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Jahresarbeitszeitkonto

Flexibel, aber trotzdem planbar

2005 wurde das Jahresarbeitszeitkonto im Bundesrahmentarifvertrag für Apothekenmitarbeiter (BRTV) verankert. Damit kann die Apothekenleitung flexibler auf saisonalen Mehrbedarf reagie ren, und die Angestellten erhalten trotzdem ein gleichmäßiges Gehalt. In der ADEXA-Rechtsabteilung gibt es immer wieder Fragen, die direkt oder indirekt mit dem Arbeitszeitkonto zusammenhängen. Dazu der folgende arbeitsrechtliche Überblick:

Normalerweise werden im Arbeitsvertrag eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit sowie das entsprechende Gehalt vereinbart. Im Idealfall enthält der Vertrag außerdem einen Arbeitsplan mit den Stunden, die an den einzelnen Wochentagen zu arbeiten sind und deren Summe die vereinbarte Wochenstundenzahl ergibt.

Ein Arbeitsvertrag mit Jahres arbeitszeitkonto weicht eigentlich nur in einem Punkt ab: Zwar wird auch hier eine feste wöchentliche Arbeitszeit vereinbart und das Gehalt entsprechend dieser Stundenzahl gezahlt. Tatsächlich gearbeitet wird aber eine andere, im Regelfall etwas geringere Stundenzahl. So kann der Arbeitgeber seine Mitarbeiter hinsichtlich der Stundenzahl flexibler einsetzen: Die im Laufe des Jahres entstehenden Minusstunden werden bei Mehrbedarf abgefordert – zum Beispiel während der Ferienzeiten oder vor den Weihnachtsfeiertagen.

Der Vorteil für Mitarbeiter besteht darin, dass sie das ganze Jahr über ein gleichmäßiges Gehalt erhalten und keine unkalkulierbaren Überstunden anfallen.

Der Arbeitgeber kann ein solches Regelwerk aber nicht einseitig gegen den Willen des Arbeitnehmers festlegen, sondern muss sich mit seinen Mitarbeitern einigen.

Schriftlich vereinbaren …

Die wichtigste Voraussetzung für ein Arbeitszeitkonto ist, dass es ausdrücklich schriftlich vereinbart wird (§ 4 Abs. 2 BRTV). Wesentlicher Bestandteil sollten Lage und Umfang der regelmäßigen Arbeitszeiten sein. Für jeden Tag der Woche wird also festgelegt, von wann bis wann der Arbeitnehmer arbeitet. Die sich hieraus ergebende wöchentliche Arbeitszeit wird ebenfalls noch einmal schriftlich fixiert.

Wichtig: Die tatsächliche Arbeitszeit muss sich in einem bestimmten Verhältnis zur vertraglich festgelegten Zeit bewegen. Gemäß § 4 Nr. 1 BRTV kann die Arbeitszeit bei Vollzeitstellen zwischen 29 bis 48 Stunden pro Woche betragen. (48 Stunden ist zugleich die Höchstgrenze!) Bei Teilzeitbeschäftigung kann sie von 75 und 130 Prozent der vertraglichen Arbeitszeit variieren (siehe Kasten). 


Flexible Wochenarbeitszeit


Vertraglich festgelegt: 40 Stunden; Variationsbreite: 29 – 48 Stunden


Vertraglich festgelegt: 30 Stunden; Variationsbreite: 22,5 – 39 Stunden


Vertraglich festgelegt: 20 Stunden; Variationsbreite: 15 – 26 Stunden


… und täglich dokumentieren!

Der zweite wichtige Punkt ist, dass die vom Mitarbeiter zu leistenden und geleisteten Stunden dokumentiert werden. Die gearbeiteten Stunden werden (täglich) in ein Konto eingetragen – unter Ausweisung des Kontostandes, also der Plus- oder Minusstunden. Dieses Konto soll wöchentlich von beiden Seiten abgezeichnet werden.

Arbeitnehmer haben außerdem das Recht, jederzeit ihr eigenes Konto einzusehen. Dies alles dient dazu, Unstimmigkeiten zu vermeiden bzw. Differenzen zeitnah zu klären. Als Arbeitnehmer sollte man regelmäßig von diesen Rechten Gebrauch machen und das Konto gegebenenfalls auch selbst noch einmal nachrechnen.

