Gesundheitspolitik

Spahn wittert Betrug bei "Vorteil24"

Unterschiedliche Umsatzsteuersätze und ihre Folgen

Berlin (ks). Für Jens Spahn, den gesundheitspolitischen Sprecher der Unionsfraktion, ist die umsatzsteuerliche Behandlung von aus dem Ausland nach Deutschland versendeten Arzneimittel noch immer Thema. Erst kürzlich hatte er sich ans Bundesfinanzministerium gewandt, um zu erfahren, wie sichergestellt wird, dass tatsächlich der deutsche Steuersatz von 19 Prozent zur Anwendung kommt (siehe DAZ 2012, Nr. 21, S. 28). Befriedigt hat ihn die Antwort nicht. Nun hat er mit einem zweiten Schreiben nachgehakt. Im Fokus steht dabei für ihn das Apotheken-Pick-up-Modell "Vorteil24" der holländischen Montanus-Apotheke.

Spahn hat den Verdacht, dass die holländische Versandapotheke mit ihrem Pick-up-Modell das deutsche Steuervorschriften umgeht, um hierdurch Wettbewerbsvorteile zu erlangen. In seinem Brief an den Staatssekretär im Finanzministerium Hartmut Koschyk erläutert Spahn das Vorteil24-Modell. Nach Auffassung der Apotheke liegt hier kein Versand nach Deutschland vor, sondern eine Abholung durch den deutschen Kunden im Ausland. Dieses Konstrukt ergibt sich durch ein zwischengeschaltetes Logistikunternehmen, das die Ware in Holland für den deutschen Kunden abholt. Die Folge: Der holländische Umsatzsteuersatz (6 Prozent) kommt zur Anwendung. Spahn meint jedoch, dass es sich auch hier um einen Fall des Versandes durch die ausländische Apotheke nach Deutschland handelt. Keinen Aufschluss gibt dazu ein seinem Schreiben beigefügter Abrechnungsbeleg eines Kunden. Auf diesem sind gar keine Umsatzsteuerbeträge ausgewiesen. "Das sieht alles nach Betrug aus, mindestens aber nach einem Kostenrisiko für die Kassen. Da braucht es endlich klare Regeln", so Spahn.

Seiner Auffassung nach hapert es an der Durchsetzung der – aus Sicht des Finanzministeriums klaren – steuerrechtlichen Vorgaben. Die Krankenkasse muss die Umsatzsteuer selbst berechnen und abführen – dabei läuft jedoch offenbar nicht immer alles glatt. Spahn geht davon aus, dass es sich um Millionenbeträge handelt, "die umsatzsteuerrechtlich falsch behandelt werden".

Das Finanzministerium hatte Spahn auf seine vorangegangene Anfrage zur Umsatzsteuer erklärt, die Spitzenverbände der Krankenkassen "in Kürze erneut" über die Rechtslage zu informieren. Dies ist dem CDU-Abgeordneten zu wenig. Er unterbreitet dem Ministerium daher einen Vorschlag. Das Problem sei offensichtlich, dass ausländische Apotheken für die Abrechnung mit den Kassen "rechtswidrigerweise" die gleichen Institutionskennzeichen wie deutsche Apotheken erhielten, schreibt er an Koschyk. Diese merkten dabei gar nicht, dass es sich um ausländische Apotheken handelt, denen nicht der Verkaufspreis inklusive 19 Prozent Umsatzsteuer zusteht, sondern nur ein Nettobetrag zuzüglich einer geringeren Umsatzsteuer. Im Falle der Versendung aus den Niederlanden sei es nur der Nettobetrag, weil – gemäß der letzten Antwort des Finanzministeriums – die Krankenkasse als umsatzsteuerlicher Empfänger gelte und 19 Prozent Umsatzsteuer abführen müsse. Spahns Lösung: Es müsse ganz schnell dafür gesorgt werden, dass allen ausländischen Versandapotheken die bisherigen Institutionskennzeichen entzogen werden. Stattdessen sollen künftig spezielle Institutionskennzeichen dafür sorgen, dass diese über die Abrechnungsstellen nur noch den Nettobetrag erhalten.



AZ 2012, Nr. 24, S. 2

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