Bayerischer Apothekertag

Kann man etwas tun, um einer Demenz vorzubeugen?

Angehörige und Betroffene achtsam begleiten

Da die Ursachen einer Demenz nicht bekannt sind, ist auch eine Primärprävention nicht möglich. Aber wir wissen um Risiko- und Schutzfaktoren und können daher die Demenzschwelle in die eine oder andere Richtung verschieben. Dr. Jens Schneider, Apotheker und 1. Vorsitzender der Alzheimer Gesellschaft Augsburg zeigte, wie Apotheker für Betroffene und Angehörige einen wesentlichen Beitrag dazu leisten können, mit den Problemen der Pflege und Betreuung im häuslichen Umfeld fertigzuwerden.
Dr. Jens Schneider Foto: DAZ/ck

Gute Schulbildung, geistige Aktivität bis ins hohe Alter hinein und soziale Kontakte können vor einer Demenzerkrankung schützen, das ergab eine Untersuchung mit Nonnen. Dabei wurde überraschenderweise deutlich, dass solche Schutzfaktoren nicht vor den Alzheimer-typischen Veränderungen wie Amyloidplaques schützen, sondern deutlich die kognitiven Reserven stärken. Empfohlen werden regelmäßige körperliche Bewegung und eine gesunde, ausgewogene Ernährung (mediterrane Kost), vermieden werden sollten Übergewicht, Rauchen, übermäßig Alkohol sowie hoher Cholesterinspiegel und hoher Blutdruck.

Im Rahmen einer Sekundärprävention muss auf das Thema frühe Diagnose und früher Therapiebeginn fokussiert werden, betonte Schneider. Gerade in der Früherkennung hat die Apotheke eine wichtige Funktion zu erfüllen, denn sie kennt den Kunden und seine Angehörigen in Alltagsituationen. Mögliche erste Anzeichen fallen hier eher auf als in der Situation beim Arzt, wo kognitive Defizite oft gekonnt überspielt werden. Betritt die sonst gepflegte Kundin plötzlich ungekämmt die Apotheke oder hat unter dem Mantel noch das Nachthemd an? Oder ruft ein sonst geduldiger Kunde alle halbe Stunde an und fragt nach, ob seine Medikamente schon da sind? Auch das können Hinweise auf Störungen des Kurzzeitgedächtnisses und der Merkfähigkeit sein! Sensibilisieren und motivieren Sie die Angehörigen, eine Diagnose einzufordern! "Da kann man ja eh nichts machen!" ist eine falsche Aussage, betonte Schneider. Eine Heilung ist zwar nicht möglich. Aber durchaus realistische Therapieziele sind die Verzögerung des Krankheitsverlaufs sowie der Erhalt der Selbstständigkeit, um möglichst lange in der gewohnten Umgebung bei guter Lebensqualität zu bleiben. Ein rechtzeitiges Erkennen hilft allen Beteiligten, der Erkrankte kann gemeinsam mit seinen Angehörigen noch bewusst über Therapiemaßnahmen oder den weiteren Lebensweg entscheiden.

Als medikamentöse Therapieoptionen nannte Schneider die Antidementiva zur Behandlung der kognitiven Symptome und Verlangsamung des Krankheitsverlaufs, die häufig auch die psychiatrische Begleitsymptomatik verbessern. Denn auch die muss behandelt werden, zum Beispiel durch Antidepressiva im Anfangsstadium einer Demenz. Nicht unterschätzt werden dürfen auch Grund- und Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck und Diabetes, die konsequent weiter therapiert werden müssen. Ansonsten können sie dazu beitragen, dass der Demenzverlauf dramatisch beschleunigt wird! Aber auch nicht-medikamentöse Therapien können die gleichen positiven Effekte wie Arzneimittel haben, betonte Schneider. Eine Verhaltens- und Ergotherapie können die Alltagsfähigkeiten stärken. Mit einfachen Mitteln kann bei Orientierungsstörung geholfen werden: helles Licht in Küche und Bad. Und wird die Toilette auffällig gekennzeichnet, so hilft das, sich schnell zurechtzufinden. Alles mit dem Ziel, dem Betroffenen so lang als irgend möglich ein selbstbestimmtes Leben in seiner gewohnten Umgebung zu ermöglichen.

Aber auch die Angehörigen sind gefährdet und müssen achtsam mit ihren Ressourcen sein, denn die alltägliche Belastung durch die Pflege eines Demenzkranken ist enorm. Weisen Sie pflegende Familienangehörige auf Möglichkeiten hin, die Belastung auf mehrere Schultern zu verteilen: es können finanzielle Unterstützungen in Anspruch genommen werden oder Entlastungsangebote wie eine Tagespflege oder Kurzzeit- und Verhinderungspflege dazu genutzt werden, selbst einmal Luft zu holen. Auch der Kontakt zu einer Angehörigengruppe kann helfen, denn oft sind die Familienmitglieder isoliert. Eine Entlastung der Angehörigen ist das oberste Gebot!


ck

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