Ankündigungsfrist: zwei Wochen

Und wie ist es mit den Zeiten, in denen der Arbeitgeber sein "Guthaben" abruft und der Mitarbeiter mehr arbeiten soll als üblich? Damit dies für den Arbeitnehmer planbar ist, gibt der BRTV eine Frist vor: Die geänderte Arbeitszeit muss spätestens zwei Wochen vorher angekündigt werden.

Nur in Ausnahmefällen darf diese Ankündigungsfrist auf bis zu 24 Stunden verkürzt werden: zum Beispiel wenn ein Kollege erkrankt oder wegen eines Flugverbots oder Streiks nicht rechtzeitig aus dem Urlaub zurückkehrt. Auch dann muss der Apothekenleiter allerdings die persönlichen Umstände des jeweiligen Mitarbeiters berücksichtigen. So kann die Mutter eines Kleinkindes ohne anderweitige Betreuungsmöglichkeit nicht herangezogen werden, wenn noch andere Mitarbeiter oder der Arbeitgeber selbst zur Verfügung stehen.

Krankheit und Urlaub sind stundenneutral

Hauptstreitpunkt ist allerdings die Anrechnung von Krankheits‑, Urlaubs- oder Feiertagen. Der BRTV gibt hierzu folgendes Procedere vor: Tage, an denen Anspruch auf Entgeltfortzahlung besteht, werden mit der vertraglich festgelegten Arbeitszeit in das Arbeitszeitkonto eingestellt. Bei Urlaub oder Erkrankung von einer oder mehrerer kompletter Wochen ist es einfach: Die vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit, für die auch das Gehalt gezahlt wird, wird in das Konto eingetragen. Urlaub und Krankheit sind also "stundenneutral", das heißt, man macht weder Plus- noch Minusstunden.

Schwieriger ist es bei einzelnen Tagen, z. B. Feiertagen, Urlaub an Brückentagen oder kurzen Erkrankungen. Hier gibt es unterschiedliche Modelle: Einige Arbeitgeberverbände empfehlen, die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit durch sechs (Arbeitstage) zu dividieren und das Ergebnis gutzuschreiben. Hier kommt es zu Unstimmigkeiten, wenn die Arbeitszeit sehr unregelmäßig verteilt ist. Sinnvoller und gerechter ist es, genau die Stunden gutzuschreiben, die an dem jeweiligen Tag gearbeitet worden wären – das ist auch die Beratungsempfehlung von ADEXA.

Kontoausgleich

Das Jahresarbeitszeitkonto wird in der Regel zum Ende des Kalenderjahres abgerechnet. Plusstunden sollen in den ersten drei Monaten des Folgejahres durch Freizeit ausgeglichen werden – ansonsten fallen Mehrarbeitszuschläge an. Wenn beide Seiten einverstanden sind, können die Überstunden auch ausgezahlt werden. Auch Minusstunden sollen im ersten Folgequartal aufgearbeitet werden – wenn die Apothekenleitung dem Mitarbeiter hierzu keine Gelegenheit gibt, verfallen sie jedoch.

Stellenwechsel

Für einen Stellenwechsel gibt der BRTV vor, dass das Konto zum Ende auszugleichen ist.

Es gibt aber Fälle, in denen das nicht ohne Weiteres möglich ist: Der Mitarbeiter ist z. B. erkrankt oder andere Mitarbeiter sind ausgefallen, sodass der Gekündigte seine Überstunden nicht "abbummeln" kann. Liegt zuletzt noch ein Stunden-Plus vor, ist die Regelung einfach: Die Überstunden werden ausgezahlt.

Bei Minusstunden ist es etwas komplizierter: Hier muss der Arbeitgeber dem Mitarbeiter zunächst die Möglichkeit geben, mehr zu arbeiten. Nur wenn der Mitarbeiter diese Gelegenheit nicht annimmt, darf der Arbeitgeber die für die Minusstunden bereits gezahlte Vergütung vom letzten Gehalt abziehen. Dabei sind aber unter anderem die Pfändungsfreigrenzen zu be achten.

Es ist daher sinnvoll, den vor gegebenen Ausgleichszeitraum (= Kalenderjahr) auch regelmäßig einzuhalten. Auf diese Weise ist gewährleistet, dass das Jahresarbeitszeitkonto seinem guten Zweck entsprechend zum beiderseitigen Vorteil eingesetzt werden kann.


Minou Hansen,
Rechtsanwältin bei ADEXA



DAZ 2012, Nr. 2, S. 81

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