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Fragen aus der Praxis
Rezeptpflichtige Externa keine Kassenleistung?
Zahlreiche Regelungen in der Arzneimittelrichtlinie (AM-RL) befassen sich mit topischen Arzneimitteln. So finden sich in der Anlage I apothekenpflichtige Externa, die in Ausnahmefällen für Erwachsene und Kinder über 12 Jahren zulasten der GKV verordnet werden können. Umgekehrt führt auch Anlage III einige Externa auf, die für bestimmte Anwendungsgebiete oder in bestimmten Kombinationen nicht verordnungsfähig sind. Die Aussage „Das bezahlt Ihre Krankenkasse nicht mehr“ des Arztes von Herrn Schmidt findet ihre Erklärung übrigens in der Anlage III, Nr. 30 (siehe unten) ihre Erklärung.
Regelungen der Anlage I
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die in der Tabelle aufgeführten Arzneistoffe zumeist nur bei schwerwiegenden, nicht heilbaren Hauterkrankungen für Erwachsene (und Kinder nach dem 12. Lebensjahr) verordnet werden können. In der Apotheke kann nicht entschieden werden, ob diese Externa zu Recht auf einem Kassenrezept stehen; daher können diese Arzneimittel abgegeben werden. Zwei Punkte sollen gesondert herausgegriffen werden, da sie immer wieder zu Nachfragen führen: Nr. 6 Antihistaminika und Nr. 7 Antimykotika (und Nr. 34 Nystatin).
Tab.: Topische Arzneimittel Regelungen der Arzneimittelrichtlinie, Anlage I (Auszug) |
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Antihistaminika sind erstattungsfähig
- nur in Notfallsets zur Behandlung bei Bienen-, Wespen- und Hornissengift-Allergien,
nur zur Behandlung schwerer, rezidivierender Urtikarien,
- nur bei schwerwiegendem, anhaltendem Pruritus,
nur zur Behandlung bei schwerwiegender allergischer Rhinitis, bei der eine topische nasale Behandlung mit Glucocorticoiden nicht ausreichend ist.
Diese Regelung steht in einem gewissen Widerspruch zu einer anderen Regelung in der Anlage III der Arzneimittelrichtlinie. Dort ist in Punkt Nr. 15 (Antihistaminika zur Anwendung auf der Haut) die Verordnung ausgeschlossen; nur für Kinder dürfen hier noch Externa verordnet werden. Vermutlich sind in Anlage I Nr. 6 orale Antihistaminika gemeint, da eine topische Behandlung ohnehin nur für Urtikaria infrage käme und sich eine schwerwiegende Urtikaria wohl kaum topisch, sondern nur oral bekämpfen lässt.
Antimykotika sind unter folgenden Bedingungen verordnungsfähig:
- nur zur Behandlung von Pilzinfektionen im Mund- und Rachenraum,
- speziell Nystatin nur zur Behandlung von Mykosen bei immunsupprimierten Patienten.
Bei der Behandlung von Dermatomykosen gibt es – nicht zuletzt aufgrund der Häufigkeit dieser Erkrankungen – immer wieder Unsicherheiten, was die Verordnungsfähigkeit für Erwachsene und Kinder über 12 Jahre betrifft. Klar ist, dass einfache Pilzinfektionen, also beispielsweise Fußpilz oder Scheidenpilz, mit apothekenpflichtigen Salben und Lösungen behandelt werden müssen, ebenso wie der Nagelpilz. Das betrifft z. B. auch die Verordnung von Clotrimazol in der verschreibungspflichtigen Form (s. DAZ 2011, Nr. 40, S. 114 – 116). Apothekenpflichtige Antimykotika können überdies zulasten der GKV verordnet werden, wenn es sich um einen Pilz im Mund- und Rachenraum handelt – hier ist nicht spezifiziert, welches Antimykotikum eingesetzt werden kann. In der Regel wird es sich aber um Nystatin oder Miconazol handeln. Auch Pilzinfektionen von immunsupprimierten Patienten können mit apothekenpflichtigen Nystatinpräparaten zulasten der GKV behandelt werden. Von "Immunsuppression" spricht man immer dann, wenn immunologische Prozesse unterdrückt werden, also z. B. nach einer Transplantation durch bestimmte Medikamente, aber auch nach Chemotherapie oder Bestrahlung, wenn die Funktion des Knochenmarks beeinträchtigt ist.
