DAZ aktuell

Auch Biotech stagniert

Knapp ein Fünftel des Pharmaumsatzes wird mit Biopharmazeutika gemacht

BERLIN (ks). Die Unternehmen der medizinischen Biotechnologie blicken nicht mehr ganz so optimistisch in die Zukunft wie in den letzten Jahren. Zwar sind ihre Pipelines gut gefüllt. Doch die Rahmenbedingungen in Deutschland – aber auch in anderen Ländern – versprechen kein beständiges Umsatzwachstum mehr.

Seit 2005 lässt der vfa bio – die Interessengruppe Biotechnologie im Verband forschender Pharma-Unternehmen – von der Boston Consulting Group einen Branchenreport zur medizinischen Biotechnologie erstellen. Der vergangene Woche in Berlin präsentierte Report für 2011 zeigt: Während die Umsätze mit Biopharmazeutika in den vergangenen Jahren beständig stiegen, hat sich das Blatt im letzten Jahr gewendet. Die erhöhten Zwangsrabatte und der gesetzlich verordnete Preisstopp haben im gesamten Pharmamarkt für Einbrüche gesorgt: Um 3,1 Prozent ging der Netto-Gesamtumsatz (unter Berücksichtigung gesetzlich verfügter Abschläge) zurück. Insofern hat es die Biotech-Branche mit einem Umsatzplus von 0,5 Prozent noch relativ gut getroffen: Bei 5,4 Mrd. Euro lag der Umsatz im letzten Jahr – 19 Prozent des Pharma-Gesamtumsatzes fielen 2011 auf Biopharmazeutika. Wachstum gab es lediglich bei Mitteln gegen immunologische Krankheiten, in den anderen großen Anwendungsgebieten sank der Umsatz. "Damit war Deutschland 2011 für Biopharmazeutika kein Wachstumsmarkt mehr", erklärte Dr. Frank Mathias, Vorsitzender von vfa bio und CEO der MediGene AG. Er schlägt Alarm: Vieles aus der Pipeline der Unternehmen sei durch politische Markteingriffe in Gefahr. Und immerhin befanden sich letztes Jahr 117 biopharmazeutische Präparate in klinischen Studien der Phase III. Hoffnungsträger gibt es laut Mathias insbesondere in der Onkologie und bei Impfstoffen. Zugelassen wurden 2011 allerdings nur vier Biopharmazeutika in Deutschland – dieses Jahr geht Mathias von acht Neuzulassungen aus. Er betonte die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung, die für Biopharmazeutika anfallen. Mit 1 bis 1,6 Milliarden US-Dollar schlage ein neu zugelassener Wirkstoff zu Buche. Und es wird in Zukunft eher noch komplexer und teurer für die Unternehmen. Und welchen Preis sie am Ende für ihre neuen Präparate in Deutschland erhalten, ist derzeit noch ungewiss.

Auch wenn sich Mathias grundsätzlich zur frühen Nutzenbewertung bekennt – Änderungen hält er dennoch für möglich und nötig. Zudem gebe es Gestaltungsspielräume, die der Gemeinsame Bundesausschuss nutzen könne. So sei es beispielsweise erforderlich, dass die zweckmäßige Vergleichstherapie unter rein medizinischen Aspekten gewählt wird. Zudem dürften keine "artifiziellen Subgruppen" gebildet werden, die die Ergebnisse der vorgelegten Studien am Ende nicht mehr stichhaltig erscheinen lassen. Nicht zuletzt fordert auch Mathias, dass die zwischen Pharmaunternehmen und GKV-Spitzenverband ausgehandelten Erstattungsbeträge vertraulich bleiben. Hinzu kommen muss aus seiner Sicht eine steuerliche Forschungsförderung, wie es sie in anderen Ländern gebe.



DAZ 2012, Nr. 18, S. 39

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