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ApBetrO-Positionspapier
Erste Reaktionen
• Pressemitteilung der ABDA
Unter der Überschrift "Apotheker stehen für höchstes Versorgungsniveau" veröffentlichte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände ABDA folgende Pressemitteilung:
Die Diskussion um Positionen aus dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG) zur Apothekenbetriebsordnung ist nicht neu. Hierzu erklärt ABDA-Pressesprecher Thomas Bellartz: "An der Novellierung der Apothekenbetriebsordnung wird bereits seit einiger Zeit gearbeitet. Für die Versorgung von täglich mehr als vier Millionen Menschen in den Apotheken, aber auch für die Apotheken selbst mit ihren rund 150.000 Beschäftigten ist wichtig, dass durch die Novellierung das schon heute sehr hohe Niveau der Arzneimittelversorgung weiterhin sichergestellt wird. Die Berufsvertretungen der Apothekerschaft werden sich wie bisher aktiv in die Diskussion um sinnvolle Formulierungen und Änderungen einbringen. Wichtig ist, dass es keinesfalls zu einer Verschlechterung der pharmazeutischen Qualität und zu keiner wirtschaftlichen Mehrbelastung der Apotheken kommen darf."
Die Apotheker sind übrigens der aktuellen Diskussion bereits einen Schritt voraus: Gestern präsentierten ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände und Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in Berlin der Öffentlichkeit ein umsetzungsreifes Konzept zur Zukunft der Arzneimittelversorgung. Hier geht es um konkrete und lebensnahe Verbesserungen bei der Versorgung von Millionen Patienten und Einsparungen in Milliardenhöhe. Bellartz: "Das macht deutlich, dass die Versorgung von Menschen auf höchstem Niveau heute und in Zukunft das Ziel von Apothekerinnen und Apothekern ist."
• Stellungnahme des BVDAK: Mit Augenmaß gearbeitet
Dr. Stefan Hartmann, Vorsitzender des Bundesverbands Deutscher Apothekenkooperationen e. V. (BVDAK), nimmt zu den folgenden Punkten des Positionspapiers des Bundesgesundheitsministeriums vom 12. April 2011 wie folgt Stellung:
Zu 3.1. – Einführung eines Qualitätsmanagementsystems (QMS): Der BVDAK e.V. begrüßt es, dass für bestimmte Tätigkeiten, wie die Herstellung von Infusions- und Injektionslösungen, die maschinelle Verblisterung sowie für die Herstellung in größeren Maßstäben ein QMS zwingend vorgeschrieben wird. In allen übrigen Bereichen sollte die Einführung eines QMS jeder Apotheke selbst überlassen bleiben. Die Entwicklungen beispielsweise in der Hilfsmittelversorgung regeln diese Bereiche von selbst.
Zu 3.2. – Präzisierungen an die allgemeine Arzneimittelherstellung: Der BVDAK e.V. begrüßt die Unterscheidung in kritische (Injektions- und Infusionslösungen) und unkritische (Nasentropfen, Salben etc.) Arzneimittel sowie deren Herstellungsanforderungen. Die Herstellung von unkritischen Arzneimitteln soll weiterhin praxisorientiert nach den bisherigen, "anerkannten pharmazeutischen Regeln" erfolgen. Die geforderten, möglicherweise zusätzlichen Qualitätsprüfungen, also die Herstellungs- wie Prüfvorschriften, sollten so ausgestaltet werden, dass sie für die Apotheken tragbar bleiben.
Zu 3.4. – Verpflichtung zur Information und Beratung: Der BVDAK e.V. begrüßt die Klarstellungen zur Verpflichtung zur Information und zur Beratung. Hier wird es – wie bisher gängige Praxis in den meisten Apotheken – darum gehen, eine Form zu finden, die der Verpflichtung zur Beratung einerseits Rechnung trägt, andererseits den freien Heilberuf des Apothekers nicht weiter einschränkt.
Zu 3.5. – Vertrauliche Beratung: Der BVDAK e.V. begrüßt die Klarstellungen und Präzisierungen zur Verpflichtung zur vertraulichen Beratung. Eine vertrauliche Beratung liegt im Eigeninteresse eines jeden Apothekers, kann aber in Zukunft durchaus noch stärker betont und gefordert werden.
Zu 4.a. – Betriebsräume: Der BVDAK e.V. begrüßt die Hinweise auf die bestehende Apothekenbetriebsordnung. Die Apotheke sollte als "Haus der Gesundheit" von innen und von außen erkennbar bleiben. Einschränkungen in Flächenentscheidungen und weitere Eingrenzungen der derzeitigen Sortimentsbereiche sollten im Patienten- und im Apothekeninteresse jedoch vermieden werden. Hier kann dem Betriebserlaubnisinhaber durchaus eine selbstverantwortliche Entscheidung überlassen werden.
