Deutscher Apothekertag 2011

Politiker umschmeicheln Apotheken

Zur Eröffnung des Deutschen Apothekertages werden die Pharmazeutinnen und Pharmazeuten traditionell mit viel Lob aus der Politik bedacht – dies war auch in diesem Jahr nicht anders. Die Vertreter der Bundestagsfraktionen betonten allesamt die bedeutende Rolle der Apotheken für die Patienten und das Gesundheitswesen. Am erfrischendsten und ehrlichsten wirkte dies bei der grünen Gesundheitsministerin Nordrhein-Westfalens, Barbara Steffens. Sie appellierte an die Regierungskoalition im Bund, noch in diesem Jahr zu prüfen, ob die Apotheken ihr AMNOG-Sparziel bereits erfüllt haben.
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Barbara Steffens Wo Heilberuf drauf steht, muss Heilberuf drin sein.

Auch Steffens verwies in ihrem Grußwort auf die besondere heilberufliche Rolle der Apothekerinnen und Apotheker im Gesundheitswesen. Diese Rolle müssten sie künftig allerdings mit noch mehr Inhalt ausfüllen als jetzt. "Je billiger, je besser" dürfe nicht die Maxime sein. Anders als von Grünen-Politikerinnen gewohnt, betonte die Ministerin zudem den Stellenwert der inhabergeführten Apotheke. Steffens stellte klar, dass auch ein Heilberuf sich wirtschaftlich tragen müsse. Und ob dies nach dem AMNOG noch allen Apotheken möglich ist, bezweifelt sie. Es sei sicherlich gut, dass das befürchtete Milliardendefizit der Krankenkassen durch das Gesetz abgewendet werden konnte – man müsse aber auch sehen, zu wessen Lasten dies geschehen sei, so Steffens. Sie habe jedenfalls in Nordrhein-Westfalen zu Ohren bekommen, dass der Pharmagroßhandel nicht ganz so spare, wie es sich die schwarz-gelbe Koalition vorgestellt hatte. Man müsse sich daher genau anschauen, ob die Apotheker ihr Sparziel möglicherweise schon übererfüllt haben – und das spätestens bis Ende dieses Jahres. Dies sei nötig, "damit uns die Apotheken im ländlichen Raum nicht wegbrechen", so die Ministerin.

Steffens betonte aber auch, dass man im Arzneimittelbereich nach weiteren Potenzialen fahnden müsse. Als Beispiel nannte sie die Arzneimittelversorgung von Pflegeheimbewohnern: Es sei zuweilen "unheimlich", wenn man sehe, wie viele Medikamente diese bekommen. Hier müssten Apotheken genauer schauen – auch wenn es hierdurch zu Umsatzeinbrüchen kommen könne. Diese seien sicherlich durch andere Versorgungsstrukturen zu kompensieren.


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Annette Widmann-Mauz Übers Honorar sprechen.

Honorierung: BMG gesprächsbereit

Darüber hinaus lobte die parlamentarische Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, Annette Widmann-Mauz (CDU), die Apotheken. Es sei "vorbildlich" und "herausragend", was sie tagtäglich für das Gesundheitswesen und die Arzneimittelsicherheit leisteten. Ziel der Regierungskoalition sei, dies auch für die Zukunft sicherzustellen. "Die Menschen sollen auf ihren Apotheker nicht verzichten müssen", so Widmann-Mauz. Sie dankte den Apothekern zudem dafür, ihren Anteil dazu geleistet zu haben, dass die gesetzliche Krankenversicherung 2011 Überschüsse aufweisen kann und das befürchtete Milliardendefizit umschifft werden konnte. Allerdings: "Wir werden und wir können diesen Konsolidierungserfolg jetzt nicht aufs Spiel setzen", so Widmann-Mauz. Statt Beiträge zu senken, wolle die Regierungskoalition lieber über Versorgung diskutieren und diese verbessern.

