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Arzneimittel und Therapie
Symptomlinderung unter Rituximab-Therapie
Das chronische Erschöpfungssyndrom (CFS. Chronic Fatigue Syndrome), auch als myalgische Encephalomyelitis bezeichnet, wird von der Weltgesundheitsorganisation WHO als neurologische Erkrankung eingestuft. Die Diagnostik der Erkrankung beruht auf Kriterien, die 1994 von Fukuda und Mitarbeitern aufgestellt wurden. Dazu gehört ein erstmalig auftretender Erschöpfungszustand, der länger als sechs Monate andauert, sich durch Ruhe nicht bessert und die Lebensqualität erheblich einschränkt. Weiterhin ist die Erkrankung durch ein vermindertes Kurzzeitgedächtnis und Konzentrationsschwierigkeiten, Hals-, Muskel- Gelenk- und Kopfschmerzen, empfindliche Lymphknoten an Achseln und Hals, Schlafstörungen und Zustandsverschlechterung nach Anstrengung gekennzeichnet.
Ist das CFS eine Autoimmunkrankheit?
Der monoklonale Antikörper Rituximab wurde in Deutschland 1998 zur Behandlung des Non-Hodgkin-Lymphoms und 2006 auch zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis zugelassen. Kommt es zu einer Proliferation von CD20-positiven Lymphozyten, kann das Präparat auch beim Hodgkin-Lymphom eingesetzt werden. Der Anti-CD20-Antikörper führt zu einer Depletion dieser B-Lymphozyten, die für die Bildung von krankheitsspezifischen Antikörpern, die auch im Zusammenhang mit Autoimmunerkrankungen auftreten, zuständig sind.
Norwegische Ärzte hatten einen Patienten mit Morbus Hodgkin, der gleichzeitig an einem chronischen Erschöpfungssyndrom litt, mit Rituximab behandelt. Die Erschöpfbarkeit und andere Symptome des chronischen Erschöpfungssyndroms besserten sich unter der Therapie. Nach dem Ende der Rituximab-Chemotherapie stellten sich bei dem Patienten die CFS-Symptome wieder ein. Nach weiteren erfolgreichen Behandlungen einzelner Patienten wurden jetzt die Ergebnisse einer randomisierten placebokontrollierten Studie veröffentlicht. An dieser Studie hatten 30 Patienten teilgenommen, die im Abstand von zwei Wochen Kurzinfusionen mit Rituximab oder Placebo erhielten. Bei zehn von 15 Patienten, die mit Rituximab behandelt wurden, kam es in den Monaten nach der Behandlung zu einer leichten bis deutlichen Verbesserung der Symptome, während sich bei lediglich zwei von 15 der mit Placebo behandelten Patienten eine Linderung zeigte.
Nach einer durchschnittlichen Therapiewirkung von 25 Wochen und dem Wiederauftreten von CD20-Zellen litten die Patienten erneut unter CFS-Symptomen. In zwei jetzt laufenden längerfristigen Folgestudien erhalten die Teilnehmer daher Infusionen in den Monaten 3, 6, 10 und 15.
Als gesichert für die Ätiologie des chronischen Erschöpfungssyndroms gilt die Schlüsselrolle des Immunsystems. Bei der überwiegenden Anzahl der Patienten konnten bereits früher Wissenschaftler eine Aktivierung der Immunabwehr nachweisen: Die Zahl aktivierter T-Zellen nimmt zu, Interleukin-2-Rezeptoren werden vermehrt exprimiert und die Produktion von Zytokinen erhöht. Die Ergebnisse der norwegischen Studie – so die Autoren – legen eine Zugehörigkeit des chronischen Erschöpfungssyndroms zu den Autoimmunerkrankungen nahe. Vor einer Therapieempfehlung müssen auf jeden Fall weitere Prüfzentren die Ergebnisse bestätigen, da zum einen der Eingriff in die Antikörperproduktion nicht selten mit unerwünschten Wirkungen einhergeht und zum anderen die Kosten für eine Therapie mit monoklonalen Antikörpern erheblich sind.
QuelleFluge; Ø.; et al.: Benefit from B-Lymphocyte Depletion Using the Anti-CD20 Antibody Rituximab in Chronic Fatigue Syndrome. A Double-Blind and Placebo-Controlled Study. PLoS ONE 2011; 10.1371 /journal.pone.0026358 vom 19. November 2011.Fukuda, K.; et al.: The Chronic Fatigue Syndrome: A Comprehensive Approach to Its Definition and Study. Ann. Intern. Med. 1994; 121(12): 953 – 959.
Dr. Hans-Peter Hanssen
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