Fortbildung

Kein Kalium in der Selbstmedikation!

Interaktionen in der Herz-Kreislauf-Therapie erkennen

Im Apothekenalltag treten mehr als die Hälfte aller Interaktionsmeldungen bei Arzneistoffen auf, die bei Hypertonie, koronarer Herzkrankheit und Herzinsuffizienz eingesetzt werden. Doch gerade in der komplexen Therapie dieser Indikationsgebiete und der Vielfalt der Wirkstoffgruppen ist es wichtig, die Relevanz der Interaktionen zu erkennen, wie Dr. Nina Griese vom Zentrum für Arzneimittelinformation und Pharmazeutische Praxis zeigte.
Nina Griese Foto: DAZ/ck

Von hoher Relevanz und großer Häufigkeit nannte Griese Interaktionen, die den Kaliumhaushalt betreffen. So kann es zu pharmakodynamischen Interaktionen zwischen kaliumsparenden Diuretika und ACE-Hemmern/Angiotensin-II-Rezeptoragonisten kommen, bei denen die einzelnen den Kaliumspiegel beeinflussenden Mechanismen der beiden Arzneistoffgruppen additive Effekte haben können. Vor allem bei einer Niereninsuffizienz, erhöhtem Lebensalter oder bestehendem Diabetes kann es zu einer Hyperkaliämie kommen. Durch die Verminderung der Resorption von Natrium im Tubulussystem eines Nephrons wird die Ausscheidung von Natrium und Chlorid verstärkt, während die Ausscheidung von Kalium gesenkt wird.

Akute Hyperkaliämie ist gefährlich!

Von einer Hyperkaliämie spricht man bei Serum-Kaliumwerten über 5,0 mmol/l, von einer Hypokaliämie bei Serum-Kaliumwerten unter 3,5 mmol/l. Symptome einer Hyperkaliämie sind Beschwerden im Herz-Kreislauf-System wie Arrhythmien, Blutdruckabfall bis hin zum Herzstillstand sowie neuromuskuläre Beschwerden (Muskelschwäche vor allem in den unteren Extremitäten). Zu Beginn einer Hyperkaliämie kann diese allerdings auch symptomlos verlaufen. Eine Hypokaliämie hat Auswirkungen auf das neuromuskuläre, kardiovaskuläre, gastrointestinale oder renale System, Symptome können Muskelschwäche und -krämpfe sein, ebenso Parästhesien, Herzrhythmusstörungen, Übelkeit sowie Nephropathien. Wie bei anderen Elektrolytstörungen sei dabei nicht nur das Ausmaß der Abweichung, sondern vor allem die Geschwindigkeit, mit der die Serum-Kaliumspiegel sich ändern von Bedeutung. Langsame Veränderungen verlaufen symptomärmer. Eine Hyperkaliämie kann sich schnell, innerhalb einiger Tage entwickeln. Erhöht sich der Kaliumspiegel langsam, chronisch, so können Serum-Kalium-Konzentrationen toleriert werden, die bei akutem Verlauf tödlich sein können. Werte über 6,5 mmol/l gelten als bedrohlich, Werte über 8 mmol/l als letal.

Große Aufmerksamkeit sei daher bei allen Wirkstoffen gefordert die die Aldosteronkonzentration senken, zumal eine additive kaliumretinierende Wirkung möglich ist. Da bei schwerer Herzinsuffizienz Kombinationen von kaliumsparenden Diuretika und ACE-Hemmer/Angiotensin-II-Rezeptoragonisten eingesetzt werden, ist hier größte Vorsicht geboten. So müssen zu Beginn einer Therapie mit ACE-Hemmern kaliumsparende Diuretika ausgesetzt werden, Spironolacton sollte möglichst nicht über 25 mg dosiert werden, es sollten die Kalium- und Kreatininspiegel regelmäßig kontrolliert werden. Ziel muss es sein, die Dosierung an die relevanten Patientendaten anzupassen.

Den Kaliumspiegel regelmäßig kontrollieren

Vor allem bei der Erstverordnung eines Wirkstoffes sollte daher immer nachgefragt werden, ob die verschiedenen Ärzte des Patienten voneinander wissen. Wann hat der Patient den nächsten Termin beim Arzt, an dem nachgefragt oder der Kaliumspiegel kontrolliert werden könnte? Auch sollte darauf hingewiesen werden, kaliumhaltige Lebensmittel zu meiden. Dazu gehören Sojamehl, getrocknete Aprikosen, weiße Bohnen, Weizenkeime oder Sonnenblumenkerne ebenso wie Kartoffelchips oder Bananen.

Griese bezeichnete Kalium als ein hochwirksames Arzneimittel und sprach sich gegen Kaliumpräparate in der Selbstmedikation aus. Es sei ein enges Monitoring erforderlich, da sich vor allem eine Hyperkaliämie sehr schnell, innerhalb von ein bis drei Tagen entwickeln kann. Gefährlich wird es, wenn zum Beispiel bei Entlassung aus dem Krankenhaus bei einem gut eingestellten Patienten die vorher notwendige Kaliummedikation vergessen wird zu streichen und der Patient das Präparat weiter einnimmt, obwohl es gar nicht mehr notwendig ist. Es sei unnötig, Kalium zu substituieren, solange nicht eine Hypokaliämie nachgewiesen wurde!


ck



DAZ 2012, Nr. 24, S. 50

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