Zu 4.d. – Abtrennung der Rezeptur: Der BVDAK e.V. begrüßt den Vorschlag, dass eine Abtrennung des Rezepturarbeitsplatzes – weiterhin – nach 3 Seiten ausreichend erscheint. Die Qualität von Rezepturen kann auch in diesem Fall sichergestellt werden. Eine 4-seitige Abtrennung des Rezepturarbeitsplatzes wäre weder fach- noch sachgerecht gewesen.
Zu 5.1. – Ausnahmen von der sog. Raumeinheit: Der BVDAK e.V. begrüßt die Erweiterung der Ausnahmen von der sog. Raumeinheit für bestimmte Herstellungstätigkeiten, wie Zytostatikaherstellung oder Verblisterung.
Zu 5.2. – Streichung von Laborgeräten: Der BVDAK e.V. begrüßt es, dass die Laborausstattung der Verantwortung des Apothekenleiters obliegen soll. Ebenso soll die Apothekenleitung entscheiden dürfen, welche wissenschaftliche Literatur sie vorrätig halten sollte. Empfehlungen der Bundesapothekerkammer sollten erarbeitet werden. Auf ressourcenschonende Medien wie Internet sollte besonderer Wert gelegt werden.
Zu 5.3.a. – Labor in Filialapotheken: Der BVDAK e.V. begrüßt es, dass das Betreiben des Labors dem jeweiligen Erlaubnisinhabers eines Filialverbundes obliegen darf, in welcher/welchen Apotheken eines Filialverbundes ein Laborbetrieb gewährleistet werden soll. Damit passt sich die ApoBtrO der mittlerweile gelebten Praxis an. Nachteile für Patienten sind hier nicht zu befürchten.
Zu 5.3.b. – Notdienst im Filialverbund: Der BVDAK e.V. begrüßt es, dass der Erlaubnisinhaber eines Filialverbundes selbst entscheiden soll, in welcher/in welchen Apotheken der Notdienst zu verrichten ist. Diese Änderung ist insbesondere aus Patientensicht zu begrüßen, da der Erlaubnisinhaber diejenige Apotheke seines Filialverbundes zur "Notdienstapotheke" machen wird, welche die beste(n) Voraussetzung(en) erfüllt (Erreichbarkeit, Lage, Frequenz, Warenlager etc.).
Zu 5.5. – Liberalisierung des Botendienstes: Der BVDAK e.V. begrüßt es, dass die Apothekenleitung den Umfang des Kundenservice des Botendienstes für ihre Kunden selbst festlegen darf. Dies ist aus Patientensicht vollumfänglich zu begrüßen.
Zu 5.6. – Rezeptsammelstellen: Der BVDAK e.V. begrüßt es, an dem Verbot festzuhalten, Rezeptsammelstellen bei Angehörigen der Heilberufe zu unterhalten. Der BVDAK e.V. verweist zudem auf seine Stellungnahme vom 22. Juli 2010. Diese steht unter www.bvdak.de zum download bereit. Präsenz- und Versandapotheken sollten beide einer behördlichen Erlaubnis bedürfen und zwar unter der Maßgabe der Gleichbehandlung.
Zusammenfassung:
Insgesamt begrüßt der BVDAK e.V. das Eckpunktepapier des Bundesgesundheitsministeriums zur Novellierung der Apothekenbetriebsordnung. Hier wurde bisher mit Augenmaß gearbeitet. In vielen Punkten fühlt sich der BVDAK e.V. in seinen bisherigen Äußerungen bestätigt. Das Eckpunktepapier trägt damit der allgemeinen, unumkehrbaren Entwicklung des Apothekenmarktes Rechnung. Die Apotheken spezialisieren sich zunehmend. Als Beispiele seien genannt: Filialisierung, Verblisterung, Krankenhausversorgung, Infusionsherstellung, Heimversorgung, Versand, Botendienst, Labor, Notdienst, Hilfsmittelversorgung, Warenangebot, Labor etc. Das Eckpunktepapier geht auf diese Entwicklung explizit ein. Zudem werden durch einige Punkte (Notdienst, Botendienst etc.) klar die Kundeninteressen gestärkt. Es bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen weiteren Punkte der ApoBetrO, die einer Novellierung/Überarbeitung unterzogen werden sollen, in die gleiche Richtung zielen werden. Die Weiterentwicklung der ApoBetrO in der vorliegenden Form, würde zwar die – durch das AMNOG – existenziellen Einbußen nur zu einem kleinen Bruchteil lindern. Allerdings kann dieses Eckpunktepapier auch als Beleg und als politisches Zeichen dafür gewertet werden, dass die Politik erkannt hat, dass den Apotheken in Deutschland über das AMNOG wirtschaftlich und bürokratisch zu viel zugemutet wurde.
