Gesundheitspolitik

Gespräche geplatzt: Schiedsstelle am Zug

DAV bricht Verhandlungen mit GKV ab – Höhe des Kassenabschlages ab Januar 2013 unklar

Berlin (jz/lk). Nach dem Scheitern der Verhandlungen über den Kassenabschlag 2013 steuern die Apotheker auf eine rechtlich unklare Lage Anfang kommenden Jahres zu: Voraussichtlich wird das neue Schiedsverfahren bis zum Jahresende kein Ergebnis bringen. Und DAV-Chef Fritz Becker will erst noch juristisch abklopfen lassen, ob der Kassenabschlag einseitig auf 1,75 Euro ab Januar 2013 festgesetzt werden kann. Offenbar gibt es darüber unterschiedliche rechtliche Interpretationen.

Nach dem erwarteten Abbruch der Verhandlungen mit dem GKV-Spitzenverband hat der Deutsche Apothekerverband (DAV) am Donnerstag die Schiedsstelle angerufen. "Es macht keinen Sinn bei so unterschiedlichen Positionen", erklärte dazu Becker. Dennoch sei der DAV weiterhin zu Gesprächen auf Chefebene mit den Kassen bereit.

Die GKV-Seite forderte unmittelbar nach Gesprächsabbruch den DAV zu erneuten Verhandlungen auf. "Wir halten die Verhandlungstür offen", so GKV-Verbandssprecher Florian Lanz als Reaktion auf die DAV-Ankündigung. Der GKV-Spitzenverband forderte die Vertreter der Apotheker auf, "sich weiteren Gesprächen nicht zu verweigern." Nachdem die Erhöhung der Apothekervergütung ab dem 1. Januar 2013 feststehe, müsse es doch nun gemeinsames Ziel sein, eine einvernehmliche Lösung über die Höhe des zukünftigen Großkundenrabatts für die gesetzlichen Krankenkassen zu finden. Lanz: "Wir wollen eine Lösung, die sowohl den Interessen der Patienten und Beitragszahler als auch denen der Apotheken gerecht wird."

DAV-Chef Becker schloss zwar weitere Gespräche auf der Führungsebene der Verbände nicht aus, knüpfte diese aber an Bedingungen, die nach Lage der Dinge derzeit vom GKV-Spitzenverband abgelehnt werden. "Wir sind immer gesprächsbereit", so Becker. Voraussetzung sei jedoch, dass zuvor vom GKV-Spitzenverband "ein klares Signal kommt", den Kassenabschlag von 2,05 Euro als politisches Sonderopfer der Apotheker anzuerkennen. Genau an dieser Frage waren zuvor die Verhandlungen gescheitert.

Von Einsparvolumina, Dauer- und Sonderopfern

"Selbstverwaltung heißt nicht, dass die Kassen alles selbst verwalten", so Becker. Selbstverwaltung bedeute vielmehr eigenverantwortliches Gestalten durch die Teilnehmer im Gesundheitswesen. Aber gerade dies torpedierten die Krankenkassen derzeit. Sie horteten Milliarden – dabei sollten sie ein leistungsfähiges Gesundheitssystem finanzieren. Und auch die klaren Ansagen seitens der Politik, ein Daueropfer sei nie Sinn der Übung gewesen, ließen die Kassen völlig kalt. Dabei sei die Lage selten so klar gewesen wie in diesem Fall: "Das AMNOG läuft in sechs Wochen aus."

Laut Karl-Heinz Resch, Geschäftsführer für Wirtschaft, Soziales und Verträge bei der ABDA, hat der GKV-Spitzenverband in den Verhandlungen stets versucht, den DAV vom Begriff des "Sonderopfers" abzubringen. Stattdessen sähen es die Kassen lieber, man spräche von "Einsparvolumina".

Das jetzt anlaufende Schiedsverfahren dürfte bis Jahresende 2012 nicht abgeschlossen sein. Der DAV muss nach der Anrufung zunächst eine schriftliche Stellungnahme an die Schiedsstelle verfassen. Darauf kann der GKV-Spitzenverband innerhalb von vier bis sechs Wochen eine Gegenstellungnahme abgeben. Danach befasst sich die Schiedsstelle mit den Argumenten und soll innerhalb von vier Wochen zu einem Votum finden. Es ist absehbar, dass der dritte Schiedsstellenspruch wieder vor dem Sozialgericht landet. Dort sind in der zweiten Instanz vor dem Landessozialgericht Berlin/Brandenburg noch Verfahren über den Kassenabschlag für die Jahre 2009 und 2010 anhängig.

Unklarer Start ins neue Jahr

Wie es ab Januar 2013 weitergeht, ist daher noch unklar. Die Frage, ob Apotheken ab Januar einseitig einen Abschlag von 1,75 Euro abrechnen sollen, bedürfe noch einer entsprechenden juristischen Überprüfung, erklärte Becker. Ginge es nach ihm ganz persönlich, wäre dies die richtige Vorgehensweise. Damit relativierte der DAV-Chef eine vor Wochen getätigte Ankündigung, den Kassenabschlag ab Januar 2013 einseitig auf 1,75 Euro zu senken. Vielleicht sorge aber noch die Politik für Klarheit, so Becker weiter. Er habe nach Abbruch der Verhandlungen Kontakt zu Politikern der Regierungskoalition aufgenommen und auf eine Klarstellung gedrungen: "Der Gesetzgeber könnte ja auch in den nächsten Tagen eine Klarstellung im Gesetz vornehmen." Nächste Woche sei bekanntlich Sitzungswoche.



AZ 2012, Nr. 47, S. 1

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