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Arzneimittel und Therapie
Zulassung für Eculizumab bei atypischem HUS
Das hämolytisch-urämische Syndrom (HUS) ist gekennzeichnet durch den Verlust von Erythrozyten durch Schädigung kleiner Blutgefäße (mikroangiopathische hämolytische Anämie), eine verminderte Anzahl an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und schließlich akutes Nierenversagen. Das häm olytisch-urämische Syndrom wird unterschieden in eine meist durch Infektion ausgelöste typische Form mit begleitendem Durchfall und eine atypische, genetisch bedingte Erkrankung ohne begleitenden Durchfall. Beide Formen treten sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen auf. Die Prognose beim seltenen atypischen hämolytisch-urämischen Syndrom (aHUS) ist schlecht; bei mehr als der Hälfte der Patienten führt die Erkrankung innerhalb eines Jahres nach der Diagnose zum Tod oder verursacht dauerhafte Nierenschäden und erfordert häufige Dialysen.
EU-Zulassung jetzt auch bei aHUS
Bereits seit 2009 wird der monoklonale Antikörper Eculizumab vereinzelt bei hämolytisch-urämischem Syndrom eingesetzt, wenn es unter einer Standardtherapie zu keiner Besserung kam, so bei Kindern, die nicht auf Plasmapherese reagierten, und bei einem atypischen HUS nach einer Nierentransplantation. Auch beim EHEC-HUS-Ausbruch erfolgte in schweren Fällen unter Beachtung verschiedener Ausschlusskriterien ebenfalls eine Eculizumab-Therapie.
Der humanisierte Antikörper vom Typ IgG2/4 wurde von dem amerikanischen Biotechnologie-Unternehmen Alexion Pharmaceuticals entwickelt und wird von Lonza gentechnisch in der stabilen Maus-Myelomzelllinie NS0 hergestellt. Eculizumab ist ein terminaler Komplementinhibitor, der spezifisch und mit hoher Affinität an das Komplementprotein C5 bindet, dadurch dessen Spaltung in die Fragmente C5a und C5b blockiert und die Bildung des terminalen Komplementkomplexes C5b-9 verhindert. Eculizumab erhält die frühen Komponenten der Komplementaktivierung, die von wesentlicher Bedeutung für die Opsonisierung von Mikroorganismen und die Elimination von Immunkomplexen sind. Bei aHUS-Patienten werden die unkontrollierte terminale Komplementaktivierung und die daraus resultierende komplementvermittelte thrombotische Mikroangiopathie durch die Behandlung mit Eculizumab blockiert. Alle aHUS-Patienten, die mit Eculizumab behandelt wurden, erreichten eine rasche und anhaltende Abnahme der terminalen Komplementaktivität.
Eculizumab war in der EU seit 2007 bislang lediglich zur Therapie der paroxysmalen nächtlichen Hämoglobinurie (PNH), einer seltenen klonal erworbenen und lebensbedrohlichen Erkrankung blutbildender Stammzellen, als orphan drug zugelassen. Kontraindikationen für das Präparat sind ein bekannter erblicher Komplementdefekt, eine nicht ausgeheilte Meningokokken-Infektion oder keine Impfung gegen Neisseria meningitidis. Auch bei einer bekannten Überempfindlichkeit gegen Eculizumab oder gegen murine Proteine sollte keine Applikation erfolgen. Unter Eculizumab kann es zu teils schwerwiegenden Nebenwirkungen kommen. Bereits vor einigen Monaten hatte die US-amerikanische Arzneibehörde FDA Eculizumab auch zur Behandlung des atypischen hämolytisch-urämischen Syndroms zugelassen. Danach hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA in seiner September-Sitzung eine Zulassungsempfehlung ausgesprochen, woraufhin jetzt die Zulassungserweiterung erteilt wurde. Zur Behandlung von Patienten mit Shigatoxin-assoziiertem HUS (STEC-HUS) ist Eculizumab jedoch nicht zugelassen.
Unterdessen hat das Bundesinstitut für Risikobewertung eine aktualisierte Analyse des EHEC O104:H4-Ausbruchs im Frühsommer 2011 in Deutschland und daraus zu folgernde Handlungsempfehlungen vorgelegt – siehe Kasten.
PräventionsempfehlungenDie Untersuchungen zum EHEC O104:H4-Ausbruch im Frühsommer 2011 in Deutschland und in der Europäischen Union sind abgeschlossen. Als Ursache des Ausbruchs werden aus Ägypten importierte Bockhornkleesamen angesehen, die in einem niedersächsischen Gartenbaubetrieb und von Privatpersonen zur Sprossenproduktion verwendet wurden. Wo und wie die Samen mit dem Ausbruchserreger in Kontakt kamen, ließ sich nicht ermitteln. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat eine Analyse der verfügbaren Informationen vorgenommen und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Da die Samen mit Krankheitserregern kontaminiert sein können und die Anzuchtbedingungen für Sprossen eine Vermehrung von Krankheitserregern begünstigen, ist der Verzehr roher Sprossen grundsätzlich mit einem Erkrankungsrisiko verbunden. Hinzu kommt, dass Sprossen vor dem Verzehr oft gar nicht oder nur leicht erhitzt werden. Deshalb sollten bei Anbau, Lagerung, Behandlung und Transport von Samen zur Sprossenherstellung strenge hygienische Anforderungen beachtet werden, um das Risiko einer Kontamination mit Krankheitserregern so gering wie möglich zu halten. Sprossenproduzenten wird geraten, nur Samen zu verwenden, die zu diesem Zweck angebaut wurden.
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Quelle
Dr. Hans-Peter Hanssen
DAZ 2011, Nr. 49, S. 46
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