Praxis aktuell

Expertenrat zur ApBetrO

Sie fragen – Experten antworten

Die neue Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) tritt in Kürze in Kraft. Sie bringt zahlreiche neue Bestimmungen und Verordnungen mit, die in die Praxis umgesetzt werden müssen. Unser DAZ-Leserservice bietet Hilfestellung an, um die Umsetzung zu erleichtern. Fünf Experten stehen zur Verfügung, die Ihre Fragen zur Apothekenbetriebsordnung beantworten. Hier zwei der eingegangenen Fragen und Antworten, die von allgemeinem Interesse sind. Weitere Fragen und Expertenantworten veröffentlichen wir in der nächsten DAZ.

Teilung von Tabletten

Wir haben den Auftrag des Altenheims und seiner Bewohner zur Versorgung der Arznei in Blistertüten. Der Arzt verordnet 1/2 Tablette T. 10 mg anstatt der T. 5 mg. Muss das Heim die Medikamente jetzt selber stellen?


§ 34 ApBetrO in seiner durch den Bundesrat modifizierten zukünftigen Fassung untersagt die Teilung einer Tablette nicht vollständig (anders als § 21 Abs. 2 Nr. 1b Buchst. b AMG, der bei einer gewerblichen Herstellung "für" Apotheken verlangt, dass die Blister aus "unveränderten" Arzneimitteln hergestellt werden), sieht aber vor, dass das nachträgliche Verändern von Fertigarzneimitteln grundsätzlich verhindert werden sollte. Nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 ApBetrO n.F. ist zudem im Qualitätsmanagementsystem eine Festlegung zu treffen "zur Entscheidung, in welchen Ausnahmefällen einer schriftlichen ärztlichen Anforderung über eine vor dem Stellen oder Verblistern vorzunehmende Teilung von Tabletten, soweit ansonsten die Versorgung nicht gesichert werden kann und bei nachgewiesener Validierung der Stabilität ihrer Qualität über den Haltbarkeitszeitraum des Blisters oder des wiederverwendbaren Behältnisses gegebenenfalls gefolgt werden kann, ."

Eine Teilung kommt demnach nur in Betracht, wenn ansonsten die Versorgung nicht gesichert werden kann. Tabletten, die – wie in dem geschilderten Fall – in der gewünschten Dosierung bereits als Fertigarzneimittel verfügbar sind, dürfen demnach nicht geteilt werden.

Von einer Teilung ist folglich abzuraten, und das Heim müsste in der Tat selbst die Teilung vornehmen. Indes ist in einer solchen Situation dringend Kontakt mit dem Arzt aufzunehmen, um ihn auf die bestehenden pharmazeutischen Bedenken einer Teilung hinzuweisen. Eine Kontaktaufnahme ist schon deshalb notwendig, weil die Apotheke die ärztliche Verordnung (das patientenindividuelle Zusammenstellen der verschiedenen Arzneimittel = Herstellung eines Rezepturarzneimittels) nicht ausführen kann und die Verordnung daher vom Arzt angepasst werden muss; denn wenn der Apotheke die Teilung nicht möglich ist, muss sie das Arzneimittel, dessen Teilung angeordnet ist, (ungeteilt) als Fertigarzneimittel auf Basis einer entsprechenden Verschreibung abgeben (und abrechnen).


Dr. Valentin Saalfrank
Rechtsanwalt



Botendienst

Unsere Stammkunden erhalten durch unseren Botendienst Arzneimittel, die sie als Dauermedikamente teilweise schon seit Jahren verwenden. Darf, wenn keine akute Änderung (Dosierung/Rabattvertragsveränderungen etc.) vorliegt, der Botendienst auch von nicht-pharmazeutischem Personal (Student) ausgeführt werden? Wie sieht es mit Lieferaufträgen des Arztes im Auftrage eines Patienten per Telefon/Fax/E-Rezept aus? Ist dann die Beratung durch pharmazeutisches Personal unverzichtbar?


Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass nach Intervention des Bundesrates § 17 Abs. 2 seine ursprüngliche Fassung behalten hat, nach der eine Zustellung durch Boten der Apotheke nur "im Einzelfall" ohne Versandhandelserlaubnis nach § 11a ApoG zulässig ist. Dadurch wird zum Ausdruck gebracht, dass die Abgabe nach § 17 Abs. 1a ApBetrO n.F., d. h. in den Apothekenbetriebsräumen und durch pharmazeutisches Personal die Regel und alles andere die Ausnahme bildet. Ob regelmäßiger Botendienst bei Kunden mit Dauermedikation noch einen solchen Einzelfall darstellt, ist fraglich.

Gemäß § 17 Abs. 2 Satz 4 ApBetrO n.F. muss die Beratung durch das pharmazeutische Personal der Apotheke in unmittelbarem Zusammenhang mit der Auslieferung erfolgen, sofern sie nicht bereits zuvor stattgefunden hat. In dem Fall, dass bei einer Dauermedikation im Einzelfall die Zustellung des Arzneimittels durch Boten erfolgt, wird eine Beratung in der Regel schon vor der Auslieferung stattgefunden haben. Allerdings ist niemals auszuschließen, dass der Kunde auch nach längerer Zeit der Anwendung des Arzneimittels Beratungsbedarf hat (so z. B. dann, wenn weitere – verschriebene oder im Wege der Selbstmedikation angewendete – Medikamente hinzukommen, vgl. auch § 20 Abs. 2 ApBetrO n.F.).

