doch …" und statt einer Lösung, stellt Beate hier eine hilfreiche Frage, die Anna dazu führt, ihr Problem selbst zu lösen. Sie kann auf Beates Frage antworten: "Ja, danke, daran habe ich gedacht, aber der Kunde möchte keine Alternative." oder "Nein, das ist eine gute Idee", und die Frage an den Kunden richten: "Darf ich Ihnen etwas Gleichwertiges anbieten, was Sie sofort mitnehmen könnten?"

Solche Fragen können auch in Situationen sinnvoll sein, in denen Gefahr im Verzug ist: "Haben Sie an die Wechselwirkungen mit der Dauermedikation gedacht?" (wenn Omeprazol ohne Abklärung von möglichen Interaktionen abgegeben zu werden droht). Bei manchen Informationen reicht es jedoch aus, sie zu besprechen, wenn der Kunde die Apotheke wieder verlassen hat. "An die Dosierungsempfehlung – regelmäßig einmal täglich auf leeren Magen, also nüchtern – hast Du bestimmt gedacht?"

Formulierungshilfen


Offene Formulierungen für ein Hilfsangebot:

  • Kann ich vielleicht helfen?

  • Darf ich helfen?


Offene Formulierungen, um Hilfe zu erbitten:

  • Können Sie uns helfen?

  • Haben Sie einen Moment Zeit, um zu helfen?


Mögliche Antworten:

  • Ja, gerne, ich brauche sicherlich länger, um mich in dem Fall schlau zu machen.

  • Ja, danke, die Idee hatte ich auch schon.

  • Nein, danke, wir kommen schon zurecht.

  • Nein, danke, ich brauche nur einen kurzen Moment.

  • Nein, danke, ich wollte mich nur noch einmal absichern.


Gezielte aktivierende Fragen:

  • Haben Sie schon an … gedacht?


Mögliche Antworten:

  • Ja, danke, das haben wir schon bearbeitet.

  • Nein, danke für diesen Hinweis.

Gezielte Fortbildungen statt Information zwischen Tür und Angel

Die genannten Beispiele offenbaren neben einigen hoffentlich kleinen Beziehungsproblemen zwischen den PTA auf jeden Fall einige Wissenslücken, die nicht zwischen Tür und Angel, sondern mit ausreichender Zeit in einer internen Fortbildung angesprochen werden sollten. Für die nächste Teamsitzung könnten folgende Themen auf dem Plan stehen:

  • Wirkstoff Omeprazol: Indikation, Kontraindikationen, Beratungshinweise, Dosierungsempfehlungen,

  • Indikation Schnupfen: gängige Präparate in der Werbung, an Lager, Wirkung, Nutzen, Empfehlung,

  • Kommunikation: Gesprächsführung eines Kundengesprächs, wenn gewünschtes Arzneimittel nicht an Lager ist (Leitlinien zur Qualitätssicherung, Anbieten von Lösungen, Empfehlung von Alternativen).

Alles meine Kunden …

Es gibt also genug Anlässe, sich aus sachlich berechtigten Gründen in das Gespräch einer Kollegin einzuklinken, um gemeinsam das Beste für den Kunden zu erreichen. Es gibt allerdings auch Situationen, in denen es keine Notwendigkeit gibt und es dennoch geschieht.

Als Beate mit einem Rezept an den Schubläden ist, fragt die Kundin Frau C.: "Können Sie mir ein gutes Mittel gegen Husten empfehlen?" Frau C. ist noch mitten in der Beratung, als Beate mit den verordneten Arzneimitteln wieder zurückkommt und stellt sich stumm daneben.

Hier beansprucht die Kundin zwei Mitarbeiterinnen. Wenn die nächsten Kunden die Apotheke betreten, ist es notwendig, sich zu entscheiden, wer von beiden das Gespräch zu Ende führt. Es wäre schön, wenn es mal die eine und mal die andere sein dürfte. Beate kann fragen: "Möchten Sie die Kundin übernehmen? Ich kümmere mich dann um den nächsten …?" oder Frau C. kann sagen: "Wir haben uns gerade für Mucosolvan Hustensaft entschieden. Es gibt bestimmt noch einiges zu den verordneten Medikamenten zu erklären? Meine Mitarbeiterin wird Sie weiter beraten."

Anna berät die Stammkundin Frau Müller. Obwohl Beate noch mit der Bestellung eines Rezepts beschäftigt ist, sieht sie von ihrem Rezept auf und fragt in einer Gesprächspause: "Und, Frau Müller, wie geht es in der Zwischenzeit Ihrem Mann?"

Hier kümmert sich Beate aktiv um ein Gespräch und nimmt damit Anna die Führung aus der Hand. In einigen Fällen kann dieses Verhalten angebracht sein, wenn z. B. ein intensives Gespräch an einem Vortag stattgefunden hat, auf das Beate jetzt Bezug nimmt und von dem Anna nichts weiß.

Solches Verhalten kann aber auch oft von Vollzeitkräften zur (schlechten) Angewohnheit werden. Die Vollzeitkräfte meinen es hier besonders gut mit den Patienten. Die Patienten fühlen sich in solchen Fällen meist sehr gut betreut. Das Problem ist jedoch, dass Teilzeitkräfte in dem Fall auf Hilfstätigkeiten reduziert werden und keine Chance haben, selber vertrauensvolle Beziehungen zu den Kunden aufzubauen.

Gemeinsam arbeiten im Team

Gemeinsam arbeiten im Team erfordert, sich ständig auszutauschen, oft auch mitten in einem anderen Kundengespräch. Schön ist es, wenn der Kunde merkt, alles geschieht ohne Streit, Konkurrenz oder Ärger im Team, alles geschieht in gegenseitigem Einvernehmen, um ihn optimal zu betreuen.


Dr. Kirsten Lennecke, Apothekerin und Coach ECA, www.lennecke-coaching.de



AZ 2011, Nr. 4, S. 6

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