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- AZ 31/2012
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Gesundheitspolitik
8,35 Euro schocken Apothekerschaft
Am vergangenen Freitag wurde der Referentenentwurf zur Erhöhung des Apothekenhonorars planmäßig an die ABDA, andere Verbände und die Bundesländer verschickt. Damit ist der Abstimmungsprozess innerhalb der Bundesregierung vorerst abgeschlossen. Nun haben alle Beteiligten drei Wochen Zeit für eine Stellungnahme ehe das Bundeskabinett Anfang September der Änderung der Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) zustimmen will. Anschließend muss der Bundesrat sein Ja geben.
Die ABDA reagierte am vergangenen Freitag mit einer Sondersitzung ihres Gesamtvorstandes auf die unerfreuliche Entwicklung. Ergebnisse lagen bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Als "völlig unzureichend" hatte ABDA-Präsident Heinz-Günter Wolf die geplante Erhöhung des apothekerlichen Fixhonorars von 8,10 Euro auf 8,35 Euro pro abgegebener verschreibungspflichtiger Arzneimittelpackung in einer ersten Reaktion bezeichnet: "Das sind 25 Cent Erhöhung pro abgegebener Packung nach neun Jahren ohne Anpassung – da kann das letzte Wort noch nicht gesprochen sein."
Die ABDA hatte noch im März einen Anpassungsbedarf von 624 Mio. Euro (9,14 Euro pro Packung) gefordert. Wolf: "Es ist enttäuschend, wie weit der neue Vorschlag der Regierung hinter dem von uns errechneten Anpassungsbedarf zurückbleibt."
Auch für die CSU ist das letzte Wort zur Honoraranpassung noch nicht gesprochen. "Das ist noch nicht in trockenen Tüchern", sagte der stellvertretende CDU/CSU-Fraktionsvorsitzende Johannes Singhammer (CSU) zu DAZ.online. "8,35 Euro reichen nicht aus, die strukturpolitischen Herausforderungen zu bewältigen." Der Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums bilde lediglich die Grundlage für die aktuelle Ressortabstimmung und die sich anschließende Verbändeanhörung. In den Abstimmungen der Ressorts und mit den Bundesländern werde intensiv zu diskutieren sein, wie die Versorgung der Menschen mit Leistungen des Apothekers in der Stadt und im ländlichen Raum durch eine angemessene Honorierung gewährleistet werden könne.
"Nachdem mit den Maßnahmen des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes die Weichen für eine sichere ärztliche Versorgung auf dem Land gestellt wurden, müssen jetzt sichere Perspektiven für die Apotheker folgen", so Singhammer in einer gemeinsamen Erklärung mit dem CSU-Bundestagsabgeordneten und Vorsitzenden des CSU-Arbeitskreises Arbeit, Soziales und Gesundheit, Max Straubinger: "Beide Berufsgruppen gehören zusammen. Strukturpolitik heißt für uns, dass die Abwanderung aus ländlichen Räumen vermieden werden muss. Eine gute Gesundheitsversorgung mit Ärzten und Apothekern ist dabei für eine geglückte Strukturpolitik zentral."
Klare Worte kamen vom Apothekerverband Brandenburg, dieser wies den Vorschlag als "völlig inakzeptabel" zurück: "Die 25 Cent zeigen deutlich die Geringschätzung der Politik gegenüber den Leistungen der inhabergeführten Apotheke bei der sicheren Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln", so Dr. Andrea Lorenz, Vorsitzende des Apothekerverbandes Brandenburg.
"Ich kann dieses Angebot des FDP-Wirtschaftsministeriums nur als Witz oder – wozu ich tendiere – als Kampfansage an die Apothekerschaft ansehen!", sagte Vorstandsmitglied Olaf Behrendt. Wer, wie der Brandenburger Bundestagsabgeordnete und FDP-Gesundheitsexperte Heinz Lanfermann in Sonntagsreden warme Worte für die Apotheker fände, eine leistungsgerechte Honorierung ankündigte und nun solch unsägliche Vorschläge auf den Tisch lege, der dürfe sich nun auch über harsche Kritik und unkonventionelle Reaktionen der Apotheker nicht wundern, so Olaf Behrendt weiter.
Bei der SPD stößt die von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) vorgeschlagene Erhöhung des Apothekenhonorars auf Ablehnung. SPD-Parteivize Manuela Schwesig wirft dem liberalen Minister offenen Lobbyismus "gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger" vor: "Die FDP bleibt sich treu: ein Jahr vor der Bundestagswahl betreibt sie erneut offenen Lobbyismus gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger."
Die Pläne Röslers gingen in die völlig falsche Richtung: "Wer politisch verantwortlich handelt, muss jetzt die langfristigen Potenziale zur Preissenkung von Arzneimitteln nutzen und die Verbraucher stärken. Stattdessen stellt sich das von Herrn Rösler geführte Bundeswirtschaftsministerium unverhohlen auf die Seite der Apotheker", so Schwesig, zugleich Gesundheitsministerin in Mecklenburg-Vorpommern. Teurere Arzneimittel führten zu Mehrausgaben bei den Kassen "und damit zu höheren Kosten für die Patientinnen und Patienten", warnt die SPD-Politikerin. Abzuwarten bleibt, wie sich diese SPD-Position bei der notwendigen Zustimmung des Bundesrates zur Arzneimittelpreisverordnung auswirkt.
AZ 2012, Nr. 31/32, S. 1
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