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Management
Kundenorientierung in der Apotheke
KundenDIENst als Werthaltung
Es gibt unterschiedliche Wege, den Kunden anzusprechen, seine Vorstellungswelt zu betreten, seine Erwartungen und Wünsche zu erfragen. Und weil darüber hinaus der Abschluss nicht vergessen und dem Kunden letztendlich auch etwas verkauft werden soll, pendeln viele Apotheker – zumindest, was den Verkauf im Frei- und Sichtwahlbereich anbelangt – zwischen vertrauensstiftendem Beziehungsmanagement und verkaufszentrierter Abschlussorientierung.
Die Frage ist: Was wünscht der Kunde wirklich? Sicherlich – auf der einen Seite gibt es die "Geiz-ist-geil"-Mentalität, der Kunde mag es billig und gut. Allerdings: Auf der anderen Seite feiern neue "alte Werte" eine Renaissance – in Zeiten der Krise sind Werte wie Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Fairness, Respekt und Anstand wieder hoch angesehen. Zudem vermissen viele Menschen das Vorhandensein traditioneller Werte im Alltag und im Geschäftsleben.
Was heißt das für den Apotheker und seine Mitarbeiter? Sicherlich – die Produkte sollen und müssen verkauft werden. Auf keinen Fall jedoch darf dabei der Aufbau langfristiger Kundenbeziehungen vernachlässigt werden. Zuweilen droht durch die Fixierung auf Abschluss, Umsatz und Gewinn die Zerstörung des zarten Pflänzchens "Kundenkultur".
Das bedeutet: Wer Kundengespräche mit ethisch legitimierten Grundsätzen führt, eröffnet sich bei vielen Kunden die Möglichkeit, als glaubwürdige Problemlöser und seriöse Nutzenstifter wahrgenommen zu werden. Anders ausgedrückt: Wer DIENt, verschafft sich einen strategischen Wettbewerbsvorteil.
Die DIEN-Norm
In der Regel gilt: Für eine Dienstleistung bezahlt der Kunde: Der Anbieter leistet etwas, und dafür bezahlt ihn der Kunde. Ein Service hingegen ist das Sahnehäubchen auf dem Einkaufskuchen, eine Garnierung der Dienstleistung. Meistens sind es diese Service-Sahnehäubchen, die den Kunden begeistern und langfristig binden, weil so nicht nur die selbstverständlichen Basis- und die vom Kunden erwarteten Leistungsanforderungen erfüllt werden, sondern überdies die außerordentlichen Anforderungen. Bei den außerordentlichen Anforderungen erleben die Kunden einen Nutzen, mit dem sie nicht gerechnet haben.
Ein Vorschlag dazu: Die Service-Sahnehäubchen werden noch überboten, indem der Apotheker und sein Team eine Servicekultur aufbauen, in dem der DIENst am Kunden an vorderster Stelle steht. Gemeint ist nicht eine demütig-unterwürfige Haltung. Vielmehr drückt die DIEN-Norm aus, dass durch eine qualitätsorientierte Servicekultur alles für den Kunden getan wird, damit dieser sich bei und durch die Betreuung, die ihm durch seine Gesprächspartner in der Apotheke entgegengebracht wird, rundum wohl fühlt. Die DIEN-Norm spiegelt sich in dem folgenden Servicesatz: "Behandle den Kunden so, wie er behandelt werden möchte."
In vielen Kundenbeziehungen steht immer noch das Produkt im Mittelpunkt, bei manchen "Apotheken-Dinosauriern" sogar noch der Apotheker selbst. Die DIEN-Norm macht ernst mit der ewig neuen Forderung, endgültig den Kunden in den Fokus zu rücken, und emotionale und nutzenorientierte Einkaufserlebnisse zu schaffen, die bei ihm positive Gefühle auslösen.