Was die ABDA-Forderung nach einer angemessenen Apothekenvergütung betrifft, zeigte sich die Staatssekretärin bereit, hierüber zu sprechen. Sie betonte, dass die schwarz-gelbe Koalition eine "leistungsgerechte Vergütung für alle Gesundheitsberufe" wolle. Allerdings könne sie den Gesprächen mit der Apothekerschaft jetzt noch nicht vorgreifen. Betroffen von einer solchen Anpassung sei nicht nur das Bundesgesundheitsministerium. Da die privaten Krankenversicherungen und über diese die Beihilfen ebenfalls tangiert seien, müssten auch die Bundesministerien des Inneren und der Finanzen einbezogen werden. Klar sei aber, dass Änderungen am Honorar "nicht auf Zuruf" erledigt werden. Nötig seien als Gesprächsgrundlage "zuverlässige und solide Daten".

Als "positiv bemerkenswert" bezeichnete die Staatssekretärin das von Ärzten und Apothekern an den Tag gelegte Miteinander beim ABDA/KBV-Konzept. Mit Blick auf die Kritiker sagte sie, dass gerade die Hausärzte die Zusammenarbeit mit Apotheken bräuchten. Sollte sich das Konzept in der Praxis bewähren, werde der Gesetzgeber darüber entscheiden, ob es in die Regelversorgung geht. Widmann-Mauz betonte aber auch, dass die Rabattverträge auf jeden Fall weiter bestehen werden. Angesichts der hier erzielten Einsparungen könne man auf dieses Instrument nicht verzichten.

ApBetrO: Kein übereiltes Vorpreschen

Zur Novelle der Apothekenbetriebsordnung bemerkte Widmann-Mauz, dass die Apothekerschaft der Politik zumindest nicht vorwerfen könne, hier "übereilt vorzupreschen". Sie warb für die Ideen des Ministeriums, wie die Apotheken entlastet werden können. Etwa indem sie selbst entscheiden können, welche Laborgeräte sie brauchen. Dies sei ein "erheblicher Kostenfaktor". Zudem dränge es sich auf, zu überlegen, ob sich Haupt- und Filialapotheken auf ein gemeinsames Labor verständigen können. Hinsichtlich der Pick-up-Stellen nehme sie "mit Interesse zur Kenntnis, dass die Apothekerschaft nun auch nach einer Lösung sucht, die den Realitäten entspricht und die verfassungsrechtlich umsetzbar ist". Die neuen Gesprächsangebote, so Widmann-Mauz, würden nun geprüft.


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Johannes Singhammer Die Struktur erhalten.

Singhammer sorgt sich um unzufriedene Apotheker

Unionsfraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) zeigte sich ebenfalls froh, dass man in diesem Jahr nicht mehr diskutieren müsse, wie ein GKV-Defizit zu vermeiden ist. Im Gegenteil: Bei

sieben Mrd. Euro könnte der Überschuss des Gesundheitsfonds liegen – allerdings sei der weit überwiegende Teil hiervon bereits verplant, so Singhammer. Auch er würdigte den Beitrag der Apotheker zu den Sparbemühungen. Man werde darauf achten, dass die 400 Mio. Euro, die das AMNOG als Sparbeitrag des pharmazeutischen Großhandels und der Apotheken vorsieht, "fifty-fifty aufgeteilt" werden. Die Union stehe weiterhin zum freien Beruf der Apotheker und sehe nun mit großer Sorge, dass deren Zufriedenheit nicht zu- sondern abgenommen habe und die Zahl der Apotheken rückläufig ist. "Die Perspektive eines auskömmlichen Wirtschaftens schwindet", konstatierte Singhammer. Daher sei die Erhaltung der bewährten Struktur "wichtig und künftig noch wichtiger".

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Gabriele Molitor Einfach nur Lob.

Bei der Novelle der Apothekenbetriebsordnung sei es ein großes Anliegen, "diese Renovierung gemeinsam voranzubringen". Es herrsche keine übertriebene Hast. Ziel sei es, die Arbeit der Apotheker nicht zu erschweren, sondern zu optimieren, sagte Singhammer. Was Pick-up-Stellen betrifft, so bemühe man sich um die "schnelle Umsetzung eines verfassungsrechtlich sicheren Vorschlags". Lob gab es auch für das ABDA/KBV-Konzept. Nicht zuletzt weil hierüber nicht "das Postulat des Einsparens" schwebe, sondern man endlich neue Strukturen ausprobieren könne.