Die bei der Auslieferung erforderliche Beratung durch pharmazeutisches Personal der Apotheke müsste auch fernmündlich möglich sein. § 17 Abs. 2 Satz 4 ApBetrO verlangt eine Beratung "in unmittelbarem Zusammenhang" mit der Auslieferung. Damit dürfte ein unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang gemeint sein. Es ist kein Grund ersichtlich, warum Versandapotheken die pharmazeutische Beratung fernmündlich (vgl. § 17 Abs. 2a Nr. 7), öffentliche Apotheken hingegen persönlich erteilen müssen. Zwar hat das BVerwG in seinem Visavia-Urteil vom 24.06.2010, Az.: 3 C 31.09 (A&R 2010, 224 ff.) darauf hingewiesen, dass die Kontaktaufnahme mit einem Apotheker über Bildtelefon via Internet keinen gleichwertigen Ersatz für eine persönliche Beratung biete und dies erst recht gelte in den Fällen, in denen die Anwendungsweise des Arzneimittels demonstriert werden müsse oder es für den Apotheker von Bedeutung sei, den körperlichen oder seelischen Zustand des Kunden richtig zu erfassen (Rdnr. 21). Indes betrafen diese Ausführungen den Fall, dass der Kunde die Apotheke aufsucht, um persönlichen Kontakt mit einem Apotheker herzustellen, also den nunmehr in § 17 Abs. 1a ApBetrO genannten Regelfall, dass das Arzneimittel in den Apothekenbetriebsräumen in den Verkehr gebracht und durch pharmazeutisches Personal ausgehändigt wird. Hier geht es dagegen um den Ausnahmefall, dass der Kunde auf diesen persönlichen Kontakt im Einzelfall gerade verzichtet hat.

Ferner ist zu berücksichtigen, dass nach § 20 Abs. 1 S. 2 ApBetrO die Verpflichtung zur Information und Beratung über Arzneimittel durch Apotheker der Apotheke ausgeübt werden muss. Diese Information und Beratung kann – mit Ausnahme des Medikationsmanagements, durch das die gesamte Medikation einschließlich der Selbstmedikation wiederholt zu analysieren ist und welches Apothekern der Apotheke vorbehalten ist, vgl. § 3 Abs. 4, § 1a Abs. 3 Nr. 6 ApBetrO n.F. – durch andere Angehörige des pharmazeutischen Personals der Apotheke übernommen werden, wenn der Apothekenleiter dies zuvor schriftlich festgelegt hat. Dabei hat er auch zu definieren, in welchen Fällen ein Apotheker der Apotheke grundsätzlich hinzuzuziehen ist. Da nie ausgeschlossen werden kann, dass bei der nach § 17 Abs. 2 Satz 4 ApBetrO n.F. gebotenen Beratung nach der schriftlichen Festlegung ein Apotheker zur pharmazeutischen Beratung hinzuzuziehen wäre (weil sich z. B. bei der Auslieferung ergibt, dass der Patient weitere Medikamente einnimmt, die mit dem ausgelieferten Arzneimittel möglicherweise in eine seine Gesundheit gefährdende Wechselwirkung treten), dürfte danach der Botendienst nur durch Apotheker der Apotheke durchgeführt werden. Angesichts der damit verbundenen massiven wirtschaftlichen Auswirkungen und der erheblichen Diskrepanz zu den Anforderungen bei einer Zustellung im Versandweg, kann dies so vom Verordnungsgeber nicht gemeint gewesen sein. Es muss daher genügen, wenn organisatorisch gewährleistet ist, dass ein Apotheker – ohne Kosten für den Kunden – fernmündlich hinzugezogen werden kann, wenn es nach den schriftlichen Festlegungen des Apothekenleiters notwendig erscheint. Dies ist ein weiteres Argument dafür, dass es für § 17 Abs. 2 Satz 4 ApBetrO n.F. ausreicht, wenn die Beratung fernmündlich erfolgt.

Damit eine solche Beratung ohne zusätzliche Kosten für den Kunden möglich ist, sollte der Bote ein Mobiltelefon mit sich führen, über das das pharmazeutische Personal der Apotheke erreicht werden kann.

Lieferaufträge des Arztes "im Auftrag" des Patienten sind schon vor dem Hintergrund des § 11 Abs. 1 ApoG äußerst problematisch; denn sie erwecken schnell den Anschein, dass mit dem Arzt eine Absprache getroffen ist, die die Zuführung von Patienten bzw. die Zuweisung von Verschreibungen zum Gegenstand hat. Die Rechtsprechung ist da sehr streng, insbesondere dann, wenn die bestellten Arzneimittel nicht an den Patienten, sondern an den Arzt ausgeliefert werden (vgl. z. B. LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 11.04.2008, Az.: L 1 KR 78/07). Wegen Verstoßes gegen Abgabebestimmungen hat der Apotheker keinen Anspruch gegen die Gesetzliche Krankenkasse auf Vergütung der von ihm unmittelbar an den verordnenden Arzt gelieferten Arzneimittel. Im Übrigen gilt das Vorstehende entsprechend.


Dr. Valentin Saalfrank
Rechtsanwalt



Fragen zur ApBetrO an die Experten


Wenn Sie auch eine Frage zur neuen Apothekenbetriebsordnung an unser Expertenteam haben, schreiben Sie uns:

Fax: (07 11) 25 82-2 91,

E-Mail: fragen@deutscher-apotheker-verlag.de



DAZ 2012, Nr. 23, S. 93

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