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Gesundheitspolitik
AMNOG 2011: Analyse des GKV-Arzneimittelmarktes
Im Jahre 2011 haben die öffentlichen Apotheken mehr als 588,29 Mio. Packungen an verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln (Rx-FAM) zulasten der GKV abgegeben, das sind rund 3,58 Mio. Packungen (oder gut 0,6%) mehr als im Vorjahr. Da zudem der Abgabepreis der pharmazeutischen Unternehmen (ApU) für diese Rx-FAM (mit rund 18,9 Mrd. Euro) um 2,1% über dem Vorjahresniveau lag, hätten die öffentlichen Apotheken – bei unveränderten Rahmenbedingungen – ihren Rohertrag (nach AMPreisV) in 2011 gegenüber dem Vorjahr an sich um mehr als 125 Mio. Euro steigern müssen. (Das wären im Durchschnitt rund 5800 Euro mehr je Apotheke gewesen.) Und was ist passiert?
Aufgrund des Gesetzes zur Einführung von Abschlägen der pharmazeutischen Großhändler (Artikel 11b AMNOG, PhGhRabattG) hatten die pharmazeutischen Großhändler den Apotheken in 2011 für verschreibungspflichtige Fertigarzneimittel einen Abschlag in Höhe von 0,85 Prozent des ApU ohne Mehrwertsteuer "zu gewähren". Dieser Abschlag von 0,85% auf den ApU hat die Wertschöpfung auf der Großhandelsstufe um gut 190 Mio. Euro (einschl. der zulasten der PKV verordneten Rx-FAM) verkürzt. Und dieser Rohertragsverlust auf der Stufe des Großhandels kam, über Kürzungen der Einkaufskonditionen, zu einem nicht unwesentlichen Teil bei den Apotheken an.
Damit aber nicht genug. Das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) mit dem ab 2011 auf 2,05 Euro erhöhtem Kassenabschlag je Rx-FAM hat den oben beschriebenen, an sich notwendigen Rohertragszuwachs auf der Stufe der öffentlichen Apotheken mehr als zunichte gemacht. Denn eine Erhöhung des Kassenabschlags um 0,30 Euro (von 1,75 Euro auf 2,05 Euro, einschl. MwSt.) je Rx-FAM hat zu einem Rohertragsrückgang von über 0,25 Euro je Rx-FAM-Packung geführt.
Weiter führte die Absenkung des ApU zudem auf der Wertschöpfungsstufe Apotheke allein bei der kaufmännischen Komponente (Zuschlag von 3% auf den um 0,85% gekürzten Apothekeneinkaufspreis) zu einem Rohertragsverlust von weiteren fast 5,1 Mio. Euro im GKV-Bereich. (Mit den "Verlusten gleicher Ursache im PKV-Bereich" summierte sich dieser Verlust aus kaufmännischer Kompo-nente in 2011 auf annähernd 6 Mio. Euro.)
Im Ergebnis stieg der Rohertrag der öffentlichen Apotheken aus der Abgabe von zulasten der GKV verordneten Rx-FAM in 2011 gegenüber dem Vorjahr also nicht um 125 Mio. Euro, er verringerte sich vielmehr um rund 27,6 Mio. Euro (oder um annähernd 1300 Euro je Apotheke).
Addiert man diese "Einsparungen" (von 125 Mio. nicht realisierten Rohertragszuwächsen und zusätzlichen 27,6 Mio. Rohertragsverlusten bei den Apotheken, sowie 190 Mio. auf der Stufe des Großhandels) und berücksichtigt weiter die Mehrwertsteuer von 19%, so wurde das politisch gewollte Einsparziel von 400 Mio. Euro im GKV-Arzneimittelbereich noch überschritten. Die Politik darf behaupten: Das Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz ist mit Blick auf politisch gewollte Einsparungen bei Apotheken und Großhandel vollumfänglich umgesetzt worden.
Nur: Ebenso wie "Belastungen der Versichertengemeinschaft" (seien es Kürzungen des Kassenrabatts, Erhöhungen des Apotheken-Festzuschlags oder auch nur Gehaltserhöhungen der Mitarbeiter und Vorstände von Krankenkassen) zu GKV-Mehrausgaben führen, sind "Einsparungen der Krankenkassen" in der oben dargestellten Form "Rohertragsverluste der Apotheken und des Großhandels", die auf Dauer unweigerlich zu Leistungs- und Qualitätsverlusten bei diesen Leistungserbringern führen müssen. Kann das gesundheitspolitisch gewollt sein?
Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Unternehmensberater, langjähriger Geschäftsführer des Apothekerverbandes Nordrhein e. V., Essen, E-Mail: uwe.huesgen@web.de
INTERPHARM 2012
Vergütung der ApothekerInnovationen im Rahmen von Produktion und Logistik ermöglichen es immer wieder, Rationalisierungsreserven zu heben. Im Dienstleistungsbereich führen solche Rationalisierungen hingegen zwangsläufig zu Qualitätsverlusten. Da Arzneimittel – unbestritten – Waren der besonderen Art sind, bedürfen sie bei der Abgabe und Anwendungsempfehlung der kompetenten Beratung; sie sind personalintensiv. Angesichts dieser Erkenntnis muss die Frage erlaubt sein, ob die Vergütung der apothekerlichen Tätigkeit heute noch den Ansprüchen an eine ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung der Bevölkerung gerecht wird. "Vergütung für Apotheker: Anspruch und Wirklichkeit", Dipl.-Math. Uwe Hüsgen, Essen, Samstag, 10. März 2012, 13 bis 14 Uhr, auf der Interpharm in Frankfurt. Das vollständige Interpharm-Programm finden Sie in DAZ Nr. 6, S. 155 oder im Internet unter www.interpharm.de |
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