DIEN-Norm in Apothekenprinzipien verankern
Die DIEN-Norm ist schnell aufgestellt – entscheidend ist die Frage, wie sie sich in der Apotheke konkret umsetzen lässt. Die Forderung, die Mitarbeiter müssten an ihrer Einstellung arbeiten und sich als DIENner zum Wohl des Kundennutzens verstehen, zäumt das Pferd von hinten auf. Realistischer ist es, wenn sich zuallererst der Apotheker als Chef und Führungskraft mit der DIEN-Norm beschäftigt und diese alsdann konkret ausgestaltet, formuliert und derart mit Leben füllt, dass sie in die Apothekenzielsetzungen einfließen kann. Der Apotheker als DIENendes Vorbild – das ist die Voraussetzung für die Umsetzung der DIEN-Norm auch auf Mitarbeiterebene.
Zuerst der Apotheker – und dann kommen die Mitarbeiter ins Spiel, also diejenigen, die ebenso wie der Apotheker durch ihr konkretes Handeln im unmittelbaren Umgang mit dem Kunden aus Prinzipien und Normen gelebte Werte machen und lebendige Kundenbeziehungen gestalten. Auf der Grundlage der in den Geschäftsprinzipien und Zielen der Apotheke verankerten DIEN-Norm sollen sie sich als DIENer ihrer Kunden etablieren. Und jetzt kann und muss auch an ihrer Einstellung zum Kunden gearbeitet werden.
Philosophische Ethik als DIENsthaltung
Aus der im Prinzip einfachen Sache, den Kunden mit Herzlichkeit und Freundlichkeit zu beDIENen und seine Wünsche zu erfüllen, wird allzu oft eine komplizierte Sache gemacht. Der freie Blick für das Grundlegende geht so verloren: einfach feststellen, mit welchem Menschen man es zu tun hat und dann kundentyporientiert reagieren.
Wiederum gilt: Der Apotheker muss den Mitarbeitern die DIENende Kundenhaltung vorleben und im Gespräch mit ihnen zum Beispiel das Vorurteil aus dem Weg räumen, DIENst am Kunden habe etwas mit Unterwürfigkeit zu tun. Nein: Es geht um die Anerkennung der Rollenverteilung: Der Kunde hat Wünsche, Hoffnungen, Ziele, Erwartungen. Und der Apothekenmitarbeiter hat etwas, womit er dem Kunden bei der Erfüllung dieser Erwartungen nützlich sein kann.
Vielleicht kann die Einstellungsarbeit auf der Grundlage der philosophischen Ethik geschehen, die der Managementtrainer Josef Schmidt so umschreibt: "Ich bin als Mensch Mittelpunkt meiner (nicht der) Welt, wohl wissend, dass dies für jeden anderen Menschen auch gilt. Meine Aufgabe ist es, anderen Menschen dabei zu dienen, Mittelpunkt seiner Welt zu sein. Das ist die Grundlage des persönlichen und wirtschaftlichen Erfolgs."
Servicekultur etablieren
Der Apotheker und sein Team als DIENer des Kunden, der zum Mittelpunkt all ihrer Aktivitäten wird: ein hehres, vielleicht idealistisches Ziel – zugleich jedoch der Weg zum wirtschaftlichen Erfolg. Gewiss bedarf es einiger Überzeugungarbeit, bis sich alle Beteiligten aus dem Gefängnis des Vorurteils befreit haben, DIENen sei etwas Verwerfliches. Umso wichtiger sind die konkreten Instrumente, mit denen das Team die DIEN-Norm verwirklichen kann. Im Vordergrund dabei: die Entwicklung einer Servicekultur, die strikt im DIENst des jeweiligen Kundentypus steht.
Sinnvoll ist es, dabei die zwei Seiten der Service- und Kundenorientierung zu beachten: Kunden lassen sich gerne binden durch einen hohen Standard bei den "unternehmerischen" Serviceleistungen – damit sind Apothekenleistungen wie etwa der Medikamentenkurierdienst gemeint – und durch "persönliche" Service-DIENstleistungen, bei denen das Apothekenteam die entscheidende Rolle spielt..
Dr. Michael Madel, freier Autor und Kommunikationsberater
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