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Affäre weitet sich aus

BERLIN (ks). Die mutmaßliche Schmiergeld-Affäre um den Pharmagroßhändler "Multi Trade International" (MTI) und die Hilfsorganisation "Viva Westfalen hilft" zieht weitere Kreise. Nicht nur Sanofi-Aventis ist ins Visier der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen geraten. Es besteht der Verdacht, dass noch mehr Pharmafirmen in die zwielichtigen Deals um Arzneimittel nahe des Verfalldatums verwickelt sind, so auch das Kölner Unternehmen Klosterfrau.

Vergangene Woche hatte der "Spiegel" berichtet, Sanofi-Aventis habe Arzneimittel mit kurzem Verfalldatum rabattiert an MTI abgeben – offiziell handelte es sich um Hilfslieferungen für Nordkorea. Tatsächlich seien die Präparate aber wieder in den deutschen Apotheken gelandet (siehe DAZ 2011, Nr. 25, S. 30). Eine Woche später hält der "Spiegel" auch Klosterfrau entsprechende Geschäfte vor.

Dem Bericht zufolge hat Klosterfrau 2006 mit MTI einen Vertrag geschlossen, im dem das Unternehmen zusicherte, eigene Präparate – aber auch solche anderer Pharmahersteller – 21 Prozent unter dem Herstellerabgabepreis zu liefern. Seit 2006 sollen laut "Spiegel"-Recherchen Klosterfrau-Präparate im Wert von 56 Millionen Euro geliefert worden sein, die MTI über Gehe – gegen sieben Prozent Nachlass – letztlich größtenteils wieder in die deutschen Apotheken gebracht habe. Die Verträge zwischen MTI und Klosterfrau bzw. Sanofi-Aventis seien nahezu identisch – selbst Rechtschreibfehler seien übernommen worden, schreibt der "Spiegel".

Dass die Ware nach Nordkorea gehen sollte, wie es die (Schein)verträge zwischen MIT und Sanofi bzw. Klosterfrau vorsahen, habe dem Deal einen legalen Mantel verleihen sollen, zitiert der "Spiegel" MTI-Chef Carl-Heinz Richter. Alle Beteiligten hätten dies gewusst. Von Sanofi-Aventis und Klosterfrau sind allerdings keine Schuldeingeständnisse zu hören. Auch die Art der Präparate nährt Zweifel, dass es sich um Hilfslieferungen handelte. Die wenigsten von ihnen finden sich auf der Essential Drug List der WHO, an der sich Hilfsorganisationen orientieren. Zudem seien die Packungen deutsch beschriftet gewesen.

Ein dickes Geschäft soll bei dem Deal insbesondere "Viva"-Leiter Wolfgang Tietze gemacht haben. Der ehemalige Pharmamanager habe für seine Zusammenarbeit mit MTI die Hälfte des Gewinns eingestrichen und zudem noch Provisionen erhalten, schreibt der "Spiegel". Letztere seien von Sanofi-Aventis geflossen, aber auch über die Floki GmbH, ein Unternehmen des ehemaligen Sanofi-Managers Erich Dambacher. Dieser hatte 2004 den Vertrag zwischen MTI und Sanofi-Aventis organisiert. Nachdem er das Unternehmen 2007 verließ, soll Dambacher die Geschäfte über seine eigene Firma weitergeführt haben.



DAZ 2011, Nr. 26, S. 32

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