Wirtschaft

DAX: Die Hoffnung stirbt zuletzt

Starke Börsenwoche trotz Schuldenkrise – schlechter Auftakt zur Berichtssaison

(hps). Die Umschuldung Griechenlands nimmt immer konkretere Formen an, Alcoa eröffnet den Quartalsreigen mit enttäuschenden Zahlen. Doch die Marktteilnehmer geben sich abgebrüht. "Alles schon eingepreist" scheint das Motto zu lauten. Doch was schon relativ schlecht anfing, könnte durchaus noch schlechter werden und die Lust auf weitere Kursgewinne beim DAX schnell verderben.

Die Marktlage

Der Berichtsreigen hat begonnen und die Vorzeichen lassen nichts Gutes erahnen. Die Konjunktur läuft schlechter und die Erwartungen an die Berichtssaison sind vergleichsweise hoch angesetzt. Bei fallenden Auftragseingängen und Prognosesenkungen seien Enttäuschungen vorprogrammiert, so berichten Händler. Doch bislang profitiert der DAX noch von Zinssenkungsphantasien und den Diskussionen um die Banken-Rekapitalisierung, obwohl der Startschuss zur neuen Berichtssaison mit den Zahlen von Alcoa alles andere als erfolgreich war. Der Aluminiumriese blieb beim ausgewiesenen Gewinn deutlich hinter den Markterwartungen zurück. Der Konzern zeigte sich auch beim Ausblick zurückhaltend. Schockierend sieht unterdessen der Kursverlauf der Aktie aus: Im April notierte der Wert noch bei 18,13 Dollar. Seitdem ging es kontinuierlich abwärts bis auf aktuell 8,90 Dollar. Doch das irritierte die Marktteilnehmer zunächst nur wenig. Wie schon beim Euro hat auch der DAX einige technische Marken überwunden und Kaufsignale ausgelöst. Damit war der Weg für den DAX Richtung 6000 Punkte frei, ohne dass dabei fundamental nachvollziehbare Gründe genannt wurden. Doch Eindeckungen von Leerverkäufen dürften wohl kaum ausreichen, um am Parkett die Wende zum Besseren einzuleiten. Das dürfte auch den Profis klar sein.

Bulle & Bär – was bringt die neue Börsenwoche?

Die Landesbank Berlin empfiehlt ihren Kunden, beim DAX erst noch die Bodenbildung abzuwarten. Die DZ-Bank erwartet mit Blick auf die anstehenden Quartalsberichte eine schwierige Börse. Mit einer Kurserholung sei daher nicht vor dem Abschluss der Berichtssaison zu rechnen. Dagegen sieht die Commerzbank den DAX bei 5200 Punkten gut abgesichert. Rückläufige Gewinnerwartungen bei den Unternehmen könnten durch positive Impulse von politischen Entscheidungen wie einer Zinssenkung durch die Europäische Zentralbank oder den Plänen der EU zu Bankenrekapitalisierung kompensiert werden. Die DekaBank orientiert sich unterdessen an den Bewertungskennzahlen. Gemessen am Kurs-Gewinn-Verhältnis sei eine Konjunkturabschwächung bereits eingepreist. Schon ein nur moderates Weltwirtschaftswachstum könne den DAX auf Jahressicht bis auf 6500 Punkte hieven.

Unterdessen scheint der jüngst aufkommende Optimismus eher charttechnisch motiviert zu sein. Die Profis haben sich Chancen bis ca. 6000 DAX-Punkte ausgerechnet und nun wird dieser Kursanstieg mehr oder minder sinnvoll argumentativ untermauert. Da bringen die Akteure plötzlich eine vage Hoffnung auf eine Lösung der europäischen Schuldenkrise ins Spiel, obwohl diesbezüglich aus der Politik nichts als Lippenbekenntnisse zu hören sind. Von konkreten Schritten zur Schuldentilgung ganz zu schweigen.

Auch die Sorgen um die US-Konjunktur ließen angeblich nach, weil man Gefallen an einem positiven Arbeitsmarktbericht gefunden hat. Dass dabei 45.000 Streikrückkehrer die jüngste Bilanz aufgehübscht hatten, wollte man an diesem Punkt nicht hören. Alles in allem handelt es sich dabei wohl um typische fadenscheinige Argumente, um eine Zwischenerholung zu rechtfertigen. Ein Zwischenspurt, von dem man wiederum nur sagen kann: Nicht überzeugend – zu geringe Kursgewinne in einem zu langen Zeitraum. Das aktuelle Kursgeschehen stellt immer noch das Griechenland-Thema in den Mittelpunkt und würdigt aktuell die europäischen Hilfsmaßnahmen. Doch inzwischen weiß man, dass die Hellenen ihre gigantischen Schulden nicht in Form von Schafskäse und Oliven zurückzahlen werden können. Die Frage ist nicht mehr länger, ob bei Griechenland ein Schuldenschnitt vorgenommen wird, sondern nur noch in welchem Umfang die Verbindlichkeiten erlassen werden. Die Phantasie erstreckt sich dabei in einer Bandbreite zwischen leisen Kapitulationserklärungen ("Schuldenschnitt kann nicht ausgeschlossen werden" – Bundesbank-Präsident Jens Weidmann) bis hin zu ganz konkreten Zahlen (50%iger Schuldenerlass – Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker). Doch selbst mit diesem Diskussionsstand ist man wohl nicht mehr auf der Höhe der Zeit.

Auf eine Ausweitung der Schuldenkrise in Europa ist das Parkett ebenso wenig vorbereitet wie auf Probleme mit dem amerikanischen Haushaltsdefizit. Der DAX sollte daher schon bald wieder seine Talfahrt fortsetzen.

Thema der Woche: Roubini warnt vor Börsen-Crash

Er gilt als Außenseiter. Wegen seiner pessimistischen Grundhaltung nennt man ihn "Dr. Doom" – Dr. Untergang. Er lehrt an der Stern School of Business in New York und war in Bill Clintons Beraterstab tätig. Er warnte 2004 treffsicher vor dem Platzen der US-Immobilienblase und vor einer Rezession in den USA. Jetzt sieht der Wirtschaftswissenschaftler Nouriel Roubini einen weltweiten Börsencrash voraus. Die Staatsschuldenkrise bezeichnet er als "tickende Zeitbombe", die den politisch Verantwortlichen in Europa und den USA nicht mehr viel Zeit zum Handeln ließe. Um die Katastrophe noch abwenden zu können, fordert Roubini unter anderem eine Vervierfachung des EU-Rettungsschirms in seiner heutigen Form, da die 440 Mrd. Euro Fondsvolumen seiner Ansicht nach "höchstens bis Ende des Jahres" reichten. Andernfalls könnte Europa "implodieren" und die USA mit in den Abwärtssog ziehen.


Eckdaten zum 13. Oktober 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (13. 10., 12.50 h)
5915 Punkte
Dow Jones (12. 10., Schluss)
11.518 Punkte
Gold (Feinunze)
1676,70 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,80%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,31%
2,70% (NBC-Direkt)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,86%
3,11% (Bank 11)

*Quelle: www.fmh.de



AZ 2011, Nr. 42, S. 4

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