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AMG-Novelle: Ringen um weitere Regelungen
Sieben neue Änderungsanträge liegen seit letzter Woche in Form von Formulierungshilfen vor. Einer von ihnen sieht eine Ergänzung in der den Rahmenvertrag regelnden Norm § 129 Abs. 2 SGB V vor. Der Deutsche Apothekerverband und der GKV-Spitzenverband sollen zukünftig im Rahmenvertrag vereinbaren können, in welchen Fällen verordnete Arzneimittel, bei denen der Arzt die Substitution nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat, nicht ausgetauscht werden dürfen. In der Begründung des Änderungsantrages heißt es recht knapp: "Diese Möglichkeit kommt insbesondere für bestimmte Anwendungsgebiete oder Arzneimittel in Betracht, bei denen es zur Gewährleistung der medizinischen Versorgung sachgerecht ist, dass Patienten regelhaft nur das vom Arzt verordnete Präparat erhalten."
Erst letzte Woche hat der Petitionsausschuss des Bundestages beschlossen, eine Petition der Schmerzliga an das Bundesgesundheitsministerium weiterzureichen. Diese fordert, die Austauschpflicht für starke BtM-Schmerzmittel aufzuheben. Mit der beabsichtigten Gesetzesänderung kann diesem Anliegen nun nachgekommen werden. Ausnahmen könnten zudem für besondere Indikationen geregelt werden. So war die Substitutionspflicht infolge bestehender Rabattverträge beispielsweise bei Arzneimitteln gegen Epilepsie, Depression oder Asthma immer wieder kritisiert worden.
Aus für Portfolio-Verträge
Nach einem weiteren Änderungsantrag sollen Rabattverträge zwischen Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmen, die ohne Beachtung des Vergaberechts geschlossen wurden, schon bald unwirksam werden. Dass Rabattverträge über das gesamte generische Sortiment eines Herstellers nicht zulässig sind, ist schon lange bekannt. Das Bundesversicherungsamt (BVA) als Aufsicht der bundesunmittelbaren Kassen hatte bereits 2009 deutlich gemacht, dass ab einem bestimmten – regelmäßig überschrittenen – Schwellenwert Ausschreibungen notwendig sind. Verträge, die ohne vorherige öffentliche Ausschreibung abgeschlossen wurden, seien daher aufzuheben. Doch trotz wiederholter deutlicher Aufforderungen des BVA liefen bei vielen Kassen die für sie recht bequemen Sortimentsverträge weiter. Auch in Apotheken sorgten diese Verträge für weniger Aufwand.
Vor allem die Barmer GEK wartete lange, bis sie Rabattverträge öffentlich ausschrieb. Erst Ende letzten Jahres erfolgte die erste Ausschreibung der größten deutschen Krankenkasse. Aber auch einige Innungs- und Betriebskrankenkassen sowie Landwirtschaftliche Krankenkassen pflegen ihre Portfolioverträge noch. Die einzelnen AOKen, die allerdings nicht der Aufsicht des BVA unterstehen, haben ebenfalls Sortimentsverträge. Erst kürzlich hatte die Bundesregierung in ihrer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Grünen zu Rabattverträgen erklärt, dass es sich bei den noch bestehenden Portfolioverträgen um "Altfälle" handele, "um deren Beendigung die Krankenkassen bemüht" seien.
Offensichtlich ist gutes Zureden jedoch nicht ausreichend, um die ungeliebten Verträge abzuschaffen. Die Unionsfraktion sah sich daher schon vor einigen Monaten veranlasst, tätig zu werden. Nun kam man mit dem Koalitionspartner überein, eine gesetzliche Regelung zu schaffen. Geplant ist, dem für die Rabattverträge einschlägigen § 130a Absatz 8 SGB V einen Satz anzufügen. Danach werden Rabattverträge, die nicht nach Maßgabe der vergaberechtlichen Vorschriften abgeschlossen wurden, sechs Monate nach Verkündung der Gesetzesänderung unwirksam. 2013 sollen dann nur noch Verträge gelten, die nach vergaberechtlichen Grundsätzen ausgeschrieben wurden.
Frühe Nutzenbewertung: Kulanz wird Gesetz
Die Unionsfraktion hatte überdies eine Reihe von Nachbesserungen für die mit dem AMNOG eingeführte frühe Nutzenbewertung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen angedacht. Hier stößt sie bei den Liberalen aber offenbar weitgehend auf Widerstand. Von vertraulichen Erstattungsbeträgen kann vorerst keine Rede sein. Dafür verständigte man sich darauf, Zusagen des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) an die pharmazeutischen Unternehmen in Gesetzesform zu gießen. So soll der einschlägige § 35a SGB V einen neuen Absatz erhalten. Danach kann der pharmazeutische Unternehmer nach einem bis zum 31. Dezember 2012 veröffentlichten G-BA-Beschluss zur frühen Nutzenbewertung eine erneute Nutzenbewertung beantragen, wenn der Zusatznutzen als nicht belegt gilt, weil die erforderlichen Nachweise nicht vollständig vorgelegt wurden. Dies gilt auch, wenn keine neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse vorliegen. Von Bedeutung ist dies vor allem für Hersteller, die von der vom G-BA genannten zweckmäßigen Vergleichstherapie abgewichen sind. Mit der nur übergangsweise geltenden Regelung soll der Tatsache Rechnung getragen werden, dass die frühe Nutzenbewertung "für alle Beteiligten ein neues Verfahren mit engen Fristen ist, das sich noch einspielen muss", heißt es zur Begründung. Zudem sorge sie für mehr Rechtssicherheit, indem sie eine entsprechende Kulanzregelung des G-BA durch einen Rechtsanspruch des pharmazeutischen Unternehmers ersetze.
Weiterhin soll gesetzlich klargestellt werden, dass der G-BA bei Beratungen des pharmazeutischen Unternehmers, die sich mit der Planung des Studienprogramms befassen, die zuständige Bundesoberbehörde – das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder das Paul-Ehrlich-Institut – beteiligen soll. Bislang handelt es sich hier nur um eine "Kann"-Vorschrift.
Man darf gespannt sein, auf welche Änderungen sich FDP- und CDU/CSU-Fraktion bis zur öffentlichen Anhörung im Gesundheitsausschuss am 11. Juni noch einigen können. Ende Juni sollen die abschließenden Beratungen im Ausschuss und die zweite/dritte Lesung im Bundestag stattfinden. Inkrafttreten werden die Änderungen voraussichtlich erst zum 1. Oktober.
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