DAZ aktuell

Mehr Pflichten im Organspendeprozess

BERLIN (ks). Das Bundeskabinett hat am 6. Juni den Gesetzentwurf zur Änderung des Transplantationsgesetzes beschlossen. Künftig sollen Krankenhäuser verpflichtet werden, einen Transplantationsbeauftragten zu bestellen. Der gesamte Prozess der Organspende soll professionalisiert werden. Damit kommt die Bundesregierung ihren Verpflichtungen zur Umsetzung einer EU-Richtlinie nach.

Gegenstand der Richtlinie 2010/53/EU sind insbesondere die Festlegung EU-weiter, einheitlicher Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Entnahmekrankenhäuser, Transplantationszentren und andere Bereitstellungsorganisationen. Zudem geht es um Anforderungen an die Charakterisierung des Spenderorgans, die Rückverfolgbarkeit und die Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und schwerwiegender unerwünschter Reaktionen.

Mindestens ein Transplantationsbeauftragter

Die Richtlinie räumt den Mitgliedstaaten einen weiten Spielraum für die Berücksichtigung nationaler Transplantationssysteme ein. Daher seien grundlegende Strukturänderungen im Transplantationsgesetz (TPG) nicht erforderlich, heißt es im Gesetzentwurf. Es werden aber die Pflichten der am Organspendeprozess Beteiligten weiter ausgestaltet. So soll etwa die Rolle der Deutschen Stiftung Organtransplantation (DSO) als Koordinierungsstelle gestärkt werden. Zudem werden die Aufgaben der Entnahmekrankenhäuser durch eine eigenständige Vorschrift gesetzlich verankert und dadurch ihre Verantwortung und aktive Mitwirkungspflicht für die Organspende unterstrichen. Dabei wird die bereits bestehende gesetzliche Pflicht der Entnahmekrankenhäuser, den Hirntod aller möglichen Organspender zu melden, hervorgehoben.

Die Entnahmekrankenhäuser werden weiterhin verpflichtet, mindestens einen Transplantationsbeauftragten zu bestellen. Dessen Aufgabe wird es sein, in den jeweiligen Entnahmekrankenhäusern vor Ort als professionell Verantwortlicher für den Organspendeprozess die potenziellen Organspender zu identifizieren, zu melden und dabei als Verbindungsglied des Krankenhauses zu den Transplantationszentren und zur DSO zu wirken. Auch die Aufklärung und die Betreuung der Angehörigen können sie übernehmen.

Regelungen zu Spendebereitschaft noch offen

Änderungen hinsichtlich der Erklärung der Organspendebereitschaft sieht der Gesetzentwurf nicht vor. Unter anderem hatte letzte Woche der Ärztetag für ihr "Modell einer Informations- und Selbstbestimmungslösung mit Erklärungspflicht" geworben. Der Ärztetag betonte, dass diese Regelung die positiven Aspekte sowohl der derzeit geltenden Zustimmungslösung wie auch der sogenannten Widerspruchslösung, bei der nicht spendebereite Bürger einer Organentnahme aktiv widersprechen müssen, aufgreife und zusammenführe. Allerdings ist das von der Ständigen Kommission Organtransplantation der Bundesärztekammer (BÄK) entwickelte Konzept noch nicht ganz ausgearbeitet. Es werde nun konkretisiert und in die anstehenden parlamentarischen Beratungen über die Novellierung des Transplantationsgesetzes eingebracht, so die BÄK.

Auch der hessische Gesundheitsminister und derzeit Chef der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) Stefan Grüttner (CDU) macht sich für eine "erweiterte Widerspruchsregelung" stark. Danach soll grundsätzlich jeder Verstorbene als Organspender in Betracht kommen – es sei denn, er hat zu Lebzeiten widersprochen. Allerdings sollen vor einer Organentnahme die Angehörigen Einspruch einlegen können. Ende Juni steht das Thema auf der Tagungsordnung der GMK. Bayern, Sachsen-Anhalt, Sachsen und das Saarland unterstützten den Vorstoß oder signalisierten Zustimmung. Die niedersächsische Ressortchefin Aygül Özkan (CDU) wandte sich dagegen. Die Menschen würden dadurch verunsichert.

Am 8. Juni – nach DAZ-Redaktionsschluss – fand die öffentliche Anhörung zum Gesetzentwurf im Gesundheitsausschuss des Bundestages statt.



DAZ 2011, Nr. 23, S. 24

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.