Ist eine Antimykotika-Therapie indiziert, die nicht von Nr. 7 und Nr. 34 der Anlage I abgedeckt ist, wird der Arzt in der Regel zunächst auf die apothekenpflichtigen Präparate verweisen. Die verschreibungspflichtigen Präparate (Ciclopirox, in Batrafen®) sollen aus Wirtschaftlichkeitsgründen (s. DAZ 2011, Nr. 40, S. 114 – 116) auf einem Privatrezept verordnet werden. Die entsprechenden Arzneistoffe wirken in der Regel auch nicht anders als die apothekenpflichtigen Substanzen; auch die Leitlinie "Tinea der freien Haut" nennt keine Unterschiede in der Wahl der Wirkstoffe.
Antwort kurz gefasst
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Regelungen der Anlage III
In der Anlage III der Arzneimittelrichtlinie sind meist verschreibungspflichtige Arzneimittel aufgeführt, die nicht uneingeschränkt verordnet werden dürfen. Zum Beispiel war das verschreibungspflichtige Voltaren Emulgel® jahrelang eines der beliebtesten externen Schmerzmittel, das in der Liste der am häufigsten verordneten Arzneimittel unter den ersten zehn Präparaten auftauchte. In der verschreibungspflichtigen Form ist es wie andere verschreibungspflichtige Diclofenac-haltige Externa mittlerweile nur noch bei oberflächlicher Venenentzündung (Thrombophlebitis superficialis) verordnungsfähig (s. DAZ 2011, Nr. 40, S. 114 – 116), alle anderen Anwendungsgebiete sind als unwirtschaftlich eingestuft. Die Verordnung ist überdies durch zwei Unterpunkte in der Anlage III ausgeschlossen:
Nr. 26 Externa bei traumatisch bedingten Schwellungen, Ödemen und stumpfen Traumata.
Hier bezieht sich der Verordnungsausschluss auf alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel (mit den Wirkstoffen Diclofenac, Ketoprofen, Indometacin u. a.) und auf Arzneimittel mit dem Wirkstoff Nifenazon (die aufgrund einer Negativbewertung der Aufbereitungskommission allerdings bereits seit einigen Jahren nicht mehr im Handel sind).
Nr. 40 Rheumamittel (Analgetika/Antiphlogistika/Antirheumatika) zur externen Anwendung.
Auch hier sind alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel ausgenommen, so auch Voltaren Emulgel®.
Auch verschreibungspflichtige topische Venenmittel (Anlage III Nr. 47) sind von der Verordnungsfähigkeit ausgenommen, außer, es handelt sich um Verödungsmittel. Explizit erwähnt ist in der Anlage III der Wirkstoff Natriumapolat. Arzneimittel mit diesem vollsynthetischen heparinartigen Wirkstoff dürfen nicht mehr verordnet werden, allerdings gibt es ohnehin keine entsprechenden Fertigarzneimittel mehr.
Im Bereich der Hämorrhoidenmittel hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert. Im Mai 2010 wurden alle Präparate mit Bufexamac aufgrund des allergenen Potenzials aus dem Handel genommen, außerdem wurden Hämorrhoidenmittel im April 2009 unter Punkt Nr. 30 in die Anlage III der Arzneimittelrichtlinie aufgenommen. Seitdem können verschreibungspflichtige Hämorrhoidenmittel, die in fixer Kombination mit anderen Wirkstoffen eingesetzt werden (z. B. Cortison), nicht mehr zulasten der GKV verordnet werden. Das betrifft z. B. Kombinationen von Cortison mit einem Lokalanästhetikum oder Bismut/Zinkoxid (z. B. Doloproct®, Jelliproct®, Bismolan H®). Reine Cortisonpräparate (z. B. Posterisan corte®) wiederum können nach wie vor verordnet werden; dies wäre für den eingangs genannten Patienten eine Ausweichmöglichkeit gewesen, zumal er ein lokal betäubendes Mittel bereits gekauft hatte. Bei leichteren Beschwerden wird der Arzt auf entsprechende apothekenpflichtige Arzneimittel verweisen.
Autorinnen
Insa Heyde, Daniela Böschen, Stanislava Dicheva, Anna Hinrichs, Heike Peters
Apothekerinnen und wissenschaftliche Mitarbeiterinnen in der Arbeitsgruppe „Arzneimittelanwendungsforschung“, Zentrum für Sozialpolitik, Universität Bremen
Quellen
DAZ 2012, Nr. 30, S. 40
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