Wenig Inhalt bot das Grußwort der behindertenpolitischen Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gabriele Molitor. Sie dankte den Apothekern für ihre Arbeit und ihr Engagement. Lob gab es auch von ihr für das ABDA/KBV-Konzept. Es setze an der richtigen Stelle an: "Wir sind gespannt, welche Region das Modellprojekt durchführen wird." Darüber hinaus zeigte sich Molitor wenig bewandert im Apothekensektor und stellte es als positiv für Apotheken dar, dass ihr gesetzlicher Abschlag an die Kassen von 2,30 Euro auf 2,05 abgesenkt wurde.


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Bärbel Bas Ein Apothekermangel droht.

Bas: Ländliche Regionen attraktiver machen

Bärbel Bas (SPD), Mitglied des Gesundheitsausschusses des Bundestags, bekräftigte, dass ein zukunftsfähiges Konzept für die flächendeckende Arzneimittelversorgung nötig sei. Apotheker – oft der erste Ansprechpartner der Patienten – seien heute mehr gefordert denn je. Bas forderte eine bessere und transparentere Struktur der Arzneimittelpreise. Mit Rabattverträgen und Zwangsabschlägen habe sich die Politik bei den Apothekern nicht beliebt gemacht. Dennoch bleibe auch die SPD-Fraktion der Auffassung, dass Rabattverträge ein wichtiges Sparinstrument seien. Dass zu Jahresbeginn die Mehrkostenregelung und die Packungsgrößenverordnung für Verwirrung gesorgt haben, gehe allerdings an die Adresse der Koalition – ebenso der Umstand, dass der Großhandel seine Belastungen an die Apotheken weitergibt. Mit Blick auf das Versorgungsstrukturgesetz betonte Bas, dass neben dem Ärztemangel gerade in ländlichen Regionen auch ein Apothekenmangel drohe. Hier könne nicht nur mit Geld gelockt werden; den jungen Heilberuflern fehle schlicht eine Infrastruktur. "Wenn wir die Unterversorgung ganzer Regionen verhindern wollen, muss es für junge Apotheker wieder attraktiver werden, aufs Land zu ziehen." Zudem, so die SPD-Politikerin seien mehr Pharmazie-Studienplätze nötig.


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Martina Bunge Rx-Versand verbieten.

Bunge: "Gesund sieht anders aus"

Martina Bunge, gesundheitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, zeigte sich abermals als Freundin der Apotheken. Sie seien "ein unverzichtbarer Teil der Versorgungslandschaft". Leider werde die Einzigartigkeit der Apotheke für die Patienten nicht optimal genutzt – immer wieder gebe es Störungen, etwa durch Rabattverträge. Aber auch der Versandhandel, den Linken von jeher ein Dorn im Auge, sei nicht nur "ein bisschen Konkurrenz". Das leidige Problem der Pick-up-Stellen könnte auch erledigt werden, indem man konsequent vorgeht und den Rx-Versand wieder verbietet. Nicht zuletzt von der ABDA prognostizierte Apothekenschließungen zeigten, dass es den Apotheken "nicht so richtig gut" gehe. "Gesund sieht anders aus", so Bunge.

Was das geplante Versorgungsstrukturgesetz betrifft, so sei dies zwar von der Sache her gut. Aber es sei nicht ausreichend, dabei nur an die ärztliche Versorgung zu denken. "Wenn es schon so ein umfassendes Gesetz ist, sollte man auch die Apotheken in den Blick nehmen". Immerhin gebe es nun den Änderungsantrag zum ABDA/KBV-Modell – wenngleich sich Bunge skeptisch zeigte, dass es sich um ein Modellvorhaben handeln soll. Es sei "eine Krux" solche Modelle schnell zu evaluieren und nicht im Sande verlaufen zu lassen. Wichtig an dem Modell ist aus ihrer Sicht vor allem das gemeinsame Handeln von Ärzten und Apothekern. Im Vordergrund müsse dabei die bessere, leitliniengerechte Versorgung stehen; Einsparungen wären ein "netter Nebeneffekt". Was den Medikationskatalog betrifft, so wertet Bunge diesen als Positivliste – und dafür war die Linke schließlich schon immer! Medikationskatalog sei hier "vielleicht ein schönerer Name".


ks

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