• Stellungnahme des VZA: Orts- und zeitnahe Patientenversorgung gefährdet
Dr. Klaus Peterseim, Präsident des Verbandes der zytostatikaherstellenden Apotheker und Apothekerinnen mit Sterillabor in öffentlichen Apotheken (VZA), erklärt zum Positionspapier des Bundesgesundheitsministeriums über die künftige Apothekenbetriebsordnung:
Die beabsichtigte Anwendung der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung (AMWHV) bei der Herstellung parenteraler Rezepturen in der Apothekenbetriebsordnung ist überraschend und dient nicht dem selbstgesetzten Ziel des Ministeriums, die Versorgung der Patienten im Nahbereich der Apotheke zu verbessern. Tatsächlich wird dadurch die bewährte dezentrale zuverlässige Versorgung von Krebspatienten an jedem Ort und zu jeder Zeit durch spezialisierte Apotheken massiv bedroht zugunsten der Verlagerung auf wenige zentralisierte Hersteller. Das würde eine Verschlechterung der orts- und zeitnahen Patientenversorgung bedeuten. Dies verwundert umso mehr, als noch niemals ein Sicherheitsproblem bei der Herstellung patientenindividueller steriler Infusionslösungen durch spezialisierte Apotheken entstanden ist. Die vor einigen Monaten in Mainz bekannt gewordene Verunreinigung solcher Arzneimittel wurde nachweislich nicht von einer Apotheke verursacht. Deshalb sind die an Großbetrieben mit geringer qualifiziertem Personal orientierten AMWHV-Maximalanforderungen nach dem Grundsatz der guten Herstellungspraxis als Richtlinien zur Qualitätssicherung der Produktionsabläufe für Apotheken und ihr pharmazeutisches Fachpersonal nicht sachgemäß. Stattdessen sollten bestehende Qualitätsstandards wie die entsprechende Leitlinie der Bundesapothekerkammer oder der Deutschen Gesellschaft für Onkologische Pharmazie (DGOP) angepasst und verbindlich gemacht werden, um weiterhin eine ortsnahe Versorgung und Betreuung der Patienten mit hochindividuellen, toxischen und betreuungsintensiven Infusionslösungen zu ermöglichen. Die ortsnahe Versorgung mit parenteralen Rezepturen wird auch von dem im Auftrag des Bundesgesundheitsministeriums erstellten aktuellen Gutachten zur Sicherstellung einer effizienten Arzneimittelversorgung in der Onkologie empfohlen. Das Gutachten weist sowohl die qualitativen als auch die wirtschaftlichen Vorteile einer ortsnahen Versorgung nach. Es ist deshalb unverständlich und nicht akzeptabel, dass die weder für die Patienten noch für die Krankenkassen vorteilhafte Anwendung der Arzneimittel- und Wirkstoffherstellungsverordnung in der Apothekenbetriebsordnung übernommen werden soll. Einzige Profiteure wären die bereits heute teilweise von anonymen Gesellschaften finanzierten Herstellungszentren. Auf diese Weise würden die freiberuflichen, mittelständischen Strukturen ortsnaher, leistungsfähiger und zuverlässiger Apotheken mehr und mehr aus der Versorgung und Betreuung von Krebspatienten mit parenteralen Rezepturen verdrängt.
• Stellungnahme von Adexa: Eine pragmatische Novellierung deutet sich an
Die Stellungnahme der Apothekengewerkschaft Adexa:
Ein Frühjahrsputz mit Sperrmüllaktion, aber kein Neubau – unter dieses Motto könnte man das Positionspapier zur neuen Apothekenbetriebsordnung stellen, das die Abstimmungsphase innerhalb der Koalition eingeläutet hat.
Die ganz großen Aufreger fehlen, und so finden sich in den bisherigen Online-Kommentaren vor allem Bedenken, die etwas an den Haaren herbeigezogen wirken.
Problematisch könnte allerdings die Herstellung von Defekturen (100er Regel) unter Verantwortung eines Apothekers mit "ausreichenden" Fachkenntnissen sein. Denn das hieße ja, dass die Approbation nicht genügt?! Braucht man dann einen Herstellungsleiter, um 20 Tüten Kamillentee im Voraus abzufüllen? Besser wäre es, eine Verpflichtung zur Teilnahme an Ringversuchen einzuführen – und dies auch bei gelegentlichen Rezepturen, denn wenn etwas seltener ausgeführt wird, schleichen sich leichter Fehler ein.
Die stärkere Konzentration auf den pharmazeutischen Kernbereich der Apotheke, die avisierten Klarstellungen bei der Verpflichtung zur (vertraulichen) Beratung unterstreichen standeseigene Empfehlungen. Die mögliche Entrümpelung bei Laborgeräten und Reagenzien schafft Freiräume nicht nur im Labor, sondern auch bei den unternehmerischen Entscheidungen, ebenso wie die geplanten Liberalisierungen für Filialverbände bei Labor und Notdienst.
Wenn diese Freiräume und Chancen für mehr Effizienz tatsächlich den Patienten zugute kommen und nicht zulasten der Mitarbeiter umgesetzt werden, dann werden die Apothekenangestellten mit der neuen Apothekenbetriebsordnung gut klarkommen. Vorausgesetzt natürlich, die Eckpunkte haben nichts Wesentliches ausgelassen.
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