Gesundheitspolitik

Mitarbeiter halten – aber wie?

Andreas Kaapke

In Zeiten, in denen Personal zu bekommen wahrnehmbar schwieriger wird, stellt sich die berechtigte Frage, wie vermieden werden kann, dass Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Natürlich gibt es Tatbestände, die einen Austausch von Mitarbeitern notwendig machen. Umzug, Schwangerschaft oder andere einschneidende Erlebnisse auf der Seite der Mitarbeiter sind mit den besten Methoden der Mitarbeitermotivation oder Personalentwicklung nicht bearbeitbar. Und zweifelsfrei gibt es auch genügend Gründe, sich doch von einem Mitarbeiter zu trennen, obgleich das Auffinden von Ersatz nicht leicht ist. Minderleistungen, sonstige Vergehen oder auch die berühmte alles andere als gut zu bezeichnende Chemie sind bedeutsame Gründe.

Bei den anderen Gründen für Wechsel muss aber geprüft werden, ob man im Vorfeld alles unternommen hat, um einen Mitarbeiter zu halten und ob man bei einer entsprechenden Ankündigung noch den einen oder anderen Trumpf spielen kann.

Zunächst einmal ist wichtig, dass man alle schwachen Signale erkennt, die andeuten, dass ein wertgeschätzter Mitarbeiter offensichtlich wechselbereit ist. Sollten solche Anzeichen, wenn auch nur schwach, erkennbar sein, sollte man das Gespräch mit dem Mitarbeiter schnell und aktiv suchen und dabei herauszukitzeln versuchen, ob man sich täuscht oder Recht hat. Noch besser ist es, wenn man solchen Gesprächen zuvorkommt und es erst gar nicht zu Wechselüberlegungen kommen lässt, weil man durch gezielt eingesetzte Anreize den Mitarbeiter bei Laune hält. Der schwierigste Fall ist wie angedeutet, wenn der Mitarbeiter den Wechsel schon ankündigt. Dann muss schnell eine Idee entwickelt werden, die den Mitarbeiter noch umstimmen kann und die für den Mitarbeiter hinreichend attraktiv ist. Meist ist dann aber auf beiden Seiten schon ein gewisses Maß an Flurschaden entstanden. Als Chef ist man vielleicht etwas beleidigt, weil man sich unter Druck gesetzt fühlt oder weil man anerkennen muss, dass man nichts gemerkt hat bzw. nichts unternommen hat. Als Mitarbeiter ist man wenig erfreut, weil man ggf. Signale gesetzt hat, die unbeobachtet blieben, die keine Reaktion auslösten bzw. weil man eigentlich die Hoffnung hatte, dass die Vorschläge bereits vom Chef kommen, aber ausgeblieben waren.

Deshalb ist das erste Gebot für Vorgesetzte das Führen regelmäßiger Gespräche. Natürlich ist es auch wichtig, dass der Chef alle Anzeichen ernst nimmt, registriert und interpretiert und von sich aus agiert. Drittens ist es gut, wenn der Chef für seine Mitarbeiter eine Karriereplanung vorhält. Dies umfasst neben der sukzessiven Zuweisung von Aufgabenbereichen ggf. auch Vergütungssprünge, andere monetäre und nicht-monetäre Anreize und sonstige Vergünstigungen. Mitarbeiter sind dankbar, wenn sie erkennen, dass der Chef sich Gedanken macht, in welcher Form auch immer. Dabei kann es natürlich vorkommen, dass man mit den gewählten Anreizen daneben liegt und der Mitarbeiter auf andere Vergünstigungen gehofft hat, dies lässt sich im Allgemeinen schnell und unbürokratisch regeln.

Von Vorteil ist es auch, wenn der Chef auf den Mitarbeiter zukommt und nicht der Mitarbeiter auf den Chef zugehen muss. Rein psychologisch ergeben sich dadurch signifikant andere Rollen. Mitarbeiter, die eine Verbesserung wollen, sind angespannt, da sie nicht wissen, wie der Chef reagiert usw. Wichtig ist auch, dass der Apothekenleiter den Mitarbeitern mitteilt, in welchen zeitlichen Abfolgen ggf. mit Anpassungen zu rechnen ist. Ansonsten entstehen Begehrlichkeiten, die Verunsicherung und Verärgerung nach sich ziehen (können). Von daher gilt Transparenz als wichtige Orientierung für Gespräche in kleinen Teams. Als solche sind Apothekenteams anzusehen. Transparenz darf aber nicht dahingehend missverstanden werden, dass alle alles wissen müssen, sondern dass die Hintergründe von Entscheidungen offen kommuniziert werden usw.

Schließlich sollte das Anreizpaket auf die jeweilige Person zugeschnürt sein. Es ist zweifelsfrei ein typischer Vorteil eines kleinen Betriebs wie Apotheken, dass man sehr individuelle Lösungen stricken kann.

Nutzt das alles nicht, muss man auch ziehen lassen können. Das Gehalts- und Anreizgefüge eines ganzen Systems darf nicht aufgrund überbordender Ansprüche einzelner torpediert werden. Auch wenn einzelne nicht wissen, was andere und in welcher Form andere etwas erhalten, muss das System in sich stimmig bleiben. Und es muss auch deutlich kommuniziert werden, wenn die ökonomische Situation keine Anreize ermöglicht. Bei alledem muss auch der beste Mitarbeiter verstehen, dass seine persönliche Entwicklung nicht gänzlich von der Entwicklung des Unternehmens entkoppelt werden kann, zumal nicht auszuschließen ist, dass die Unternehmensentwicklung auch etwas mit der Leistungsfähigkeit des Mitarbeiters zu tun hat. Das Fazit lautet also, frühzeitig gute Mitarbeiter binden, aber nicht zwingend und nicht zu jedem Preis.


Andreas Kaapke

Andreas Kaapke ist Professor für Handelsmanagement und Handelsmarketing an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, Standort Stuttgart, und Inhaber des Bera -t ungsunternehmens Prof. Kaapke Projekte. E-Mail: a.kaapke@kaapke-projekte.de



AZ 2011, Nr. 48, S. 2

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.