Arzneimittel und Therapie

Bardoxolon zur Prävention chronischer Niereninsuffizienz

Nach der Diagnosestellung entwickelt jeder fünfte Diabetiker im Durchschnitt zehn bis 15 Jahre später eine Nierenschädigung. Unbehandelt kann diese diabetische Nephropathie bei etwa einem Drittel der Betroffenen zum Nierenversagen führen. Die chronische Niereninsuffizienz (CKD) ist in den Industrienationen die häufigste Ursache für eine Dialyse und Nierentransplantation als Nierenersatztherapie. In einer Phase-II-Studie konnte das Fortschreiten der Erkrankung bei Typ-2-Diabetikern durch den neuen Wirkstoff Bardoxolon verlangsamt werden.
Foto: Fresenius Medical Care
Dialyse oder Nierentransplantation sind häufig Folge einer chronischen Niereninsuffizienz. Der neuartige Wirkstoff Bardoxolon könnte eine Progression der diabetischen Nephropathie verlangsamen.

Die häufigste Ursache für chronisches Nierenversagen sind ein Typ-2-Diabetes, Hypertonie und Vorerkrankungen der Niere. Weltweit leiden mehr als 500 Mio. Menschen an chronischer Nierenkrankheit und 1,5 Mio. Menschen sind von der Dialyse abhängig oder leben mit einer Spenderniere. Die Zahl der betroffenen Patienten wird sich in den nächsten zehn Jahren mehr als verdoppeln. Nach ihrem Schweregrad teilt man die Niereninsuffizienz in fünf Stadien ein. Hauptkriterium für diese Einteilung ist die glomeruläre Filtrationsrate (GFR), ein Maß für die Funktionsfähigkeit der Nieren. Sie zeigt an, wie gut harnpflichtige Stoffe (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure) ausgeschieden werden. Der Normalwert der GFR für Kreatinin liegt bei 95 bis 110 ml pro Minute. Nach der mittlerweile weltweit akzeptierten Definition der Amerikanischen Nierenstiftung (National Kidney Foundation) liegt eine chronische Nierenkrankheit vor, wenn die glomeruläre Filtrationsrate unter 60% der Norm – bezogen auf eine standardisierte Körperoberfläche von 1,73 m2 – abgefallen ist.

Bardoxolon erhöht glomeruläre Filtrationsrate

Das Fortschreiten der Niereninsuffizienz beim Typ-2-Diabetes mellitus kann möglicherweise durch Bardoxolon, einen neuartigen Wirkstoff, gestoppt oder zumindest verlangsamt werden. Das zeigen die Ergebnisse der doppelblinden, randomisierten, placebokontrollierten Phase-II-BEAM (Bardoxolone Methyl Treatment: Renal Function in CKD/Type 2 Diabetes)-Studie. An dieser Studie nahmen 227 Patienten mit einem Typ-2-Diabetes mellitus und einer GFR von 20 bis 45 ml/min/1,73 m2 teil. Bardoxolon ist ein oral verfügbares, synthetisches Triterpenoid, das zu den sogenannten AIM (antioxidant inflammation modulators) zählt. Es aktiviert den körpereigenen NrF2-Stoffwechselweg, dessen Funktion in der Bekämpfung von oxidativem Stress besteht.

Die Patienten erhielten Bardoxolon in einer einmaligen Dosis von 25, 75 oder 150 mg bzw. Placebo. Bereits unter der niedrigsten Dosis kam es in den ersten Therapiewochen zu einem Anstieg der glomerulären Filtrationsrate, der im Verlauf der Studie erhalten blieb. Die Besserung hielt bis zum Ende der Therapie nach 52 Wochen und in den höheren Dosierungen sogar noch in den ersten vier Wochen nach Therapieende an. Bei 9% der Patienten kam es unter der Therapie mit Bardoxolon zu einem Abfall der glomerulären Filtrationsrate, während dieser im Placeboarm bei 19% der Patienten mehr als 25% betrug.

Neben Diarrhö, Appetitmangel und Übelkeit traten schon bei der niedrigsten Dosierung Muskelkrämpfe als Nebenwirkung auf. Besonders auffällig war auch eine zeitweise deutliche Erhöhung der Aminotransferase-Werte bei 11% der Patienten in den ersten vier Wochen der Medikation. Wohl auch deswegen haben Reata Pharmaceuticals and Abbott, die das Produkt gemeinsam vermarkten wollen, in der jetzt angelaufenen Phase-III-Studie die tägliche Dosis auf 20 mg begrenzt. Die Ergebnisse der Studie, an der 1600 Patienten teilnehmen, sollen Mitte 2013 vorliegen.



Quelle

Pablo E. Pergola, P.E.; et al.: Bardoxolone Methyl and Kidney Function in CKD with Type 2 Diabetes. N. Eng. J. Med. 2011, doi: 10.1056/NEJMoa1105351, vom 24. Juni 2011.


Dr. Hans-Peter Hanssen



DAZ 2011, Nr. 27, S. 37

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