Aus der Hochschule

Fertigarzneimittelseminar über Autoimmunerkrankungen

Traditionell präsentieren Frankfurter Pharmaziestudierende des Abschlusssemesters am Mittwoch der letzten Vorlesungswoche ein Fertigarzneimittelseminar für das Fachpublikum. Am 13. Juli lautete das Thema, das sich die Studierenden gestellt hatten: "Autoimmunerkrankungen".
Foto: Maria Trenkamp
Das Abschlusssemester Pharmazie am 13. Juli auf dem Campus des ­Biozentrums der Goethe Universität Frankfurt.

Die Gruppe um Julian Thinnes beleuchtete im Einführungsvortrag das Immunsystem von allen Seiten, um den vielen Teilnehmern den Einstieg in die eigentliche Thematik der Autoimmunerkrankungen zu erleichtern.

Mehr als 60 Autoimmunerkrankungen sind beschrieben, darunter als bekannteste Vertreter der Diabetes mellitus Typ 1 und die rheumatoide Arthritis oder als relativ unbekannte Krankheit der Morbus Wegener, der eine Inzidenz von nur 5 bis 7 Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner und Jahr hat. Einige Autoimmunerkrankungen betreffen jeweils einzelne Organe, andere befallen den ganzen Körper.

Leitsymptom: chronische Entzündung

Die Pathogenese ist multifaktoriell. Als Ursachen seien beispielhaft Infektionen, Verlust der Immuntoleranz, Medikamente sowie genetische Prädispositionen genannt. Die Autoimmunerkrankungen weisen jedoch auch Gemeinsamkeiten auf:

In jüngster Vergangenheit wurde ein Zusammenhang mit dem Auftreten von TH17-Zellen, einer Subpopulation der T-Lymphozyten, beobachtet. Zudem werden Besonderheiten in der Oberflächenstruktur von antigenpräsentierenden Zellen sowie der Beschaffenheit von IgG-Antikörpern diskutiert, wie Heidi Kotrba berichtete.

Allen Autoimmunerkrankungen gemeinsam ist das chronische Entzündungsgeschehen, das durch eine permanent überschießende Immunantwort ausgelöst wird. Die Therapieansätze sind hierbei ebenso vielfältig wie die Erscheinungsformen: Das Spektrum reicht von der Substitution fehlender Hormone (z. B. Insulin) über die exotisch anmutende Gabe von Eiern des Schweinepeitschenwurms (Trichuris suis) bis zum Einsatz der etablierten nichtsteroidalen Antiphlogistika und Immunsuppressiva. Den innovativen Biologicals (insbesondere monoklonale Antikörper) sowie dem alten "Wundermittel" Cortison wurden im Seminar eigene Vorträge gewidmet.

Von MS bis Lupus

In der zweiten Programmhälfte standen ausgewählte Erkrankungsbilder im Vordergrund. Marcus Unger referierte über die multiple Sklerose (MS). In den letzten Jahren haben viele Pharmaunternehmen neue MS-Arzneimittel erforscht. So kam im 1. Quartal 2011 der Wirkstoff Fingolimod auf den Markt. Standen bisher nur parenteral applizierbare Wirkstoffe für die MS-Therapie zur Verfügung, kann Fingolimod oral appliziert werden. Die Pipeline quillt geradezu über von neuen MS-Medikamenten, sodass in den nächsten Jahren weitere Fortschritte in der Therapie zu erwarten sind.

Es folgten Beiträge zur rheumatoiden Arthritis, zu den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen sowie den Schilddrüsenleiden. Getreu dem Tagesmotto "Homo homini lupus – der Mensch ist dem Menschen ein Wolf" durfte natürlich das von Prof. Dr. Jochen Klein betreute Thema Lupus erythematodes nicht fehlen. Systemischer, kutaner und medikamenteninduzierter Lupus wurden von Rouzbeh Chagizi ausgiebig analysiert. Hervorzuheben ist, dass es sich beim medikamenteninduzierten Lupus um den einzigen reversiblen Autoimmunprozess handelt.

