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- DAZ 46/2011
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Fortbildung
Phytopharmaka adjuvant anwenden!
Am bekanntesten sind Extrakte aus der Weidenrinde, die seit vielen Jahren eingesetzt werden. Sie sollten standardisiert sein auf einen Gesamtsalicingehalt von 1,5%. Die gewünschte antiin flammatorische, antipyretische und analgetische Wirkung ist dabei nicht nur auf die entstehende Salicylsäure zurückzuführen, denn es entsteht zu wenig für eine analgetische Wirksamkeit: Nach der Verabreichung des Extraktes mit 240 mg Salicin entstehen nur ca. 100 mg Salicylsäurederivate. Die Wirkung wird auch durch Flavonoide und Polyphenole erklärt.
Angewendet werden Flüssig- oder Trockenextrakte bei Fieber, rheumatischen Beschwerden oder Kopfschmerzen. Die empfohlene Dosis beträgt 240 mg Salicin/Tag, diese Menge findet sich in 1572 mg Extrakt. Es wird diskutiert, dass im Weidenrindenextrakt auch gastroprotektive Inhaltsstoffe enthalten sind, da im Tierversuch keine Schädigung der Magenschleimhaut beobachtet wurde. Bezüglich der Wirksamkeit wird die Studienlage bei akuten Rückenschmerzen positiv bewertet, bei degenerativen rheumatischen Beschwerden ist die Studienlage heterogen.
Als eine nicht-einheimische Pflanze stellte Lindequist die Teufelskrallenwurzel vor. Die bitter schmeckende Wurzel wird auch als verdauungsförderndes Mittel angewendet. Der Wirkmechanismus der antiinflammatorischen und analgetischen Wirkung ist nicht geklärt. Diskutiert wird eine Hemmung der Bildung proinflammatorischer Zytokine in Makrophagen durch Harpagosid. Die Studienlage wird positiv eingeschätzt: eine Schmerzreduktion konnte nachgewiesen werden.
Nicht unumstritten sind Hagebutten. Sie enthalten 3% Fruchtsäuren, bis zu 2% Vitamin C, Galactolipid, ungesättigte Fettsäuren und Polyphenole. Angeboten wird ein standardisiertes Pulver als Nahrungsergänzungsmittel, das antioxidativ und antiinflammatorisch wirken soll. Es sollten nur Produkte gewählt werden, die auf Galactolipid eingestellt sind. Pro Gramm Pulver sind 0,3 mg Galactolipid enthalten. Die Anwendung als Kapsel oder als loses Pulver sollte über mehrere Wochen bis Monate erfolgen. Die Studienlage ist dabei sehr dünn. Einige Studien gaben Hinweise auf eine Wirksamkeit bei Arthrose und rheumatoider Arthritis, aber es lagen nur geringe Fallzahlen vor. Hinzu kam, dass in der Verumgruppe viele Anwender wegen unerwünschter Wirkungen die Einnahme abbrachen: Für ein Nahrungsergänzungsmittel sei dies nicht akzeptabel, so Lindequist.
Gut belegt dagegen ist die Anwendung von Brennnesselblättern bei rheumatischen Erkrankungen: Positive Ergebnisse liegen aus multizentrischen Anwendungsbeobachtungen vor, die mit einem wässrig-ethanolischen Extrakt durchgeführt wurden. Mit dem Presssaft aus frischem Brennnesselkraut wurden 46 Patienten mit Arthrose und Polyarthritis über zwölf Wochen behandelt. Im Ergebnis konstatierte sowohl das Ärzteurteil als auch das Patientenurteil eine Verbesserung der Bewegungseinschränkungen, der Gelenkschwellungen und der subjektiven Parameter um ca. 50%, ohne dass unerwünschte Wirkungen beschrieben wurden.
Auch etherische Öle wie Eukalyptusöl, Fichten- und Kiefer nadelöl, gereinigtes Terpentinöl oder Pfefferminzöl werden gern äußerlich angewendet. Über eine unspezifische Reizung der kutanen Rezeptoren kann eine Hyperämie augelöst werden. Über viszerokutane Reflexe können auch die inneren Organe positiv beeinflusst werden.
Charakteristisch für Phytopharmaka ist der Einsatz von Wirkstoffkombinationen, durch die mehrere Angriffspunkte adressiert werden. Positiv zu sehen ist das breite, sich einander ergänzende Wirkungsspektrum und die wenigen Nebenwirkungen.
Die lange Anwendungstradition und das gute Preis-Leistungs-Verhältnis spricht für die Anwendung der Präparate. Die Wirksamkeit ist allerdings nicht immer gut belegt. Es gibt nur wenige gute klinische Studien, oft liegen methodische Mängel vor. Phytopharmaka sollten vorzugsweise adjuvant angewendet werden, eher bei chronischen Beschwerden. Hier kann ihr Einsatz sinnvoll und nützlich sein. Das Wohlbefinden und die Lebensqualität können gefördert werden und es ist auch möglich, so Lindequist, die Dosis von nicht-steroidalen Antirheumatika und Corticosteroiden zu reduzieren.
ck
DAZ 2011, Nr. 46, S. 88
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