Arzneimittel und Therapie

Orale Therapie der multiplen Sklerose

Immunmodulator Laquinimod verringert Schubrate

Die zweijährige Einnahme von Laquinimod führte bei Patienten mit einer schubförmigen multiplen Sklerose zu einer Verringerung der Schubhäufigkeit und einem verlangsamten Fortschreiten der Behinderung. Langzeitergebnisse fehlen noch, dem jetzigen Kenntnisstand zufolge ist die Therapie mit keinen schweren Nebenwirkungen behaftet.

Laquinimod ist ein oral einzunehmender Immunmodulator, der von seiner chemischen Struktur her den Chinolinen zugerechnet wird. Der Wirkstoff wurde in Schweden entwickelt und ist in Deutschland noch nicht zugelassen. Sein Wirkmechanismus ist nicht vollständig geklärt. Unter der Gabe von Laquinimod kommt es zu einer verringerten Infiltration inflammatorischer Zellen ins Zentralnervensystem. Ferner beugt Laquinimod einer Demyelinisierung der Nervenfasern und dem Untergang von Nervenzellen vor. Nachdem eine Phase-II-Studie die Überlegenheit von Laquinimod im Vergleich zu Placebo gezeigt hatte, wurde eine zweijährige Phase-III-Studie initiiert (ALLEGRO = assessment of oral Laquinimod in preventing progression in multiple sclerosis), um Sicherheit und Wirksamkeit von Laquinimod zu untersuchen. An der randomisierten, multizentrischen und doppelblinden Studie nahmen 1106 erwachsene Patienten mit schubförmiger multipler Sklerose aus 24 Ländern teil. Die Studienteilnehmer wurden zu gleichen Gruppen randomisiert und erhielten 24 Monate lang eine der folgenden Therapien:

  • einmal täglich eine Kapsel Laquinimod 0,6 mg oral
  • einmal täglich eine Placebo-Kapsel.

Der primäre Studienendpunkt war die jährliche Schubrate während der zweijährigen Therapie. Sekundäre Studienendpunkte ermittelten die Behinderungsprogression (gemessen mittels der expanded disability status scale; einer Skala, mit der man den Grad der Behinderung eines Patienten mit multipler Sklerose angeben kann) sowie die im MRT sichtbare Krankheitsaktivität.


Vergleich Laquinimod vs. Interferon


Die Bravo-Studie (Laquinimod double blind placebo controlled study in RRMS patients with a rater blinded reference arm of Interferon β-1a) mit 1332 Teilnehmern verglich Wirksamkeit und Verträglichkeit von Laquinimod mit Placebo. Zusätzlich gab es einen nur für den Auswerter verblindeten Vergleichsarm, in dem Interferon beta-1a (Avonex®) eingesetzt worden war. Der primäre Studienendpunkt war wiederum die Schubrate während der zweijährigen Studiendauer. In dieser Studie wurde mit Laquinimod keine signifikante Verringerung der Schubrate erzielt. Als möglicher Grund hierfür wird die unterschiedliche Ausgangslage der verschiedenen Gruppen genannt. Die Patienten im Laquinimod-Arm hatten deutlich mehr im MRT sichtbare Entzündungsherde und somit ein erhöhtes Schubrisiko. Eine rechnerische Angleichung ergab ähnliche Werte wie in der ALLEGRO-Studie.

Reduktion der Schubrate

Die Studie wurde von knapp 80% der Probanden beendet (79,5% der Laquinimod-Gruppe, 76,8% der Placebo-Gruppe). Die Auswertung der Daten führte zu folgenden Ergebnissen:

  • Die jährliche Schubrate wurde im Vergleich zur Placebo-Therapie um 23% verringert. Sie betrug unter Laquinimod 0,3 und unter Placebo 0,39 (p = 0,002).

  • Die Zunahme der körperlichen Behinderungen war unter Laquinimod um 36% geringer als unter Placebo.

  • Die MRT-Aufnahmen zeigten bei 46% der Teilnehmer der Placebo-Gruppe und bei 40% der Probanden der Laquinimod-Gruppe aktive Entzündungsherde.

  • Unter der Therapie mit Laquinimod kam es zu einer transienten Erhöhung der Leberwerte. Des Weiteren traten häufiger Rückenschmerzen, Bauchschmerzen und Husten auf.

Fazit

Unter der Therapie mit Laquinimod wurde die jährliche Schubrate mäßig, aber signifikant verringert; diese Reduktion ging mit einer Suppression der Entzündungsaktivität einher. Die Therapie wurde gut vertragen, und die häufigsten Nebenwirkungen wurden als moderat eingestuft. Dem Sicherheitsaspekt wird eine besondere Bedeutung beigemessen, da ein Vorgänger von Laquinimod – Linomid (Roquinimex) – unter anderem schwere kardiotoxische Wirkungen zeigte und daher nicht weiterentwickelt wurde. Dem derzeitigen Kenntnisstand zufolge bestehen unter einer Therapie mit Laquinimod keine Sicherheitsbedenken, allerdings sind Langzeituntersuchungen erforderlich, um potenzielle Risiken genauer einschätzen zu können.


Quelle

Comi G., et al.: Placebo-controlled trial of oral Laquinimod for multiple sclerosis. N Engl J Med 366, 1000 – 1009 (2012).

www.clinicaltrials.gov NCT00509145 (Zugriff am 10. Mai 2012).

www.clinicaltrials.gov NCT00605215 (Zugriff am 10. Mai 2012)

www.dmsg.de


Apothekerin Dr. Petra Jungmayr



DAZ 2012, Nr. 24, S. 39

Das könnte Sie auch interessieren

Einsetzen der Erkrankung kann verzögert werden

Teriflunomid senkt Schubrate bei MS

Welcher Wirkstoff Schübe bei Patienten mit multipler Sklerose am effektivsten reduziert

MS-Arzneimittel im Vergleich

Basistherapie mit einer Tablette täglich

Teriflunomid – neue Option bei multipler Sklerose

Multiple Sklerose

Zulassung für Teriflunomid

Neues MS-Therapeutikum punktet mit besserer gastrointestinaler Verträglichkeit

Aus Dimethyl- wird Diroximelfumarat

0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.