Ein Lupus kann Auslöser einer Glomerulonephritis sein. Für diese Nierenerkrankung gibt es jedoch noch weitere Ursachen, zum Beispiel den eingangs erwähnten Morbus Wegener, wie Anna Schübler darlegte.

Auch im Wintersemester 2011/12 wird wieder ein von den Kammern mit acht Fortbildungspunkten anerkanntes Fertigarzneimittelseminar stattfinden.

Das Datum, Mittwoch, der 8. Februar 2012, steht bereits fest; das Thema ist zurzeit noch offen, steht aber ab November 2011 auf der Homepage: www.fertigarzneimittelseminar.com.

Ein Blick hinter die Kulissen

Was würde eine Tageskarte für das Fertigarzneimittelseminar kosten, wenn man die investierte Zeit, Arbeit, Kraft, Schweiß und Herzblut in Geld umrechnen würde? Eine konkrete Zahl kann man hier wohl nicht nennen, aber eins mit Sicherheit sagen: Billig wäre sie nicht.

Die von den Apothekern in spe über weite Strecken mit professioneller Leichtigkeit vorgetragenen Beiträge mögen den Eindruck erweckt haben, dass das Seminar für sie eine leichte Übung war – aber weit gefehlt! Die zwölf Kleingruppen trafen sich bereits seit April mehrmals wöchentlich mit ihren Betreuern, die Abgabefrist für die Texte dabei ständig im Nacken. Nach der Abgabe gab es nur eine kurze Verschnaufpause, denn auch die Präsentationen mussten erstellt und vorbereitet werden.

Wie vielseitig eine vermeintlich einheitliche Formatvorlage interpretiert werden kann und wie lange es dauern kann, solche Interpretationen zu einem runden Gesamtwerk zusammenzufügen, erfuhren die Redakteure der Tagungsskripte. Derweil plagte sich das Organisationsteam mit den Fragen: Wie bezahlen wir das alles? Wer kann uns unterstützen? Der Hauptsponsor Phoenix Pharmagroßhandel in Hanau ist seit Jahren eine sichere Bank und sorgt jedes Semester aufs Neue für die leibliche Verköstigung und Verpflegung. Aber auch die Druckkosten für die Tagungsskripte, Programmhefte und Plakate wollen getragen werden. Rettung kam dieses Mal in letzter Sekunde von der Immundiagnostik AG mit ihrer Tochtergesellschaft Preventis GmbH. Durch die Unterstützung konnten die Tagungsskripte als kleine Entlohnung kostenlos an das veranstaltende Abschlusssemester abgegeben werden. Es sind noch einige Exemplare übrig, die hier bestellt werden können: skripte@fertigarzneimittelseminar.com.

Unter den geschilderten Bedingungen lagen die Nerven aller Beteiligten blank, Reibereien innerhalb der Gruppe waren keine Seltenheit, und auch die eine oder andere Träne ist geflossen. Umso schöner war es, in der heißen Phase festzustellen, dass doch alle an einem Strang ziehen. Betreuer, Kleingruppen und Organisationsteam haben zusammen Schwächen, die sich in den Proben zeigten, ausgemerzt, sodass wir rückblickend mit Stolz sagen können: Das Gesamtprodukt "Fertigarzneimittelseminar Autoimmunerkrankungen" konnte sich sehen lassen.

Über den fiktiven monetären Wert einer Tageskarte für das Fertigarzneimittelseminar wurde bereits eingangs sinniert. Wie verhält es sich aber mit dem Lehr- und Erfahrungswert für die teilnehmenden Studenten? Unbezahlbar!

P.S.: In der Mittagspause sorgte der "semestereigene" Caterer "delikat und ausgewogen” von Hendrik Wehling für das leibliche Wohl aller Beteiligten. Auch die grafische Gestaltung des Tagungsskripts, der Präsentationen und der Fertigarzneimittelseminar-Homepage waren "hausgemacht": Sie stammten von Yannik Lewin. Vielen Dank! <Maria Trenkamp

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