Deutscher Apothekertag 2011

Wohin mit dem Müll?

Carolina Kusnick

Arzneimittel sind ein besonderes Gut, das einen besonderen Umgang erfordert. Das schließt einen sicheren Vertriebsweg und die Abgabe ebenso ein, wie die Entsorgung von nicht gebrauchten oder verfallenen Arzneimitteln. Um Arzneimittelmüll zu vermeiden, sollte meiner Meinung nach als allererstes der Fokus darauf ausgerichtet sein, die Compliance zu erhöhen, da es nach wie vor der eigentliche Skandal ist, dass nur ca. die Hälfte der abgegebenen Arzneimittel eingenommen werden. Doch man muss sich auch mit dem Verbleib von Altarzneimitteln befassen. Wie soll man sie entsorgen? In den Hausmüll, in den Ausguss, zum Sondermüll oder zurück in die Apotheke? Das EU-Gemeinschaftsrecht verpflichtet zwar die Mitgliedstaaten, geeignete Sammelsysteme für Altarzneimittel vorzusehen. Doch derzeit gibt es in Deutschland kein flächendeckendes Rücknahmesystem. Bis vor kurzem haben Apotheken Arzneimittel zurückgenommen und sich um die Entsorgung gekümmert. Seit der Änderung der Verpackungsverordnung jedoch wird das unterschiedlich gehandhabt. Patienten äußern sich irritiert, dass es keine einheitliche Sammlung und Entsorgung über die Apotheke gibt, sie reagieren mit Unverständnis, wenn sie aufgefordert werden, das "besondere Gut Arzneimittel" ganz schnöde über den Hausmüll zu entsorgen. Eine einheitliche Rücknahme über die Apotheke kann das Gefühl des Besonderen, Guten, Sicheren vermitteln. Denn die Risiken einer unkontrollierten Entsorgung von Altarzneien sind nicht zu unterschätzen. Aus Sicht der Verbrauchersicherheit sollten Arzneimittel sicher entsorgt werden, damit eine versehentliche unsachgemäße Anwendung verhindert wird. Wie bei jedem Müll muss auch eine Gefährdung der Umwelt in Betracht gezogen werden. Die enthaltenen Wirkstoffe sind zwar biologisch abbaubar, eine Gefährdung des Grundwassers ist jedoch vorstellbar, wenn sie über die Toilette entsorgt werden. Altarzneimittel können über den Hausmüll entsorgt werden, wenn sichergestellt ist, dass er direkt einer fachgerechten Entsorgung durch thermische Behandlung in einer Müllverbrennungsanlage zugeführt wird.

Mit dem Entsorgungsproblem befassten sich zwei Anträge mit verschiedenen Ansätzen: Zum einen wurde der Gesetzgeber aufgefordert, die Entsorgung von Altarzneimitteln gesetzlich zu regeln. Die Zielrichtung: Rücknahmepflicht von Altarzneimitteln durch die Industrie, die Apotheken unterstützen logistisch und kostenneutral. Nach einiger Diskussion um Aufwand, Kosten und Nutzen wurde der Antrag ohne Ergebnis übersprungen. Der zweite Antrag forderte, den pharmazeutischen Unternehmer zu verpflichten, geeignete Entsorgungshinweise wie Piktogramme in den Beipackzettel oder auf der Verpackung aufzunehmen. Er wurde angenommen. Doch ist das wirklich Compliance-fördernd, wenn der Patient neben den unerwünschten Wirkungen im Beipackzettel nun auch noch lesen muss, dass, was er einnimmt, potenziell gefährlich für die Umwelt ist und zum Beispiel wie Batterien getrennt entsorgt werden soll?

Sollte es unter Sicherheitsaspekten nicht selbstverständlich sein, dass in der Apotheke Arzneimittel zurückgegeben werden können? Unter Imageaspekten darf nicht unterschätzt werden, dass eine Rücknahme von Altarzneimitteln durch die Apotheke von der Bevölkerung positiv aufgenommen wird, da sowohl der Umweltschutz als auch die Arzneimittelsicherheit einen hohen Stellenwert haben.

Ich finde es an der Zeit, dass sich die Apothekerschaft noch einmal an die Spitze der Bemühungen stellt, ein Konzept zu entwickeln, wie Arzneimittel in Apotheken entsorgt werden können und wie die Kosten derartiger Leistungen für die Allgemeinheit finanziert werden sollen. Zumal die Erfahrung lehrt, dass bei einer Regelung durch den Gesetzgeber oft nichts Gutes raus kommt: Kosten und Bürokratie.


Carolina Kusnick



DAZ 2011, Nr. 41, S. 121

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