Aus Kammern und Verbänden

Mistel in der Tumortherapie

5. Mistelsymposium in Nonnweiler

Auf dem 5. internationalen Mistelsymposium präsentierten und diskutierten etwa 100 Experten aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen und Therapierichtungen den aktuellen Stand der "Mistel in der Tumortherapie". Dabei fand ein Brückenschlag zwischen den Therapierichtungen, zwischen konventioneller und komplementärer Onkologie statt. Die Teilnehmer verabschiedeten die "Zweite Nonnweiler Erklärung", in der sie fordern, dass Mistelpräparate nicht nur zur palliativen, sondern auch zur adjuvanten onkologischen Therapie zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattungsfähig bleiben.
Sie gehörten zum wissenschaftlichen Organisationskomitee des Mistelsymposiums (von links): Prof. Dr. Hans Becker (St. Ingbert), Prof. Dr. Wolfgang Blaschek (Kiel), Prof. Dr. Susanne Alban (Kiel), Dr. Rainer Scheer (Niefern-Öschelbronn), PD Dr. Harald Matthes (Berlin), Dr. Rainer Stange (Berlin).
Foto: Scheer

Die Tagung fand vom 10. bis 12. November 2011 in der Euro päischen Akademie Nonnweiler-Otzenhausen (Saarland) statt. Sie wurde von der Karl und Veronica Carstens Stiftung und der Gesellschaft Anthroposophischer Ärzte in Deutschland (GAÄD) gemeinsam mit der Gesellschaft für Arzneipflanzen- und Naturstoff-Forschung (GA), der Gesellschaft für Phytotherapie (GPT), der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft (DPhG), dem Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin ( ZAEN) und der Arbeitsgemeinschaft für Pharmazeutische Verfahrenstechnik (APV) als Kooperationspartnern ver anstaltet.

In 51 Beiträgen wurden pharmazeutische, pharmakologische und medizinische Themen präsentiert. Die Referenten berichteten über die Herstellung von Mistelpräparaten, über Wirkungen verschiedener Inhaltsstoffe der Mistel, über präklinische Wirksamkeitsprüfungen sowie Untersuchungen zur Immunologie und Zytotoxizität und über klinische Ergebnisse bei unterschiedlichen Anwendungsarten und Tumorentitäten in der adjuvanten und palliativen Therapie. Die Therapie des Pankreaskarzinoms wurde sowohl aus Sicht der konventionellen Onkologie als auch der komplementären Onkologie ("Welchen Beitrag kann die Mistel leisten?") dargestellt und in einer Podiumsdiskussion vertieft.

Zweite Nonnweiler Erklärung: Erstattung von Mistelpräparaten in der adjuvanten Tumortherapie


Die Teilnehmer des 5. Internationalen Symposiums "Die Mistel in der Tumortherapie – Grundlagenforschung und Klinik" (10. – 12. November 2011, Nonnweiler) erklären auf Basis der wissenschaftlichen Datenlage sowie in Kenntnis der während des Symposiums aktuell diskutierten neuen Forschungsergebnisse, dass eine parenterale Applikation von Mistelpräparaten nicht nur für die pal liative, sondern auch für die adjuvante Therapiesituation zulasten der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) erstattungsfähig bleiben soll.

Klinische Studien belegen, dass Mistelpräparate die Lebensqualität von Krebspatienten und die Verträglichkeit konventioneller Tumortherapien verbessern [1– 4]. Ferner gibt es Hinweise, dass auch das Überleben der Tumorpatienten verlängert wird [2, 4]. Da die Studien sowohl in adjuvanten als auch palliativen Therapiesituationen durchgeführt wurden, ist eine Beschränkung der Erstattungsfähigkeit durch die GKV auf die palliative Therapie maligner Tumoren nicht sachgemäß.

Solche Beschränkungen der Erstattung von Mistelpräparaten durch die GKV gelten jedoch nach der Begründung des jüngsten Urteils des Bundessozialgerichts seit Ende September 2011. Dies führt dazu, dass vielen Patienten in der adjuvanten Therapiesituation eine wirksame, gut verträgliche, zweckmäßige und wirtschaftliche Therapie mit Mistelpräparaten vorenthalten wird.

Daher fordern die versammelten Vertreter aus Medizin und Pharmazie, zugleich in ethischer Verantwortung vor den ihnen anvertrauten und um Rat suchenden Tumorpatienten, die Erstattung von Mistelpräparaten durch die GKV sicherzustellen, wenn der Arzt diese Arzneimittel in einer onkologischen Behandlung für notwendig erachtet.



Literatur


[1] Kienle GS, Kiene H. Influence of Viscum album L (European Mistletoe) extracts on quality of life in cancer patients: a systematic review of controlled clinical studies. Integr Cancer Ther 2010;9(2):142 – 57.

[2] Kienle GS, et al. Viscum album L. extracts in breast and gynaecological cancers: a systematic review of clinical and preclinical research. J Exp Clin Cancer Res 2009;28:79.

[3] Horneber M, et al. Cochrane Library 2008 (abgedruckt in Scheer et al. Die Mistel in der Tumortherapie 2. KVC-Verlag, Essen 2009, S. 295 ff).

[4] Kienle GK, Kiene H. Complementary cancer therapy: a systematic review of prospective clinical trials on anthroposophic mistletoe extracts. Eur J Med Res 2007;12:103 – 19.

Am Ende des Symposiums waren sich alle Teilnehmer über den Erfolg dieses Symposiums einig und waren zuversichtlich, sich im November 2015 zum 6. Mistelsymposium in Nonnweiler wiederzusehen.

Die Abstracts aller Vorträge sind in der Zeitschrift Phytomedicine 18 (2011) im Supplement VIII in englischer Sprache veröffentlicht und im Internet unter www.ScienceDirect.com frei verfügbar. Die vollständigen Beiträge werden – voraussichtlich Ende 2012 – in einem Buch veröffentlicht, das im KVC Verlag Essen erscheint.


Dr. Rainer Scheer

Internet


Ein längerer Bericht ist auf folgenden Internetseiten veröffentlicht:

www.mistelsymposium.de; www.carstens-stiftung.de; www.phytotherapy.org



DAZ 2012, Nr. 2, S. 72

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