Wirtschaft

DAX auf Drei-Jahres-Hoch

Unruhen in Ägypten treten in den Hintergrund – Ölpreis weiter auf Höhenflug

(hps). Gute Unternehmenszahlen und reichlich vorhandene Liquidität haben den DAX auf ein neues Hoch von 7320 Zählern getrieben. Augenfällig ist die spätzyklische Branchenrotation, wobei die "neue Liebe" zu den Finanzwerten zuletzt von einem Kurssprung bei der Deutsche Börse AG unterstrichen wird. Unterdessen nähert sich auch der Ölpreis langsam rekordverdächtigen Marken.

Die Marktlage

Die Unruhen in Ägypten sind für Börsianer weitgehend in den Hintergrund getreten und ließen am Ende den überwiegend positiven Konjunktur- und Unternehmensdaten den Vortritt. Rund drei Viertel der 500 größten US-Unternehmen haben nach einem Bericht der italienischen Unicredit die Erwartungen übertroffen. Die Mahner weisen unterdessen auf die haussierenden Rohstoffpreise und die damit verbundenen Inflationsrisiken hin. Das könne für die Unternehmen zum Problem werden, so ist zu hören. Tatsächlich notieren von Kupfer und Palladium über Baumwolle bis hin zum Kaffee, Kakao, Mais oder Hafer auf historischen Höchstständen. Auch Rohöl der Sorte Brent bleibt stabil über der 100 Dollar-Marke pro Barrel. Experten rechnen hier bei einem Preis von 110 bis 120 Dollar mit nachteiligen Auswirkungen auf die Konjunktur. Die chinesische Notenbank sah sich infolge des Preisdrucks zu einer zweiten Zinsanhebung binnen weniger Wochen genötigt. Letztlich zugeschrieben wird diese ausgeprägte Flucht in Rohstofftitel der äußerst lockeren Zinspolitik der Notenbanken in den USA und Europa. Die ausufernde Geldmenge scheint sich also nun doch in höheren Preissteigerungsraten niederzuschlagen, was sogar EZB-Chef Trichet vor zwei Wochen zu einer scharfen Warnung vor einer Rückkehr der Inflation genötigt hatte.

Dennoch stellte US-Notenbankchef Bernanke klar, dass er die Politik des billigen Geldes fortsetzen wolle. Daraufhin setzte bei den Anleihen eine regelrechte Renditerallye ein. Die US-Zinsen haben aktuell ihren seit Mitte Dezember bestehenden Korridor nach oben verlassen. Interpretiert wird dieses denkwürdige Ereignis freilich unterschiedlich.

Die Optimisten meinen, diese Entwicklung sei auf die zuversichtliche Haltung der Anleger hinsichtlich der US-Konjunkturentwicklung zurückzuführen. Die Skeptiker sind dagegen davon überzeugt, dass es die Inflationserwartungen sind, die hier im mittel- bis langfristigen Bereich die Renditen nach oben schießen lassen. Doch auch wenn sich die Experten noch über die Auslegung streiten, für den US-Immobilienmarkt hat es schon jetzt schlimme Auswirkungen. Hier ziehen die Hypothekenzinsen deutlich an. Und das in einem ohnehin schon zertrümmerten Markt. Häusermarkt und Beschäftigungssituation gelten als Achillesferse der USA.

Die Fundamentaldaten der USA lieferten letzte Woche indes ein gemischtes Bild: Steigende Zuversicht bei den Produzenten, aber kaum ein nennenswerter Jobaufbau im Januar am US-Arbeitsmarkt. Dennoch gelingt es dem DAX, seinen Höhenflug mittels der Branchenrotation fortzusetzen. Liquidität ist vorhanden und das derzeitige Kurs-Gewinnverhältnis von nunmehr knapp elf gegenüber einem langjährigen Mittel von 15 wird von den Experten immer noch als günstig bewertet. Allerdings kann das Börsenglück auch blitzschnell wenden. Ägypten, die Rohstoffhausse und die Inflationsgefahren lieferten dafür hinreichend Anlass.

Bulle & Bär

Die Stimmung sei aufgrund der positiven Quartalsberichterstattung gut – und daran werde sich in den nächsten Wochen auch nichts ändern, meinen unter anderem die Analysten von MM Warburg, der Allianz Global Investors und der Weberbank. Die meisten Experten sehen den DAX auf dem Weg Richtung 7500 Punkte, freilich nicht ohne dabei auf die Gefahr von Korrekturen hinzuweisen.

Der ING Investment Management gefällt dagegen der Mix aus steigenden Zinsen, hohen Rohstoffpreisen und überzogenen Gewinnerwartungen gar nicht. Die Analysten aus Holland können den Optimismus ihrer Kollegen nicht teilen und zeigen sich bei Aktien vorsichtig.

Betrachtet man die Umschichtungsaktionen der Profis genauer, so kann kein Zweifel aufkommen, dass diese Aufwärtsbewegung rein liquiditätsgetrieben ist. Negativmeldungen werden ausgeblendet, stattdessen wird das Geld permanent umgeschichtet. Rein in Finanztitel im Austausch gegen Automobilwerte – und wieder zurück in Daimler & Co. Die Ursache für die haussierenden Rohstoffnotierungen ist dabei die gleiche wie für die Aktienhausse – das billige Geld der Notenbanken. Dass solchen Spekulationen Grenzen gesetzt sind, scheint klar zu sein. Wo genau dieser Grenzzaun aufgestellt ist, ist indes schwer auszumachen. Man warnt schon seit Jahren vor der Inflationsgefahr, die von der Druckerpresse der amerikanischen Notenbank ausgeht. Bislang erwies sich dieser Preisdruck allerdings regelmäßig als Chimäre. Nun scheint er doch langsam Realität und vor dem Hintergrund der enormen Staatsverschuldung fast aller westlichen Länder zu einem schier unlösbaren Problem zu werden. Das heißt aber nicht, dass es die Börse gleich zu ihrem dringendsten Problem macht. Vorsichtige Investoren sollten jedoch im Auge behalten, dass die derzeitige Branchenrotation erfahrungsgemäß das baldige Ende einer Aufwärtsbewegung verkündet. Totschlagargument Liquidität hin oder her.


Eckdaten zum 10. Februar 2011 (alle Angaben ohne Gewähr)
DAX (10. 2., 12.35 h)
7295 Punkte
Dow Jones (9. 2. Schluss)
12.239 Punkte
Gold (Feinunze)
1362,75 Dollar
Tagesgeld 5000 € (Durchschnitt)
1,18%
Festgeld 3 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
0,93%
1,30% (ING-DiBa)
Festgeld 12 Monate (Durchschnitt)
Bester überregionaler Anbieter mit Einlagensicherung*
1,46%
2,00% (SWK-Bank)

*Quelle: www.festgeld.de



AZ 2011, Nr. 7, S. 5

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